MDR Panoramaweg eröffnet Osterspaziergang mitten im Herbst

Thomas Heigl

Aufstiege und Abstiege, Geraden und Schleifen, grüne Waldwände und ziegelrote Hausdächer: In Floh-Seligenthal ist am Freitag der MDR-Panoramaweg eingeweiht worden, der durch die Schatzkammer der Natur führt. Der Maßkopf ist der Gipfel.

 
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Floh-Seligenthal - Die Hohe Straße glich einer Heeresstraße. Einem Lindwurm ähnelnd schob sich eine Wanderer-Streitmacht bergauf in Richtung Floher Antenne. Bürgermeister Ralf Holland-Nell reihte sich mit Radio-Moderatorin Amelie Urbanczyk und Wanderexpertin und Autorin Heike Neuhaus vom Mitteldeutschen Rundfunk mitten im Feld ein und überließ die Wanderführung Rolf Danz. „Ich werde versuchen, dranzubleiben“, sagte das Gemeindeoberhaupt mit Blick auf den 83 Jahre alten Frontläufer, der von den Rundfunk-Damen vor dem Start am Rathaus auf die Bühne gebeten worden war, schmunzelnd. Der 74-jährige Gerhard Zimmer vom Schmalkalder Rhönklub war dort ebenso zu Gast, wie die beiden Tourismusfrauen Kerstin Kühn und Andrea Jung mit Töchterchen Leonie, die sich um die Wandertage damals und heute kümmerten.

Denn dass 2021 Menschenmassen auf den Beinen waren, hängt mit der Massenbewegung 1995 zusammen, als der MDR-Osterspaziergang auf dieser Route ausgetragen wurde. Die insgesamt 20 von und mit dem Sender ausgerichteten Spaziergänge füllen nun ein Buch. Die Floh-Seligenthaler Strecke trägt seit der Aktion vom Freitag, 26 Jahre nach der Erstbegehung, den Namen MDR-Panoramaweg und ist auch so ausgeschildert. Der Weg sei keine neue Trasse, sondern führe über bekannte Pfade wie den Lutherweg. „Und über die Hohe Straße, die vom Possenröder Kreuz zum Henneberger Haus führt“, erklärte Danz.

Der Grandseigneur des Sports und der Wanderbewegung im Ort war nicht nur ortskundiger Wegbegleiter, sondern auch ein in der Entwicklung der heimischen Industrie bewanderter Wirtschaftsführer. 210 Menschen hatten sich nach der Einstimmung an der Stadtverwaltung aufgemacht – unterwegs wurden 181 Wanderer gezählt. Der Seligenthaler Martin Kolbe hatte sich an einer Engstelle postiert und einfach mal durchgezählt. Dass erschöpfte Tourengeher auf der Strecke blieben, war praktisch ausgeschlossen. „Es gibt einen Besenwagen“, sagte Danz, der vorneweg stürmte.

Doch einer war an diesem Tag stürmischer als der agile Veteran: Der Wind hatte mächtig aufgefrischt und blies den Ausflüglern auf dem ersten Teilstück heftig ins Gesicht. Dass die Rampe trotz der Steilheit und dem Luftzug recht gut zu meistern war, liegt am Untergrund. Mit Blick auf die anstehenden Sammlerbauarbeiten ist der Weg in Dorfnähe teilweise asphaltiert wie auch andere Abschnitte. Auf der Anhöhe bewies der Weg auch, dass er zu Recht Panoramaweg heißt: Die Sicht auf Floh und Schnellbach, aber noch mehr zur Stadt Schmalkalden, der Queste und weiter Richtung Werratal und Rhön ist prima. So ist es auch in alten Wanderführern aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschrieben, als hier noch kein Fernsehmast stand.

Der weitere Streckenverlauf in Richtung Schnellbach mit seiner Kirche ist dann pures Genusswandern. Ein knieschonendes Geläuf, nach Feldwegen auch von einem Blätterdach abgeschirmte Pfade mit einem weichen Untergrund. Erst nach der Landesstraßenquerung wird das Terrain wieder schwieriger: Ein Steigerungslauf in Richtung Rennsteig, aber kein wirklicher Hochprozenter, die Steigung betreffend. Gleichwohl führt dieser Sektor durch die vielleicht schönsten Winkel.

Ein Gehege mit Wildtieren, umzäunte Weiden und Kuhherden und Pferche mit Schafen. Dass das Gelände links des Weges tief abfällt und sich im Blätterwald der „Indian Summer“ abzeichnet, verstärkt das romantische Bild. Vom Parkplatz am Buchborn geht es dann sanft bergab. Dass die Wandererschar dann richtig ins Laufen kam, hing auch mit der Verpflegungsstelle zusammen. An der Schutzhütte am Maßkopf gab es dann die große Rast: Würstchen und Suppe, Bier und Limo, Kaffee und Kuchen. Ein Hochgenuss ist dort aber das Bergpanorama: Fernsicht bis in die Rhön – wenn auch nicht an diesem Tag. Zwar hatten sich auf dem Bergvorsprung keine Wolkenstockwerke aufgebaut, aber es war dunstig geworden.

Der Scharfrichter der Strecke war der finale Abstieg: Jedenfalls, wenn man den Steig nimmt, der Muskeln aktiviert, von denen viele gar nicht wissen, dass es sie gibt. Der größte Teil der Gruppe wählte aber den Serpentinenweg. Gut neun Kilometer Strecke, rund 340 Höhenmeter: Viele der Wanderer, etliche um die 70 Jahre, wollen wiederkommen. „Und noch einen Schlenker zur Ebertswiese machen“, verriet ein Gast. Die Perle in der Floh-Seligenthaler Schatzkammer, sozusagen das Kronjuwel der Strecke.

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