Orkanwarnung aufgehoben Sturm hinterlässt Schäden in Südthüringen

/it/flu , aktualisiert am 21.10.2021 - 16:49 Uhr

Umgestürzte Bäume, ausgefallene Züge und Haushalte ohne Strom - ein Sturmtief ist auch über Thüringen hinweggezogen und hat Schäden verursacht.

 
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Nach einem stundenlangen Sturm hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Donnerstag eine Unwetterwarnung vor orkanartigen Böen aufgehoben. Es wurde jedoch weiterhin vor Sturmböen und schweren Sturmböen, vor allem in den östlichen Landesteilen, gewarnt. Zuvor hatte das Unwetter in vielen Teilen Thüringens für Schäden gesorgt - auch in Südthüringen.

Landkreis Hildburghausen

Glück im Unglück hatte eine Autofahrerin bei Masserberg am Rennsteig. Auf der Landstraße zwischen Masserberg und Gießübel stürzte ein Baum auf die Fahrbahn, als diese gerade mit ihrem Auto in Richtung Gießübel unterwegs war. Sie konnte dem Hindernis nicht mehr rechtzeitig ausweichen und prallte gegen den Baum. Ihr Fahrzeug wurde dabei schwer beschädigt, sie selbst verletzte sich glücklicherweise nicht.  Polizei und Feuerwehr waren vor Ort. Die Einsatzkräfte mussten die Straße vorübergehend komplett sperren und das schwer beschädigte Fahrzeug aus dem Baum herausschneiden. Am frühen Nachmittag wurden die Räumungsarbeiten abgeschlossen.

In Hildburghausen musste die Feuerwehr gegen 8.15 Uhr in die Eisfelder Straße ausrücken. Dort hatte der Orkan Platten einer Photovoltaikanlage vom Dach eines großen Einkaufsmarktes gefegt. Mehrere Besucher konnten den Markt aus Sicherheitsgründen zunächst nicht verlassen, da für sie Gefahr bestand, von herunterfallenden Solarplatten verletzt zu werden. Sie mussten etwa eine halbe Stunde warten, bis Einsatzkräfte das Gebäude evakuierten. Nach der Evakuierung wurde der Markt geschlossen und das angrenzende Gelände großflächig abgesperrt. Die Sicherungsmaßnahmen laufen noch, gestalten sich aufgrund der anhaltenden starken Sturmböen aber schwierig. „Ein Betreten des Daches ist derzeit noch nicht möglich“, sagt Kreisbrandmeister Stefan Schlott am Donnerstagmittag.

Ein umstürzender Baum beschädigte am Donnerstagmittag am Ortsausgang Heubach Richtung Fehrenbach (Gemeinde Masserberg) Stromkabel. In der Folge kam es zu einem Stromausfall in Fehrenbach und in einigen Häusern in Heubach. Die Feuerwehr ist vor Ort und beseitigt die Schäden. Der Verkehr musste vorübergehend eingeschränkt werden.

Auch auf der Straße zwischen Themar und Wachenbrunn hat der Sturm schon seine Spuren hinterlassen. Dort waren am Donnerstagmorgen sieben Bäume umgefallen. Offensichtlich mit einem Schutzengel an ihrer Seite befuhr eine 45-Jährige in Mitten des Sturmtiefs die Strecke. Auf dem Weg fiel plötzlich ein Baum auf den Wagen. Durch den Aufprall wurde jedoch lediglich der Wagen in Mitleidenschaft gezogen und nach Informationen der Polizei entstand ein Schaden von etwa 6.000 Euro. Die Dame konnte ihren Wagen unverletzt verlassen. Bis zum Mittag hatte die Feuerwehr Themar die Straße wieder freigeräumt.

Das Orkantief Ignatz hat zudem im Landkreis zwischen Streufdorf und Rossfeld eine große Eiche umgefegt. Die Feuerwehr Streufdorf war etwa eine Stunde im Einsatz, um den Schaden zu beseitigen. Die Einstzkräfte mussten aufpassen, dass nicht weitere Bäume umknicken.

Landkreis Schmalkalden-Meiningen

Sturmtief „Ignatz“ sorgte auch in der Region Schmalkalden für zahlreiche Feuerwehreinsätze. In der Näherstiller Straße musste die Drehleiter anrücken, um eine große Weide zu stutzen.

