Malring Bad Salzungen Eine ganz besondere Ausstellung

Sind mitnichten mit leeren Händen aus dem Home-Atelier zurück: Monika Sachs, Regina Kaiser, Monika Kitschke, Birgit Schwertling, Bernd-Günther Hoffmeyer, Manuela Koszycki, Andrea Rexhäuser, Tanja Lämmerhirt (von links), Cornelia Böhme und Bettina Wolf-Andreas (nicht im Bild). Foto: Heiko Matz

Alles zu, niemand da? Der Malring Bad Salzungen hat sich im Lockdown neue Perspektiven eröffnet – die Ergebnisse des Experiments sind den Sommer über in einer bemerkenswerten Ausstellung zu sehen.

 
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Sie erzählen inzwischen fröhlich von der Zeit, als es anfing, vor mehr als zwei Jahren – auch wenn die Erinnerung noch sehr präsent ist und die Sorge mitschwingt, was im Herbst sein wird. „Wir waren todunglücklich“, sagt Andrea Rexhäuser – „weil wir uns nicht mehr treffen konnten.“ Und weil da die Angst war, der Verein könnte, je länger die Pandemie andauerte, im endlos grauen Lockdown-Nebel sich auflösen, einfach verschwinden. „Wir hatten Angst, die Lust zu verlieren.“ Was tun? Das, was sie am besten können – bloß anders.

Jetzt sind sie alle wieder da, im geordneten Durcheinander ihres gemeinsamen Arbeitszimmers, wo seit Jahren gemalt, gezeichnet, gerahmt, fantasiert, geredet und über Kunst diskutiert wird – der Malring ist in seinem Atelier in der Asklepios-Klink wieder heimisch geworden. Und bereitet eine Ausstellung vor, das Ergebnis eines Experiments. „Corona – Wir bleiben und malen zu Hause“ heißt die bemerkenswerte Sammlung, die in den nächsten Wochen, über zwei Etagen des Landratsamts verteilt, zu sehen ist.

Der Titel stimmt. Aber nicht ganz. Alle haben zu Hause gemalt. Aber sie haben das gemalt, was Andrea Rexhäuser und Monika Kitschke gesehen haben, wenn sie nicht zu Hause geblieben sind. „Das Zauberwort Zeit“, sagt Monika Kitschke – „auf einmal hatten wir Zeit.“ Die haben die beiden genutzt und sind – ohnehin gerne in der Natur unterwegs – bei jedem Wetter wandern gegangen. Immer in der Umgebung, rund um Bad Salzungen, sind sie alte und neue Wege abgelaufen, durch den Wald spaziert, haben Fotos gemacht. Und sehr bald war die Idee da, wie sich das Vereinsleben aktiv halten lassen könnte.

Jede Woche haben Andrea Rexhäuser und Monika Kitschke ein Motiv ausgesucht, als digitales Foto an alle im Malring geschickt und damit jeweils eröffnet, was Monika Sachs den „Workshop der Woche“ nennt. Jede und jeder hatte die Aufgabe, das Motiv im eigenen Stil, in der eigenen Technik, in der eigenen Interpretation abzubilden – naturgetreu oder verfremdet, in Pastell, Acryl oder Öl, als Aquarell oder Fotobearbeitung. „Es hat zögerlich angefangen“, erzählt Andrea Rexhäuser – „aber dann ging’s los.“

Und wie. In diesem Frühjahr, sagt Regina Kaiser, als schon weit mehr als 200 Bilder fertig waren, „haben wir gesehen, was da zusammenkommt“. Trotz der manchmal schwierigen Aufgaben – je länger das Experiment dauerte, „umso schwieriger wurden die Aufgaben“, sagt Andrea Rexhäuser. Ein Strommast zum Beispiel, an dem die Malring-Vorsitzende dann nach ihrem Empfinden selbst „gnadenlos gescheitert“ ist. „Ich auch“, „ich auch“ – die Kargheit des Motivs hat wohl einige in diesem Fall aufgeben lassen.

Andere Motive gibt es jetzt in vielen Varianten, oft mit Witz und Hintersinn ergänzt – ein schnittiges Segelboot auf dem kleinen Michelsteich bei Witzelroda oder den Frankenstein als Gruselgemäuer. Und es gibt manches Haus, manchen Baum und manchen Blick in die Werraaue zu sehen – und man ist ganz, ganz sicher, wo. Oder? Vielleicht doch nicht. Manches Bild scheint fast mystisch in der speziellen Darstellung; in manchem meint man die Stimmung sehen zu können, in der es gemalt wurde; es gibt Fotos, die fast wie Gemälde aus fremden Gegenden wirken. Aber alles, jedes Motiv, sagt Andrea Rexhäuser, lasse sich in der nächsten Umgebung finden. Und Monika Sachs zitiert Goethe: „warum in die Ferne schweifen?“ Allerdings, sagt Bernd-Günther Hoffmeyer, habe das ein oder andere Bild schon historischen Wert – weil das abgebildete Objekt inzwischen so verändert sei, dass man das Original vergeblich suche, „es ist so nicht mehr da“.

Benannt sind die Werke allesamt nicht – und sie werden in der Ausstellung auch nicht thematisch sortiert gehängt werden. „Alles kreuz und quer“, sagt Andrea Rexhäuser, das Publikum darf in Bewegung bleiben, raten, spekulieren, wiedererkennen. Und soll keine Vergleiche anstellen – das, befindet Monika Sachs, „wäre auch langweilig“.

Langweilig wird es ganz sicher nicht – etwa 100 Bilder hat der Malring ausgewählt, „gnadenlos und in hitzigen Diskussionen“, sagt Andrea Rexhäuser, die Vorsitzende. Die Vereinsmitglieder seien „noch nie so produktiv“ gewesen, alle hätten ihre Techniken verfeinert – und „wir hatten alle Spaß“. Die Zeit des Lockdowns wünscht sich niemand zurück – dennoch, sagt Andrea Rexhäuser, „uns hat Corona nicht geschadet, eher genutzt“. Den Austausch und den Zusammenhalt, befindet Monika Sachs, habe die Zwangspause sehr gefördert. Sie hat die Idee schon „nach Frankfurt getragen“, in die Hobbykünstlergruppe, der sie vor ihrem Umzug nach Bad Salzungen angehörte.

Eins ihrer Bilder schmückt auch die Karte, mit der der Malring zur Ausstellung einlädt. Eröffnung ist am Freitag, 17. Juni, um 19 Uhr im Landratsamt in Bad Salzungen. Die Laudatio wird Jutta Baumert halten. Wer an dem Abend nicht zu Hause bleiben möchte, kommt auch in den Genuss eines kleinen Musikprogramms – und hat die Gelegenheit, sich mit den Ausstellerinnen und Ausstellern zu unterhalten. Die Mitglieder des Malrings freuen sich darauf. Wer sich die Bilder danach ansehen möchte, hat bis zum 19. August während der Öffnungszeiten des Landratsamts dazu Gelegenheit.

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