Historiker: Heidemann sprach mit Altnazis und sicherte Nachlässe
Auch, wenn der Name von Gerd Heidemann immer eng mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern verbunden sein wird, hat er doch auch jenseits davon Wichtiges erreicht. "Es ist das große Verdienst von Gerd Heidemann, dass er es in den 1970er Jahren geschafft hat, führende Altnazis zum Sprechen zu bringen und viele ihrer Nachlässe zu sichern", sagte der Historiker und Geschichtsprofessor Thomas Weber, der an der schottischen Universität von Aberdeen lehrt und forscht.
Weber ist auch sogenannter Visiting Fellow an der Hoover Institution in Stanford und hat jahrelang dabei geholfen, dass Heidemanns Privatarchiv – eine große Sammlung über NS-Täter und ihre Motivation - von Hamburg nach Stanford umziehen konnte. Weber und Heidemann kannten sich seit 2016 und hatten zuletzt vor wenigen Tagen Kontakt.
Ego-Dokumente von Extremisten dank Heidemann
"Wir haben viel zu wenig Ego-Dokumente von Extremisten, in denen sie nicht wie vor Gericht ihre Taten kleinreden, und verstehen daher ihre Motivationen und Taten bis heute unzureichend. Die eigentliche Bedeutung Heidemanns liegt nicht im Hitler-Tagebuch-Skandal, sondern in der Sammlung von Täter-Ego-Dokumenten, die er in den 60er und 70er Jahren aufgebaut hat und die bisher kaum ausgewertet ist." Deshalb habe die Hoover Institution seine Sammlung erworben.
Heidemann habe sich immer sehr an die Vertraulichkeit vieler Dinge gehalten - zum Beispiel Geheimdiensten und anderen Stellen gegenüber, die Alt-Nazis aufspürten, sagte Historiker Weber weiter. "Hätte er sich nicht an die Vertraulichkeit gehalten, wäre seine Tätigkeit zum Beispiel in Südamerika, als er Klaus Barbie und andere Nazigrößen interviewte, schon lange in einem anderen und in einem positiveren Licht erschienen."