Ilm-Kreis

Im südlichen Ilm-Kreis sind die Feuerwehr seit etwa 6.45 Uhr im Einsatz, wie Ilmenaus Stadtbrandmeister Andreas Meißler sagte. Gegen 10.30 Uhr habe zudem eine zweite Welle von Einsätzen begonnen. Die Feuerwehren in Ilmenau und den Ortsteilen sind bisher zu elf Einsätzen wegen umgestürzter oder abgebrochener Bäume ausgerückt. Weitere Schäden waren zunächst in bekannt. Betroffen waren hauptsächlich die Kernstadt und die Region um Langewiesen, Gräfinau-Angstedt und Gehren. „Wir haben die Lage personell im Griff“, so Meißler. Mehrere Fahrzeuge stehen zum Einsatz bereit.

„Dass da heute Morgen an der Sparkasse in der Poststraße nicht mehr passiert ist, da kann man von großem Glück sprechen“, so Stadtbrandmeister Uwe Fröhlich kurz vor Mittag ein wenig erleichtert, als die Großbreitenbacher Feuerwehr von ihrem zweiten Einsatz ins Gerätehaus zurückgekehrt war. Kurz vor 8.30 Uhr hatte eine Sturmböe eine große Pappel nahe der Sparkassen-Filiale förmlich in drei Teile „zerlegt“. Ein Auto, das vor der Sparkasse parkte, das ein Teil des Stammes und große Äste abbekam, erlitt Totalschaden. Der Auto-Fahrer sei zum Glück gerade ausgestiegen und schon im Sparkassengebäude gewesen. Er kam mit dem Schrecken davon. Nicht unerheblichen Schaden haben laut Fröhlich aber auch zwei angrenzende Gebäude genommen. Mit zwei Fahrzeugen und 15 Einsatzkräften habe man die Stelle beräumt und dabei auch festgestellt, dass der Baum im Inneren offenbar nicht mehr gesund und damit die Standfestigkeit eingeschränkt war.

Gegen 10.30 Uhr rief Sturm Ignaz die Wehr ein weiteres Mal an diesem Vormittag auf den Plan: Zwischen Neustadt und Hohe Tanne blockierte eine große umgestürzte Fichte die Landstraße. Hier kam der Wehr laut Uwe Fröhlich zugute, dass ein Rücketraktor des Forstamtes Gehren im Stau stand, mit dessen Unterstützung die Straße relativ zügig wieder freigemacht werden konnte.

Der Sturm ist in verschiedenen Orten des südlichen Ilm-Kreises für Unterbrechungen in der Stromversorgung verantwortlich. Es sind Störungen der Mittelspannungsleitungen, sagt Martin Schreiber, Sprecher der TEN (Thüringer Energienetz). Die Schäden traten auf, als in den frühen Morgenstunden der Sturm auch hier zu spüren war. Betroffen waren 73 Kunden in Stützerbach, zwei Bereiche in Neustadt, wodurch etwa 100 Stromkunden für einige Stunden Stromausfall registrierten und 87 Kunden in Altenfeld.  Eine große Netzkarte zeigt an, wo die Störungen auftreten und die Monteure vor Ort sehen dann das konkrete Schadensbild. Die Monteure sind regional stationiert, erklärt Schreiber. Sobald der Sturm nachlässt, fahren sie in die Gebiete zu zweit oder zu dritt raus. Jedoch müsse man abwarten, bis sich der Sturm gelegt hat, denn erst dann könne man in die waldreichen Gebiete reinfahren. Auch die Reparaturkräfte brauchen Sicherheit, dass keine Gefahr mehr durch Baumbrüche oder herunterfallende Äste ausgeht. Umgefallene Bäume, Äste in den Freileitungen, kaputte Isolatoren oder zerrissene Leiterseile würden meist das Schadensbild prägen, das sich den Monteuren zeigt. Treffen sie auf schiefe Masten, könne dies im Nachgang repariert werden. Noch vor dem Dunkelwerden seien die Schäden hier behoben. Martin Schreiber sieht im südlichen Ilm-Kreis nicht so das Problem. Die Netzkarte zeigt ihm, dass es einen Schwerpunkt an Schäden im Bereich Nordhausen, Eisfeld, der Kyffhäuserregion gibt.

Landkreis Sonneberg

Gegen 5.45 Uhr begann „Ignatz“  den Landkreis Sonneberg derart zu beuteln, dass allerorten die Feuerwehr ran musste. Vor allem zahlreiche Baumsperren in kurzer Folge machten den Ehrenamtlichen zu schaffen. Im Neumannsgrund mussten die Steinheider Wehr die Motorsäge anwerfen, die Kameraden aus Hüttengrund/Blechhammer rückten derweil nach Georgshütte aus, ebenfalls um die Straße wieder frei zu machen. Gleiches war  zwischen Judenbach und Neuenbau erforderlich.

