Seltener als Lotto-Jackpot Suhl: Kindersegen im Quartett

Kristin Albert
Die stolzen Eltern mit ihren gesunden Vierlingen und das Team, das hinter ihnen steht: 66 Tage nach der Geburt von Jakob, Jonas, Anna und Felix herrscht pure Freude im Suhler Klinikum. Foto: ari, ka

Es sind seit Ewigkeiten die ersten Vierlinge in Südthüringen: Jakob, Jonas, Anna und Felix sind kerngesund und verlassen 66 Tage nach der Geburt das Klinikum in Suhl . Auf sie und ihre Eltern wartet daheim in Eisfeld schon Bruder Friedrich (6). Die Munzerts sind glücklich und froh – auch über die perfekte Begleitung durch die Suhler Geburts-Spezialisten.

 
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Suhl/Eisfeld - Wenn man Nadine und Manuel Munzert bei der Pflege ihrer Babys zusieht,scheint es fast so, als sei es das Normalste auf der Welt, sich um Vierlinge zu kümmern. Ruhig und souverän umsorgen sie ein Kind nach dem anderen. Wickeln und füttern. Von der üblichen Nervosität frisch gebackener Eltern ist nichts zu merken. Ganz im Gegenteil. Die beiden gehen förmlich in ihrer Rolle als Vierlings-Mama und -Papa auf.

„Ich habe in der achten Schwangerschaftswoche erfahren, dass ich Drillinge erwarte“, erzählt Nadine Munzert. „Zwillinge habe ich mir immer gewünscht. Dass es Drillinge werden sollten, hatte meinen Mann Manuel und mich schon ein bisschen nervös gemacht. Schließlich haben wir bereits einen Sohn.“ Einige Wochen später entdeckt ihr Frauenarzt ein viertes kleines schlagendes Herz. „Damit stieg die Aufregung noch einmal ordentlich an. Ab diesem Moment wurde aus meiner besonderen Schwangerschaft eine ganz besondere“, erzählt die junge Frau aus Eisfeld mit einem Lächeln.

Am 13. April erblickten Anna (1190 Gramm,), Felix (1080 Gramm), Jonas (1050 Gramm) und Jakob (900 Gramm) in der 28. Schwangerschaftswoche im Zentralklinikum Suhl das Licht der Welt. Für die Eltern Nadine und Manuel Munzert ein Glückstag in doppelter Hinsicht: „Wir haben am 13. Juli 2013 geheiratet. Seitdem ist die 13 unsere Glückszahl. Das Geburtsdatum unserer Kinder war damit ein kleines Zeichen, dass alles gut wird.“

Als „Perinatalzentrum Level 1“ ist das Suhler Krankenhaus ein absoluter Geburten-Spezialist. Vierlinge waren aber auch hier eine absolute Premiere. Stolz, ein wenig nervös, aber voller Freude und mit einem hinter den Masken versteckten Lächeln präsentierten die Eltern zusammen mit den Mitarbeitern am Donnerstag die Vierlinge erstmals der Öffentlichkeit.

„Mehrlingsgeburten und Geburten in einer frühen Schwangerschaftswoche sind in unserem Zentrum der Standard. Aber eine Vierlingsgeburt hatten wir noch nicht“, erläutert Geburtsklinik-Chefarzt Matthias Schmidt. „Deshalb mussten wir uns auf den Kaiserschnitt besonders vorbereiten.“ Um gezielt operieren zu können, wurde im Vorfeld genau darauf geachtet, wo liegen die Kinder und wo sitzt der Mutterkuchen. Die besonders seltene Konstellation von einem Einling (Anna) und eineiigen Drillingen (Felix, Jonas und Jakob) machte die Sache nicht einfacher.

Während der Kaiserschnitt-Geburt griff eine Logistik wie in einem Uni-Klinikum. Vier Hebammen, vier speziell ausgebildete Geburtsmediziner, vier speziell ausgebildete Kinderärzte, Kinderkrankenschwestern und Anästhesisten sorgten dafür, dass im Kreißsaal alles wie am Schnürchen lief. Frisch auf der Welt, übernahm das Team um Kinderklinik-Chefarzt Sebastian Horn die Babys. „Eine Frühgeburt ist immer eine Herausforderung. Vierlinge sind da noch einmal etwas ganz Besonderes“, betont der Chefarzt. „Trotz allem legen wir großen Wert darauf, dass die Entbindung familiennah erfolgt. Schließlich ist diese für die Eltern der Startpunkt für eine Familie.“

Nach den ersten Untersuchungen ging es für die vier neuen Erdenbürger auf die Frühchen-Station, wo sie die ersten 66 Tage ihres Lebens verbrachten. „Die Kinder haben sich wunderbar entwickelt“, berichtet der Oberarzt Hans-Martin Lode. „Alle vier hatten keine schwerwiegenden Probleme. Es mussten keine größeren Eingriffe durchgeführt werden. Deshalb gehen wir davon aus, dass es auch zu keinen Entwicklungsverzögerungen kommen wird.“

Nach der Entlassung werden die Kinder durch das Sozialpädiatrische Zentrum Suhl betreut. Damit ist sichergestellt, dass zeitnah reagiert werden kann, falls die Vierlinge später noch einen Unterstützungsbedarf entwickeln.

