Land ordnet an: Schulen bleiben nun doch zu

Bildungsminister Helmut Holter (Linke) Foto: dpa/Michael Reichel

Paukenschlag zum Wochenende: In Thüringer Corona-Hotspots dürfen Schulen und Kitas am Montag nun doch nicht öffnen. Im zunächst betroffenen Kreis Schmalkalden-Meiningen schäumen die Verantwortlichen vor Wut.

 
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Erfurt/Meiningen - Die für Montag geplante Wiedereröffnung von Grundschulen und Kindergärten fällt in Corona-Hotspots aus. Kitas und Schulen müssen künftig schließen, sobald in deren Landkreis der Wert von 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner erreicht wird, heißt es in einer am Freitag um 15.45 Uhr erlassenen Anordnung des Landesgesundheitsministeriums. Nur Schmalkalden-Meiningen mit einem Inzidenzwert von 213 lag am Freitag über dieser Grenze. Bei Werten zwischen 150 und 199 legt das Land die Schließung nahe, ordnet sie aber nicht an. In dieser Spanne rangierten sieben Kreise, darunter Hildburghausen (174).

„Wir sehen mit Sorge, dass der Rückgang der Infektionen seit einigen Tagen auf viel zu hohem Niveau stagniert“, sagte Ministerin Heike Werner (Linke) zur Begründung. Man müsse reagieren, wenn man das Erreichte nicht aufs Spiel setzen wolle.

Seit Freitag ist in Thüringen eine neue Corona-Verordnung in Kraft, nach der ab Montag Grundschulen und Kitas im eingeschränkten Regelbetrieb öffnen können. Mit der überraschenden Weisung wird dies abhängig von der regionalen Inzidenz nun eingeschränkt. Das Öffnungsverbot soll künftig immer ab dem auf die Grenzwert-Überschreitung folgenden Tag für mindestens eine Woche gelten. Erreicht also ein Kreis am Sonntag den Wert von 200, bleiben Schulen und Kitas am Montag zu. Bleibt Thüringen dauerhaft bei landesweiten Inzidenzen von 120 und mehr, wolle man weitere Schritte prüfen, hieß es.

Bei Kommunen, Opposition und Lehrern stieß die Kehrtwende auf teils heftige Empörung. „Mir fehlen die Worte“, sagte Schmalkaldens Bürgermeister Thomas Kaminski. Mit der kurzfristigen Verfügung habe die Landesregierung einen Bock geschossen. „Wir verlieren mit solchen Aktionen das letzte Stück Glaubwürdigkeit“, so der SPD-nahe Politiker. Seit Dienstag an der Verordnung zu arbeiten und dann Freitagnachmittag mit der Botschaft rauszurücken, sei „unterirdisch und hanebüchen“. Aus seiner Sicht hätte man von vornherein bis zum 1. März warten sollen, doch inzwischen habe die Stadt alles vorbereitet. Er werde am Montag kein Kind nach Hause schicken, so Kaminski.

Schmalkalden-Meiningens Landrätin Peggy Greiser sprach von „einer einzigen Katastrophe“ und der „großen Keule“, die Eltern brutal treffe, weil sie sich wieder um die Kinder kümmern müssen und Schwierigkeiten haben, dies so kurzfristig mit Arbeitgebern abzustimmen. Zwar rechtfertige die Infektionslage diesen Schritt. „So geht man aber nicht mit Menschen um und mit Landkreisen, die Bürgern am Freitagnachmittag erklären müssen, dass sie ihre Kinder am Montag doch nicht in die Schule bringen können.“ Greiser sagte, sie werde sich für eine Notlösung zur Betreuung am Montag stark machen.

Auch bei Gewerkschaften war die Kritik deutlich. „Einfach nur beschämend, wie hier mit all den Menschen umgegangen wird, die von einer solchen Entscheidung betroffen sind“, erklärte der Vorsitzende des Thüringer Lehrerverbands, Rolf Busch. Sein Verband habe bereits Anfang der Woche gefordert, keine Schulöffnungen unabhängig von Inzidenzwerten zu beschließen.

Die CDU-Fraktion warf der Landesregierung vor, „im Panikmodus“ zu agieren. „Statt mit einer langfristigen Strategie Planungssicherheit zu schaffen, bremst das Gesundheitsministerium das Bildungsministerium in letzter Sekunde aus und kassiert die gerade erst erlassene Verordnung“, erklärte der Bildungs-Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Tischner.

Der Entscheidung war ein heftiger Streit hinter den Kulissen in Erfurt vorausgegangen, bei der Bildungsminister Helmut Holter (Linke) am Ende den Kürzeren zog und von Heike Werner vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Holter hatte stets für nur punktuelle Schließungen plädiert, da Schulen und Kitas seiner Ansicht nach keine Infektionstreiber sind, während Werner schon ab einer Inzidenz von 150 alles zusperren wollte. Zuvor hatte es auch aus SPD-, Linken- und Gewerkschaftskreisen teils laute Kritik an einer Schulöffnung gegeben er/ek/sh

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