Entlang der Bundesstraße 89 barsten die Fichten  bei Bachfeld, auch hier mussten Feuerwehrler ein ums andere Mal Geäst von der Hauptverkehrsader holen. In Rotheul ging der Windbruch mit Sachschaden einher, ein Baum krachte auf ein Auto, schildert Mathias Nüchterlein. Aufmerken ließ den Kreisbrandinspektor am Vormittag  eine Alarmmeldung aus Steinach.

Demnach war in der Brunnenstadt die Feuerwehr gegen 11 Uhr zugange,  Gefahr für ein Haus abwenden, auf das ein Baum zu stürzen drohte. Ganz so haarig schätzten die Ehrenamtlichen die Situation in der Hämmerer Straße indes nicht ein. Im Fall des Falles  werde wohl nur ein Zaun leiden, hieß es auf Nachfrage. Die Steinacher hatten ihre liebe Not vorrangig mit  der Verbindung nach Mengersgereuth-Hämmern. Ab 7.30 Uhr galt es mehreren  windschiefen Bäumen den letzten Schubs zu geben. Doch letztlich war Rückzug angesagt. „Absolut lebensgefährlich“, nannte Stadtbrandmeister Holger Jacob die Lage. Man müsse abwarten, bis der Wind abflaut  – und so lange blieb die Trasse über die „Ehm“ dicht.

Als letzten Einsatz galt es gegen 12.30 Uhr für die Wehren Judenbach und Jagdshof eine Gefahrenstelle in der Heinersdorfer Tettaustraße abzuarbeiten – hier war ein Baum auf ein Auto gestürzt.

Kurz vor  15 Uhr hatte sich die Lage allmählich beruhigt. Die Steinheider waren zu desem Zeitpunkt noch frisch im Einsatz an der B 281, wo gefallenes Grün den Verkehr blockierte. Derweil legtendie Steinacher zum bereits zweiten Mal an diesem Tag Hand an, um in der Silbersattelstraße geborstene Fichten abzuräumen. Doch unterm Strich? Ist der Landkreis von größerem Schaden verschont geblieben, fasst Nüchterlein seinen Eindruck zusammen. Dass es ein Kraftakt und eine Dauerbeanspruchung für die Rettungskräfte querbeet im Landkreis war, stehe außer Zweifel. Doch hatte man die Situation, die  der erste Herbststurm der Saison bescherte, ansonsten gut im Griff.

Für den Saale-Orla-Kreis bilanzierte Teag-Sprecher Martin Schreiber für den Vormittag 55 Netzstörungen gleichzeitig, derweil für Sonneberg oder Neuhaus nichts dergleichen anzusagen war. Nicht wirklich zu knicken  vermochten  die heftigen Böen übrigens den Sinn für Ordnung bei den Mitbürgern aus der Rennsteigregion. So machte sich in den frühen Morgenstunden eine Zeitungszustellerin in Scheibe-Alsbach in einem Aufwasch mit  ihrer Briefkasten-Tour daran, vom Wind umgeworfene Baustellen-Zäune an der Ortsdurchfahrt wieder aufzustellen. Die Piesauer hingegen  richteten dem Vernehmen nach ein „Freiluft-Fundbüro“ an einem Zaun im Umfeld des Dorfplatzes ein. Dorthin trugen die einen das, was ihnen  aufs Grundstück oder vor die Haustür geweht wurde, derweil die anderen eine Anlaufstation hatten, sich nach  dem Verbleib dessen zu erkundigen, was  „Ignatz“  entwendet hatte. Manch Alu-Felge oder  Plastik-Gießer soll derart  den Weg zurück zum Besitzer gefunden haben.

Wartburgkreis

Der Herbstturm Ignatz fegte mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 Stundenkilometern auch über den Wartburgkreis. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr waren im Dauereinsatz. Allein bis 11 Uhr registrierte die Rettungsleitstelle 24 Einsätze. In der Regel mussten umgestürzte Bäume  von Straßen und Wegen beseitigt werden. Im Bad Salzunger Ortsteil Allendorf  war ein Baum sogar auf ein Haus gekracht, ein Mensch war in Gefahr.

