Landratsamt Sonneberg Bauarbeiten an Tribüne vollendet

Sarah Jakob

Die Kelleraußenwand und Tribüne der Kreisbehörde in der Bahnhofstraße wurden nicht nur saniert und trockengelegt. Viel mehr ist der Fall, denn vor ihr glänzen seit Kurzem echte kunsthistorische Schätze.

 
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Nach drei Jahren Bauzeit ist die Vorderfront des Landratsamtes der Spielzeugstadt vollends instandgesetzt. Aufgrund fehlender Abdichtungen und undichter Regenentwässerungsleitungen hatte es bis dato in den Kellerräumen der Behörde immer wieder Probleme mit Feuchtigkeit gegeben. Diese gehören nun der Geschichte an, denn die Fläche über der Kelleraußenwand ist mittlerweile auf gesamter Länge trockengelegt und barrierefrei erreichbar. Mit dem Abschluss der Sanierungsarbeiten lud Vize-Landrat Jürgen Köpper zur Einweihung ins gegenüberliegende Café ein, um sich bei allen Beteiligten zu bedanken und auf weitere Besonderheiten der Außengestaltung aufmerksam zu machen.

Doch zunächst zum Notwendigen: Die umfangreichen Bauarbeiten entlang der Tribüne waren dringend gefragt, „denn die Treppenanlagen und das Geländer mussten seit längerer Zeit teilweise gesperrt werden und haben eine Unfallgefahr dargestellt“, fasst Köpper die Ausgangslage zusammen. Um dem Abhilfe zu schaffen, wurden im Kreistag seitens der Verwaltung Vorschläge dargelegt, wie man denn zukünftig mit dem weitreichenden Eingangsbereich, der auch die Zugänge zu mehreren Ladengeschäften umfasst, verfahren könne.

Nicht nur grauer Beton

Bald gab es für die 1,45 Millionen Euro teure Investition „grünes Licht“ und das Planungsbüro Otto & Zehner aus Sonneberg legte dem Haus bereits Anfang 2018 Entwürfe für eine moderne Neugestaltung vor.

Und Architektin Heike Otto zeigt sich sehr zufrieden mit dem Entstandenen, gerade weil es sich für viele Menschen um einen markanten Ort in der Innenstadt handelt: „Ich denke, vielen ist die Stelle im Gedächtnis geblieben.“ Ihr auf jeden Fall, egal ob sie damals mit ihren Eltern im alten Stadtcafé – mit etwas Glück auf einem Platz im Freien – gesessen oder „Vater und Mutter zur Demo am 1. Mai in einer Reih zur Tribüne empor winkten“. Diese Zeiten sind zwar längst vorüber, doch trotzdem war sie Hauptbestandteil der Sanierung, jene Tribüne von damals. Was stellt man nun mit dieser an, war laut Otto die zentrale Frage. „Das triste Grau fand nicht überall Zuspruch“, erinnert sie sich. Zudem würden die Menschen nicht immer nur durch die Stadt hetzen, sondern immer wieder nach Möglichkeiten zum Verweilen suchen. „Da kam uns die Idee, dass im Ratskeller zwölf Betonglasbilder liegen, erschaffen vom Pößnecker Künstler Siegfried Neuparth und ursprünglich gedacht für das einstige DDR-Kinderkaufhaus, welches Angaben des Stadtarchivs zufolge 1986 eröffnet wurde.“

Das Dutzend Glaskunstwerke hat seinerzeit der ehemalige Kulturamtsleiter der Stadt Sonneberg, Michael Brand, beim Abbruch des Anbaues samt Treppenhaus aus dem Kinderkaufhaus gerettet und eingelagert. Jetzt wurden sie als Leihgabe der Spielzeugstadt architektonisch in die neue Außengestaltung integriert. Zwischen ihnen stehen mehrere Sitzmöglichkeiten entlang der Geraden.

Da Neuparth selbst in Lauscha tätig war, wird durch die Anbringung der Elemente vor dem Landratsamt eine Verbindung zwischen der einstigen Weltspielzeugstadt und der Lauschaer Glaskunst geschaffen. „Was soll es Besseres an der Stelle geben, als die verbliebenen Betonglasbilder der Öffentlichkeit wieder zu präsentieren, um Kinder zum Nachdenken anzuregen und ältere Semester in Erinnerungen schwelgen zu lassen?“, fragt die Architektin in die Runde. Diese besteht unter anderem aus Vertretern der beteiligten Baufirmen, wie dem Geschäftsführer der HLS Metallbau und Bernd Dobmeier und Wolfgang Petzold von der gleichnamigen Elektrofirma aus Lauscha. Außerdem begleiten im Anschluss Bauamtsleiter Martin Hausdörfer, Steffen Scheler sowie Oliver Hausdörfer von den Zentralen Diensten, Bürgermeister Heiko Voigt und Michael Brand den Vize-Landrat zur feierlichen Enthüllung einer Gedenktafel für den Künstler.

