Wunsiedel/München - In Wunsiedel liegt Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß begraben. Die Neonazis waren jeweils zum Todestag von Heß, der sich am 17. August 1987 im Berliner Kriegsverbrechergefängnis Spandau das Leben genommen hatte, nach Wunsiedel gekommen.

Als Hauptrednerin auf dem Marktplatz sagte die Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth, man lasse es nicht mehr zu, dass Rechtsextreme einen Drahtzieher des NS-Unrechtsregimes als Märtyrer feierten. „Diese Stadt wird nicht mehr beschmutzt und für rechte Ideologie missbraucht.“ Stattdessen stehe Wunsiedel heute deutschlandweit als Symbol für „eine lebendige, vielfältige und wehrhafte Demokratie“. Hier und in ganz Deutschland hätten Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus keinen Platz. Die Aktivitäten der Neonazis stellten ein ernstes Problem dar, dass nicht verharmlost werden dürfe. „Doch wo zehn von denen sind, stellen wir hundert, ja tausend Demokraten dagegen.“
Wunsiedels Bürgermeister Karl-Willi Beck (CSU) würdigte die Arbeit der Bürgerinitiative und die parteiübergreifende Unterstützung für den Demokratie-Tag. „Wir nehmen es nicht mehr hin, dass in dieser Stadt die Nazis aufmarschieren.“ Den Abgeordneten aus Bundestag und Landtag dankte er für die Gesetzesänderung, die das Verbot der rechtsextremistischen „Heß-Gedenkmärsche“ ermöglicht hatte. Auch für die Hauptsache-Entscheidung dazu, die beim Bundesverfassungsgericht ansteht, sei er zuversichtlich.

Den Kampf gegen Rechts, besonders aber gegen die NPD will auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann neu beleben. Herrmann kündigte an, einen neuen Anlauf zu starten, die rechtsextreme NPD zu verbieten. „Wir arbeiten weiter konsequent auf ein neues Verbotsverfahren hin“, sagte er am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa in München.

Allerdings sei er dagegen, V-Leute des Verfassungsschutzes aus der Partei abzuziehen. „Einen Verzicht auf die V-Leute halte ich für nicht vertretbar.“ Ein Verbotsverfahren könne auch ohne Informationen der V-Leute Erfolg haben. Er halte es für möglich, dass das Thema bereits im kommenden Jahr ernst werde, sagte Herrmann. Dafür wolle er sich gemeinsam mit seinen Innenminister-Kollegen aus Bund und Ländern einsetzen. Bayern plane keinen Alleingang. „Wir wollen auf keinen Fall in Karlsruhe scheitern.“ Deshalb sei eine saubere Vorbereitung nötig.

Ein erster Versuch, die NPD zu verbieten, war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gescheitert, weil die Partei bis in ihre Spitze von V-Leuten durchsetzt war. Wozu die NPD fähig sei, zeige sich gerade in Thüringen, sagte Herrmann. Die NPD hatte dort einen dunkelhäutigen Wahlkämpfer der CDU bedroht. Herrmann forderte zudem, Internetseiten mit rechtsextremen Inhalten zu sperren.
Der Tag der Demokratie in Wunsiedel wird von zahlreichen Organisationen und Gruppierungen aus der gesamten Region gestaltet. Solidarisch erklärten sich die Wunsiedler Demonstranten mit den Einwohnern von Gräfenberg in der Fränkischen Schweiz. Dort wurden Bürgerinnen und Bürger, die sich den fast monatlichen Aufmärschen der Rechtsextremen in den Weg stellten, strafrechtlich verfolgt und zum Teil schon zu Geldstrafen verurteilt. „Das darf nicht sein“, rief BI-Sprecher Arno Speiser. Die Politik sei aufgefordert, „endlich eine Lösung gegen den Demonstrationsterror der Rechtsextremen zu finden“.

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