Aus Sicherheitsgründen zeitweise gesperrt wurde die Straße von der Grundecke in Bad Salzungen nach Witzelroda. Die Wartburg in Eisenach musste für den Besucherverkehr gesperrt werden und die Behörden warnten vor  dem Betreten der Drachenschlucht in Eisenach. Auch Parks und Wälder sollten gemieden werden.

Insbesondere in der Stadt Bad Salzungen mit Ortsteilen entwurzelte der Sturm viele Bäume. Feuerwehrleute mussten gleich mehrmals nach Allendorf und Kloster aber auch nach Langenfeld und Oberrohn ausrücken und die Wege wieder frei räumen. Im nördlichen Wartburgkreis, in Hütscheroda hatte Ignatz gleich mehrere Bäume gefällt. Aber auch in Vacha, Unterbreizbach, in der Stadt Werra-Suhl-Tal, Hörselberg-Hainich  und Hainich-Werratal hatten große Bäume dem Sturm nicht standgehalten. In Kupfersuhl flogen von einer Brandruine Dachziegel durch die Luft. Dies Gefahr musste auch in der Clemensstraße in Eisenach beseitigt werden.

Regionalbahnverkehr im Südosten Deutschlands wegen Sturms zwischenzeitlich eingestellt

Der Sturm hat am Donnerstag im Südosten Deutschlands zwischenzeitlich zur Einstellung des Regionalbahnverkehrs geführt. In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sei der Zugverkehr der DB Regio bis auf Weiteres eingestellt, teilte die Deutsche Bahn gegen Mittag mit. Dagegen laufe der Fernverkehr unter erschwerten Bedingungen weiter. Am Nachmittag rollten die Züge langsam wieder an. «Bis sich der Verkehr normalisiert hat, dauert es noch. Aber wir fahren wieder», sagte ein Bahn-Sprecher für Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen. Deutschlandweit warnte die Bahn vor Verspätungen und Zugausfällen.

Zahlreiche Einrichtungen wegen Sturmgefahr geschlossen

Wegen der durch den Sturm drohenden Gefahren sind am Donnerstag in Thüringen zahlreiche Einrichtungen vorsichtshalber geschlossen worden. So teilten unter anderem die Stadtverwaltungen in Erfurt und Suhl mit, dass der Zoopark Erfurt und der Tierpark Suhl nicht öffnen. In Erfurt wurden auch alle städtischen Friedhöfe geschlossen, so dass geplante Bestattungen und Trauerfeiern ausfielen. Auch der Hauptfriedhof in Suhl ist geschlossen.

Die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten warnte vor dem Betreten ihrer Garten- und Parkanlagen. Es bestehe trotz regelmäßiger Kontrollen Gefahr durch herunterfallende Äste, auch ganze Bäume könnten entwurzelt werden. Zu meiden sei auch die Nähe von Gebäuden, da sich unter der Windlast Dachziegel oder Schieferplatten lösen könnten.

Weitere Meldungen aus Thüringen

Auch in Nordthüringen gab es im Laufe des Tages mehrere Sturmschäden. Seit der Nacht waren Feuerwehr und Polizei im Einsatz. Bis zum Nachmittag zählte die Nordthüringer Polizei 45 sturmbedingte Einsätze, bei denen es jedoch keine größeren Schäden gab. Umgestürzte Bäume, herabhängende Äste sowie umgeknickte Verkehrsschilder machten den Angaben zufolge den Großteil der Schäden aus.

Zwischen Kloster Zella und Lengenfeld unterm Stein erwischte ein herabstürzender Ast ein Auto. Der Fahrer kam leicht verletzt in ein Krankenhaus. In Artern musste die Feuerwehr in eine Grundschule ausrücken. Dort hatten sich Dachziegel gelockert. Die Feuerwehr sicherte den Bereich, so dass die Kinder die Schule sicher durch einen Nebeneingang verlassen konnten.

Unwetterwarnung

Der Deutsche Wetterdienste warnte vor orkanartige Böen mit bis zu 120 km/h, teils auch Gewitter und Regen. Die Polizei meldete am Donnerstagmorgen umgestürzte Bäume in weiteren Teilen Thüringens sowie Äste auf den Straßen. Die A71 war bereits am Mittwoch zwischen Ilmenau-West und Gräfenroda vorsorglich für hohe Fahrzeuge und Wohnwagen gesperrt worden. Die Windstärke werde regelmäßig kontrolliert, so die Polizei.

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