Leider habe Deutschland „noch eine besondere Konstellation von Demographie und Immunität, die Sorge bereitet“, sagte Keppler. „Wir haben etwa 17 Millionen Ungeimpfte, die meisten davon sind wahrscheinlich auch ungenesen. Davon sind etwa 2,5 Millionen über 60, haben also ein erhöhtes Risiko für schwere Covid-19-Verläufe, die eine Behandlung auf der Intensivstation zur Folge haben können. Das unterscheidet uns von anderen Ländern.“
Vergleich mit Südafrika wenig sinnvoll
Auch ein Vergleich mit dem Verlauf der Omikron-Welle in Südafrika habe wenig Sinn. Dort sei die Bevölkerung viel jünger. Die Impfquote liege zwar nur bei 30 Prozent, aber man gehe davon aus, dass der größte Teil der Bevölkerung sich schon zwei- oder dreimal infiziert habe. „Bei uns dagegen trifft Omikron auf Ungeimpfte und Ungenesene, von denen viele im Risiko sind.“
Hilfreich gegen die Omikron-Welle könnte nach Kepplers Einschätzung die Kooperationsbereitschaft der Bürger sein. „Da ist Deutschland zum Glück eher auf der vorsichtigen Seite mit Regeln, die ständig an die Infektionsdynamik und die Belastung des Gesundheitssystems angepasst werden. Auch die Disziplin in der Bevölkerung hinsichtlich des Tragens von Masken ist bei uns im Verhältnis zu anderen Ländern sehr gut.“
Keppler kritisierte die Vorhersagen eines baldigen Endes der Pandemie: „Die Leute, die teilweise jetzt schon zum dritten Mal lautstark das Ende der Pandemie ausrufen, sollten ein bisschen zurückhaltender sein, weil viele Menschen dann unvorsichtig werden und größere Risiken eingehen.“
Der Virologe warnte, dass die Pandemie auch im Herbst noch nicht überwunden sein könnte: „Basierend auf den Erkenntnissen der letzten zwei Jahre müssen wir aber davon ausgehen, dass Menschen, die sich jetzt mit Omikron infizieren und eine Impfung ablehnen, im Herbst bereits fast keinen Immunschutz gegen eine neue SARS-CoV-2-Variante mehr haben werden.“