Klinikum Bad Salzungen Wenn das Knie schmerzt

Jana Henn
Tino Beylich. Foto: Jana Henn

Beim „Talk im Klinikum“ – erstmals wieder live – widmete sich Tino Beylich, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, dem Knie.

 
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Endlich wird das beliebte Format „Talk im Klinikum“ wieder in Präsenz angeboten. Die letzte Live-Veranstaltung dieser Reihe fand im Februar 2020 statt. Spätere Vorträge wurden per Video aufgezeichnet und sind über die Homepage des Klinikums abrufbar. Marketingleiterin Birgitt Schroth begrüßte die Gäste. Geplant ist, dass künftig wieder monatlich Vorträge zu diversen Gesundheitsthemen oder Krankheitsbildern stattfinden.

Den Auftakt machte der Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Tino Beylich. Er widmete sich dem Knie. Zunächst ging er auf die Anatomie ein. Das Kniegelenk ist das größte Gelenk im menschlichen Körper. Die knöchernen Strukturen wie Oberschenkel, Unterschenkel, Schienbein und Kniescheibe sind umgeben von einer Kniegelenkkapsel, Bändern, Fettkörper und Schleimbeutel. Die Knochenpartner sind zudem mit einem hyalinen Knorpel überzogen. Chefarzt Beylich meint dazu: „Wo viel ist, kann viel kaputt gehen.“ Tatsächlich betreffen 20 Prozent aller Sportverletzungen das Knie. Vorwiegend sind das Bandverletzungen oder Knorpelschädigungen. Außerdem ist das Knie am häufigsten von degenerativen Erkrankungen betroffen. Etwa 80 Prozent der arthrotischen Veränderungen im Knie gehen auf Ursachen wie Überbelastung, genetische Veranlagung, Übergewicht oder Fehlstellungen zurück. Häufig sind dann beide Knie betroffen.

Bei Schmerzen im Knie unterscheidet man zwischen dem akuten und chronischen Schmerz. Grund für einen akuten Schmerz sind meist Unfälle. Ein chronischer Schmerz entwickelt sich dagegen über einen längeren Zeitraum und nimmt im Verlauf oft zu. Gründe dafür können Über- und Fehlbelastung, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Gicht, aber auch degenerative Veränderungen und Verschleiß sein. Tino Beylich betont immer wieder, dass der Patient selbst viel für die Gesundheit seiner Knie tun kann. Eine gesunde Lebensweise mit Bewegung und eine gesunde Ernährung, mit der man Übergewicht, Diabetes- und Gichterkrankungen vorbeugt, ist dabei wichtig.

Bei einer Knieerkrankung oder Verletzung wird zunächst ein Gespräch, eine klinische Untersuchung, Röntgen, möglicherweise auch Laboruntersuchungen, MRT- oder CT-Untersuchungen durchgeführt.

Der Chefarzt betont, dass all das wichtig ist, um individuell die Diagnose zu stellen und eine Therapie zu planen. Zu den häufigsten Knieverletzungen zählen Bänderdehnung, Bänderzerrung, Bänderriss, sowohl des Außen- oder Innenbandes oder des Kreuzbandes, ein Meniskusschaden, eine Verrenkung von Kniegelenk oder Kniescheibe sowie Knorpelschäden oder Knochenbrüche. Insbesondere geht Tino Beylich auf den Kreuzbandriss ein. Wenn das vordere Kreuzband gerissen ist, gibt es mehrere Möglichkeiten der Versorgung. Das hängt von der Art der Verletzung ab, insbesondere, an welcher Stelle das Kreuzband gerissen ist und ob umliegende Strukturen mit betroffen sind. Möglich ist dann eine banderhaltende Operation oder der Ersatz des Kreuzbandes durch eine Sehne. Während bei der ersten Variante schnell operiert werden muss und insgesamt zwei Eingriffe nötig sind, kann beim Einsatz einer körpereigenen Sehne der einmalige Eingriff langfristig geplant werden. Je länger allerdings damit gewartet wird, umso länger wird auch die Heilung dauern. Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile, die individuell im Patientengespräch erörtert werden, um eine passende Lösung zu finden. Bei etwa 80 Prozent der Verletzungen des vorderen Kreuzbandes liegt auch ein Meniskusriss vor. Dieser kann, wenn nötig, mit einer Operation in Schlüssellochtechnik versorgt werden. Abhängig ist das von der Rissform, der Qualität des Meniskusgewebes und dem Bereich, in dem der Meniskus gerissen ist.

Neben den akuten Knieproblemen gibt es auch die chronischen Beschwerden. Dazu zählt eine Fehlstellung der Beinachse. Sie kann angeboren sein, aber auch aufgrund von Fehlbelastungen, Frakturen, Stoffwechselstörungen oder Entzündungen erworben sein. Man spricht dann von X- oder O-Beinen. Zunächst wird hier konservativ therapiert mit Einlagen oder Schuhranderhöhungen. Es ist aber auch eine Umstellungsoperation möglich. Das kann einen frühzeitigen Kniegelenk-Ersatz verhindern. Allerdings ist die Heilung langwierig und schmerzhaft.

Ein häufiges Krankheitsbild ist die Arthrose im Knie. Sechs Prozent aller Erwachsenen in Deutschland erkranken daran. Durch die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen leidet die Lebensqualität. Abhängig vom Alter des Patienten, dem Ort der Arthrose, der Knochenqualität und möglicher Fehlstellungen wird eine Therapie geplant. Das kann eine Kniespiegelung, eine Korrektur der Beinachse, verschiedene Prothesen oder die Versteifung des Kniegelenks sein. Insbesondere geht der Chefarzt auf die Möglichkeiten der Prothesen ein. Möglich ist die Versorgung mit Schlittenprothesen, einem Oberflächenersatz und achsgeführte Knieprothesen. Es ist von einer Reihe individueller Faktoren abhängig, für welche Prothese man sich entscheidet. Bedenken sollte man dabei aber, dass sich die Beweglichkeit verschlechtert, je mehr das Kniegelenk stabilisiert wird.

Zu den allgemein möglichen Komplikationen, wie Nachblutungen oder Infektionen, kann es auch zu speziellen Problemen, wie einer Lockerung der Prothese oder einem Bruch in der Nähe der Prothese kommen. Im Grunde halten Knieprothesen zwischen 15 und 20 Jahren. Der Patient sollte allerdings Stürze vermeiden und bei Infekten oder zahnmedizinischen Behandlungen auf Antibiotika zurückgreifen. Die Lebenszeit einer Prothese ist außerdem abhängig von der Lebensweise, also vom Körpergewicht, den Aktivitäten bzw. Sportarten. Auch die Knochenqualität spielt eine Rolle. Ein Kniegelenkersatz sollte erst erfolgen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Tino Beylich betont am Ende: „Unser Ziel ist es, durch unsere Arbeit ein Stück Lebensqualität zurück zu geben.“

Im Anschluss stand er für weitere Fragen zur Verfügung. Obwohl nicht viele Gäste den Weg ins Klinikum gefunden hatten, war die Zahl der Fragen umso größer. Geduldig und mit Humor antwortete Tino Beylich. Der Auftakt nach einer langen, pandemiebedingten Pause ist in jedem Fall gelungen.

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