Kommunen Bußgelder: Gerast wird auch in Corona-Zeiten

Temposünder gibt es auch in Corona-Zeiten. Längst nicht alle von den Kommunen eingenommenen Bußgelder resultieren aus dem Verstoß gegen Corona-Regeln. Foto: Archiv/dpa

Ein Verstoß gegen Corona-Auflagen kann zu einem Bußgeld führen. Von dieser Möglichkeit haben in den vergangenen Monaten Ordnungsbehörden auch Gebrauch gemacht. Doch die große Mehrheit ihrer Einnahmen aus Bußgeldern hat nichts mit der Pandemie zu tun.

 
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Erfurt - Die Kommunen in Thüringen haben in den vergangenen Monaten deutlich mehr Bußgelder gegen Raser als wegen Verstößen gegen Corona-Regeln verhängt. Wer sich nicht an Corona-Auflagen hält, muss allerdings oft deutlich mehr bezahlen als Menschen, die zu schnell mit dem Auto unterwegs sind, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Beispielsweise leitete die Stadt Jena im Jahr 2020 nach Angaben eines Sprechers der Stadtverwaltung 175 Verfahren wegen Verstößen gegen Corona-Beschränkungen ein - und fordert damit insgesamt etwa 25 000 Euro ein. Das entspricht einer durchschnittlichen Bußgeldhöhe von etwa 140 Euro. Im selben Zeitraum habe die Stadt dagegen etwas mehr als 51 000 Verfahren wegen Geschwindigkeitsverstößen eingeleitet und deshalb Bußgeldbescheide in Gesamthöhe von etwa 1,2 Millionen Euro verschickt, so der Sprecher. Damit liegt die vergleichbare durchschnittliche Bußgeldhöhe für zu schnelles Fahren bei etwa 23 Euro.

Auch in Erfurt und Gera ergibt sich nach Angaben der jeweiligen Stadtverwaltungen ein entsprechendes Bild. In Erfurt nahm die Stadt aus Bußgeldern wegen Geschwindigkeitsverstößen zwischen Januar und November etwa 1,8 Millionen Euro ein, im Zusammenhang mit Verstößen gegen Corona-Auflagen waren es etwa 60 000 Euro. In Gera waren es etwa 479 000 Euro wegen zu schnellen Fahrens und etwa 25 000 Euro wegen Verstößen gegen die Corona-Auflagen.

Bußgelder gegen Hundebesitzer, deren Vierbeiner mit ihrem Kot öffentliche Straßen und Plätze verunreinigten, gab es dagegen in keiner der befragten Kommunen in größerer Zahl. Nach Angaben einer Sprecherin der Stadtverwaltung Gera liegt das daran, dass die Halter der entsprechenden Hunde praktisch nie zu ermitteln sind. «Verstöße können in der Regel nur bei "Ertappen auf frischer Tat" verfolgt werden», sagte sie. Zwar seien in Gera im Jahr 2020 zwei Tierhalter angezeigt worden, deren Hunde im öffentlichen Raum ihre großen Geschäfte erledigt haben sollen. Beide Verfahren seien aber wegen nicht ausreichender Zeugenaussagen eingestellt worden.

Obwohl es beim Blick auf die Gesamtzahlen also nicht danach aussieht, hat die Corona-Pandemie die Ordnungsbehörden in den Kommunen stark gefordert. Das habe auch damit zu tun, dass der schon in der Vergangenheit oftmals raue Umgangston gegenüber den Ordnungskräften ebenso wie gegenüber den Mitarbeitern der Gesundheitsämter nochmals rauer geworden sei. «Die Stimmung ist gereizter», sagte der Sprecher der Stadtverwaltung Jena.

Vor allem die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes seien inzwischen regelmäßig Anfeindungen am Telefon oder auch in E-Mails ausgesetzt. Vergleichbares erklärten die Sprecher der Stadtverwaltungen in Erfurt und Gera. Nur eine Sprecherin der Stadtverwaltung Weimar sagte: «Eine Zunahme an Aggressivität gegenüber den Vollzugsdienstkräften des Ordnungsamtes der Stadt Weimar ist gegenwärtig nicht feststellbar.»

In Weimar sind 2020 in etwa 31 000 Fällen Bußgelder wegen zu schnellen Fahrens verhängt worden, zudem in etwa 750 Fällen Bußgelder wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen. Die Angaben der Kommunen zu Bußgeldern im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsverstößen beziehen sich nur auf die Blitzer, die sie selbst betreiben. Die Landespolizei blitzt unabhängig von den Kommunen.

Die Zahl der Bußgeldbescheide, die durch die Thüringer Polizei erlassen worden sind, war 2020 gegenüber dem Vorjahr deutlich geringer. «Diese Entwicklung ist primär auf das stark verringerte Verkehrsaufkommen während des Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 zurückzuführen», sagte eine Sprecherin der Landespolizeidirektion. Wurden 2019 etwa 140 000 Bußgeldbescheide erlassen, seien es zwischen Januar und November 2020 etwa 113 000 vergleichbare Schreiben gewesen.

Bei der Überwachung der Corona-Regeln kommt die Polizei im Freistaat in der Regel im Rahmen der sogenannten Amtshilfe für die Kommunen zum Einsatz. Das heißt, sie unterstützt die Ordnungsbehörden bei den entsprechenden Kontrollen. Fallen Polizisten Verstöße gegen die geltenden Beschränkungen auf, meldeten sie diese an die Kommunen weiter, die dann die Verfahren bearbeiten, sagte die Sprecherin der Landespolizeidirektion.

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