Für Nadine und Manuel Munzert ist die Station 35 inzwischen ein zweites Zuhause geworden. Schließlich sind sie die vergangenen Wochen täglich nach Suhl gefahren. Der Papa, um mit den Kindern fleißig zu kuscheln. Die Mama, um die Kleinen zu stillen. Dass das mit dem Stillen von Vierlingen keine leichte Aufgabe ist, weiß auch Dr. Lode: „Alle vier Babys gehen mit Muttermilch ernährt nach Hause. Das ist wirklich eine Leistung und keine Selbstverständlichkeit.“

Dass sich das Ehepaar in Suhl sehr wohl gefühlt hat, merkt man ihnen an. Und auch die Pflegekräfte haben ein Stück weit ihr Herz an Anna, Felix, Jonas und Jakob verloren. Bei dem süßen Quartett kann man das auch niemandem verdenken. „Wir sind sehr froh und dankbar, dass wir in Suhl hervorragende Fachleute in der Nähe haben“, ist sich das Elternpaar einig. „Es war unsere größte Angst, dass wir zur Entbindung nach Jena oder Erlangen geschickt werden. Wir haben uns von Anfang an sehr gut aufgehoben gefühlt. Dafür möchten wir uns bei dem gesamten Team herzlich bedanken.“

Mit dem Dank kommt der Abschied. Am heutigen Freitag geht es endlich nach Hause. Mit einem Entlassungsgewicht zwischen 2900 und 2200 Gramm sind die Vierlinge kräftig genug, ihre Heimreise nach Eisfeld anzutreten. Aber natürlich geht das nicht ohne ein Geschenk vonstatten. Gemeinsam mit dem Hersteller sponsert das Klinikum vier Hochstühle und einen Einkaufsgutschein. Die Freude darüber ist groß. Auch das eine oder andere Tränchen wird darüber verdrückt.

Zuhause wartet der sechsjährige Friedrich auf den vierfachen Familienzuwachs. Begeistert von der Verstärkung, kann er es kaum abwarten, seine Geschwister endlich live zu sehen. Wegen der Corona-Auflagen im Krankenhaus war das bisher nicht möglich. Fotos und Videoanrufe mussten genügen. Lediglich einen kleinen Gruß in Form eines selbst gemalten Bildes konnte der große Bruder überbringen. „Wie Friedrich ging es all unseren Freunden und Verwandten“, sagt Nadine ein bisschen betrübt. „Nur mein Mann und ich durften die Kinder sehen.“

Fünf Kinder. Eine Herausforderung, die Nadine als Physiotherapeutin sportlich nimmt. Ehemann Manuel sieht es ähnlich. „Bisher haben wir noch keine Haushaltshilfe beantragt“, sagt der 39-jährige Techniker. „Wir möchten das möglichst alles über die Familie abdecken. Die freuen sich auch schon alle darauf und sind bereits ganz neugierig auf die Kleinen.“ Nur gut, dass die Omas bereits im Ruhestand sind. Da bleibt viel Zeit fürs Babysitten. Auch die restlichen Familienmitglieder und gute Freunde haben ihre tatkräftige Hilfe zugesagt. Sei es bei der Pflege der Sprösslinge oder im Haushalt.

Apropos Haushalt. Auch das Haus der Munzert ist schon voll und ganz auf Vierlinge eingestellt. 2013 erbaut, bietet es zum Glück genug Platz, um die gesamte Rasselbande unterzubringen. Es hat später sogar jedes Kind ein eigenes Zimmer. Wenn das kein Luxus ist. „Uns wurde oft gesagt, wir hätten zu groß gebaut“, sagt Papa Manuel. „Aber irgendwie haben wir es geahnt.“ Nur der Partykeller, der müsse bleiben. Deshalb komme kein sechstes Kind mehr infrage, ergänzt er mit einem Augenzwinkern.

Im Auto hingegen wär noch Platz für einen weiteren Spross. Denn für die Vergrößerung der Familie wurde eigens ein Bus angeschafft. „Mit unserer Limousine wären wir nicht weit gekommen“, erklärt Nadine Munzert. „Jetzt haben wir genug Raum, um alle Kindersitze unterzubringen. Zudem bietet sich so ein Bus hervorragend an, um die vier unterwegs in Ruhe zu stillen und frisch zu machen.

Für die Bewegung an der frischen Luft soll ein Drillingswagen genutzt werden. Einen Kinderwagen für Vierlinge gibt es leider nicht. Aber die Mutti siehts gelassen: „Dann kommt eben ein Kind ins Tragetuch.“ Auch Ehemann Manuel macht kein großes Gewese um den reichen Kindersegen: „Ich bin da vollkommen entspannt. Wir kriegen das schon alles organisiert. Jetzt lassen wir erst einmal alles auf uns zukommen.“

Bleibt nur noch die Frage nach der Kleidung für das süße Quartett. Stets das Gleiche? Oder unterschied-lich? „Das haben wir ganz schnell beantwortet“, sagen beide mit einem Lachen. „Für uns sind alle vier individuelle Menschen. Darum ver-suchen wir, es zu vermeiden, dass sie in eine Schublade gesteckt werden. Jedes der Kinder zeigt schon jetzt seinen eigenen Charakter. Dem wollen wir auf jeden Fall gerecht werden.“

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