Maja Göpel Forscherin: So ruinieren wir die Erde

Erik Raidt

In Berlin hat die Digitalkonferenz Republica begonnen. Der Kanzler kommt – und mit ihm die Fragen, wie sich die großen aktuellen Krisen lösen lassen.

 
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Maja Göpel greift auf der Republica ein zentrales Thema auf: Die Klimakrise und die Auswirkungen eines ständigen Wirtschaftswachstums. Foto: imago/Mauersberger/ Future Image

Seit Anfang Juni greift die Steuersenkung an deutschen Tankstellen. Für die Transformationsforscherin Maja Göpel ist diese staatliche Subventionierung der Spritpreise ein vergiftetes Geschenk an die Bürger: Der Tankrabatt sei das Epizentrum eines veralteten Denkens, kritisiert Göpel die von der FDP betriebene Steuerentlastung. Maja Göpel eröffnet mit ihrem Auftritt am Mittwoch die Digitalkonferenz Republica in Berlin.

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Nach zwei Jahren pandemiebedingter Absagen als Präsenzveranstaltung treffen sich zum ersten Mal wieder Wissenschaftler, Politiker und an Tech-Themen interessierte Bürger vor Ort. Unter anderem haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Digitalminister Volker Wissing (FDP), die Virologin Melanie Brinkmann und die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer angesagt. Die Republica gilt als Trendbarometer: Bisher wenig beachtete Zukunftsthemen bekommen hier ebenso eine Bühne wie die großen Fragen der Zeit. Diesmal unter anderem der Ukrainekrieg und die Debatte über Hass im Netz.

Raubbau an den Lebensräumen

In diesem Jahr überstrahlt die Frage der Klimakrise jedoch alle anderen Themenbereiche bei der Republica. „Wir leben jetzt in einer Ära, die nicht mit den letzten zehntausend Jahren vergleichbar ist“, sagt Maja Göpel, um die Größe der aktuellen Herausforderung aus ihrer Sicht einzuordnen. Die Bestsellerautorin zeichnet nach, wie die Menschheit seit den 1950er-Jahren nach dem Prinzip des „immer mehr“ gelebt habe: Mehr Wirtschaftswachstum, eine bessere Gesundheitsversorgung, mehr Infrastruktur.

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Vor allem das Wirtschaftswachstum sei jedoch zulasten der Umwelt gegangenen. Die Forscherin analysiert, wie Menschen Raubbau an den Lebensräumen von Wildtieren betrieben, diese in die Lebensräume der Menschen ausweichen mussten und so das Coronavirus eine größere Chance hatte, vom Tier auf den Menschen überzuspringen.

Von der Natur entkoppelt

Wenn Maja Göpel beschreibt, an welchem Punkt die Gesellschaft angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel angelangt ist, nutzt sie in Berlin mehrfach das Bild von der Waschmaschine. Viele Menschen fühlten sich in einem geradezu chaotisch anmutenden Punkt – wer auf die Wäsche im Schleuderwachgang schaut, kann oben und unten nicht mehr unterscheiden. Übertragen auf die Debatte um den Klimawandel und dessen chaotisch anmutenden Folgen sagt Maja Göpel: „Unser Wohlstandsmodell ruiniert den Planeten.“

Die Forscherin schildert, wie sich die Menschen in einer zunehmend von Technik durchdrungenen Moderne von ihrer Umwelt und damit ihrer Lebensgrundlage entkoppelt fühlen: „Wir müssen aber von dieser Erzählung loslassen, dass die Natur etwas ist, das von uns getrennt ist.“ Eine entscheidende Frage für die Zukunft sei, dass Menschen wieder begreifen würden, dass sie biologische Wesen seien.

Was Menschen glücklich macht

In Folge dessen müsse die Wertschöpfungskette in der Wirtschaft „neu aufgebaut werden“. Es gehe nicht mehr darum, Umweltsünden zu kompensieren, sagt die 45-Jährige. Göpel plädiert für eine Neubewertung des Wohlstandsbegriffs. „Wie können wir unsere Bedürfnisse auch künftig befriedigen, ohne dabei unseren Planeten zu zerstören?“ Zeiten der Krisen beschreibt Maja Göpel auch als Zeiten der Möglichkeiten: „Wir reden zu wenig über das, was Menschen wirklich zufrieden macht.“