Kunst und Funktion

Nachdem das Tuch gefallen ist, lässt es sich Heike Otto nicht nehmen, kurz die Glaskunstwerke zu erklären. Bei diesen handelt es sich vorwiegend um Märchenszenen, wie sie beim Gang entlang der Tribüne erklärt: Ein Schneemann, Schlüsselszenen aus Schneewittchen und Frau Holle sowie spielende Kinder sind jeweils zu sehen.

„Zu früheren Zeiten wurden Architekten und Baumeister an den Fassaden der Häuser verewigt, heute sind wir Dienstleister. Und trotzdem verstehen wir uns auch als Künstler“, führt sie aus und freut sich über die publikumsreif gestaltete „Kunst am Bau“. Enthüllt wurden in der kleinen Zeremonie aber nicht nur die Betonglaswerke und ihre Einfassungen. Viel mehr ist seit dem Frühjahr 2019 passiert, wie der Landratsamtchef ausführt: „Im ersten Bauabschnitt wurde unsere Behörde vom Nord-Ende bis zum Geschäft Schokoladenseite realisiert.“ Dabei bereicherte man den Haupteingang durch eine moderne Drehtür. Auch die Rampe für Rollstuhlfahrer und der Treppenaufgang zum Hauptportal wurden erneuert. Jene Drehtür kreiste zum ersten Mal bereits am 11. November 2019 und verfügt sogar über einen verlangsamten Rollstuhlmodus, der durch Knopfdruck aktiviert werden kann. Hinzu gesellten sich des Weiteren ein Neuanstrich des Eingangsfoyers und ein frischer Fußbodenbelag. Von vorne zunächst unsichtbar, aber nicht minder wichtig: Ein barrierefreier Zugang am Hintereingang des Amtes.

Der folgende zweite Bauabschnitt erwies sich aufgrund fehlender adäquater Angebote in Folge auf die Ausschreibung laut Köpper jedoch als eher „schwierige Geburt“. „Doch letztlich wurde auch das gemeistert“, fasst er zusammen. Etwas nach hinten verschoben hat sich das Ende der Arbeiten schließlich wegen Lieferschwierigkeiten von Granitplatten, weshalb der Bau zunächst „unvollendet überwintern musste“. Doch nun tragen Rampen, Treppenaufgänge, Handläufe und Geländer in Kombination mit der nächtlich leuchtenden Glaskunst zu einem stimmigen Gesamtbild bei.

Informationen zum Künstler:

Geschaffen hat die Betonglaselemente der Künstler Siegfried Neuparth (1929-2011). Hergestellt wurden sie 1986 für das Kinderkaufhaus in der Köppelsdorfer Straße in Sonneberg. Dass sie erhalten blieben war dem langjährigen Kulturamtsleiter der Stadt Sonneberg, Michael Brand, zu verdanken.

Die Stadt Sonneberg stellte die Kunstwerke nun für die Neugestaltung des Eingangsbereichs als Leihgabe zur Verfügung.

Siegfried Neuparth, 1929 in Wallengrün (Vogtland) geboren arbeitete zunächst autodidaktisch mit dem Glaskünstler Volkhard Precht (1930-2006) in Lauscha zusammen. 1978/79 absolvierte er eine Ausbildung zum Kunstglasbläser und wurde danach als Glasgestalter in Pößneck tätig. 1978/79 folgte ein Designstudium an der Hochschule Burg Giebichenstein in Halle bei Walter Funkat (1906-2006). 1987 bis 1990 war Neuparth als Lehrausbilder im Fach Dickglas/Betonglas der Fachgruppe Kunstglaser tätig. Er schuf immer wieder architekturbezogene Arbeiten, die auch Eingang in Einzel- und Gruppenausstellungen fanden.

Bei den musivischen Betonglasbildern werden farbige Glaselemente nach einem Entwurf in eine Betonplatte eingebracht. Entscheidend ist der durchdachte Entwurf, um den farbigen Elementen im Beton auch Form zu geben. Die Technik fand seit den 1950er Jahren starke Verbreitung als gestaltendes Element an Architekturfassaden. Beispielsweise hat auch Volkhard Precht solche Elemente gestaltet.

Die Kinder- und Märchenmotive sind Teil eines zwölfteiligen Zyklus. 2021/22 wurden sie im Auftrag des Landkreises aufgearbeitet.

Die Aufstellung der Werke in der Öffentlichkeit dokumentiert sehr bemerkenswerte Zeugnisse der Nachkriegsmoderne in unserer Region und vermittelt hier auch Verständnis für die Kunst im öffentlichen Raum.

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