Kaili sitzt seit 2014 im Europaparlament, wo sie inzwischen fast bis an die Spitze Karriere gemacht hat. Der Sozialdemokrat Panzeri hatte nach seinem Abschied aus dem Parlament in Brüssel die Nichtregierungsorganisation Fight Impunity gegründet, die eigenen Angaben zufolge weltweit für Menschenrechte kämpft. Die Organisation schreibt sich auch den Kampf gegen Korruption auf die Fahnen. In Italien kamen Panzeris Ehefrau und dessen Tochter in Hausarrest.
Taschen voller Bargeld
Bei den Durchsuchungen in Brüssel wurden am Freitag insgesamt 600.000 Euro Bargeld und Handys beschlagnahmt. Später fanden Ermittler in Kailis Wohnung Medienberichten zufolge Taschen voller Bargeld. Die Zeitung "Le Soir" schrieb, die 44-Jährige sei auf frischer Tat - "in flagranti" - erwischt worden. Die Griechin saß bislang für die Pasok-Partei im Parlament, die zusammen mit der SPD zur sozialdemokratischen Fraktion gehört.
Nachdem sie von ihren Aufgaben entbunden wurde, kann nur das Parlament selbst ihre förmliche Absetzung beschließen. Das könnte bereits während der an diesem Montag beginnenden Plenarwoche in Straßburg erfolgen. Aus ihrer Partei wurde die ehemalige Fernseh-Moderatorin schon ausgeschlossen.
Die Enthüllungen bedeuten für das Parlament einen großen Imageschaden. Es sei offensichtlich, dass Kaili das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler aufs Spiel setze, sagte der Vorsitzende der SPD-Europaabgeordneten, Jens Geier, der dpa. "Das sind schlimme Vorwürfe und die müssen aufgeklärt werden. Anders lässt sich verloren gegangenes Vertrauen nicht zurückgewinnen." Parlamentsvize Nicola Beer (FDP) sagte der dpa: "Es ist völlig klar, dass das insgesamt negative Auswirkungen auf das Parlament hat."
Aus Ungarn hagelt es Spott
Das Parlament mit mehr als 700 Abgeordneten positioniert sich gern als starke Stimme im Kampf gegen Korruption. So fordern die Abgeordneten wegen weit verbreiteter Korruption in Ungarn regelmäßig ein hartes Vorgehen gegen das EU-Land. Die Häme aus Budapest ließ nun nicht lange auf sich warten. Aus der Regierung gab es viel Spott.
Aber haben Kaili und die anderen Verdächtigen tatsächlich auf illegale Weise die Interessen Katars vertreten? Kaili zumindest fiel zuletzt mit einer eher ungewöhnlichen Haltung auf. Als das Parlament im November über eine Resolution diskutierte, die die WM in Katar kritisieren sollte, attestierte die Ex-Journalistin dem Land, Vorreiter in Sachen Arbeitsrechten zu sein. Die WM sei Beweis dafür, "dass Sportdiplomatie einen historischen Wandel in einem Land bewirken kann, dessen Reformen die arabische Welt inspiriert haben". Zudem beklagte sie, dass jeder, der mit Katarern spreche, der Korruption verdächtigt werde.
Der WM-Gastgeber steht seit Jahren wegen der Menschenrechtslage und der Bedingungen für ausländische Arbeiter in der Kritik. Zahlreiche Mitglieder des damaligen FIFA-Exekutivkomitees, das 2010 die WM nach Katar vergeben hatte, sind inzwischen der Korruption überführt. Katar selbst hat den Vorwurf der Bestechung jedoch stets bestritten. Der Innenausschuss des Europaparlaments wiederum stimmte Anfang Dezember dafür, die Visa-Regeln für Katar und andere Länder zu erleichtern.
Obwohl Kaili selbst kein Mitglied im Ausschuss ist, stimmte auch sie ab - zur Überraschung der eigenen Fraktion. Nach Parlamentsregeln ist es zwar möglich, dass Abgeordnete bei Abstimmungen auch durch Nicht-Mitglieder ersetzt werden. SPD-Parlamentsvize Katarina Barley sagte ZDF-heute jedoch: "Sie (Kaili) hat sich ganz nach hinten gesetzt, wo normalerweise nur Mitarbeitende sitzen - weit weg von unserer Fraktion. Man könnte auch sagen: Sie hat sich versteckt." Das letzte Wort bei der Visa-Liberalisierung ist allerdings noch nicht gesprochen. Das Parlament muss darüber noch mit den EU-Staaten verhandeln. Der Grünen-Abgeordnete Erik Marquardt, der für das Thema im Parlament zuständig ist, stellte bereits klar, in der aktuellen Situation könne es keine Visa-Liberalisierung geben.