Die Schwalben haben uns bereits verlassen. Auch der Zug der Kraniche hat begonnen; Höhepunkt ihrer Wanderung ist der Oktober. Unsere Zugvögel - Sinnbild der Unbeständigkeit und Unbehaustheit des Lebens und der Sehnsucht nach dem sonnigen Süden. Mesut Özil und Sami Khedira, die Fußballspieler, beispielsweise: ab nach Madrid. Ob sie jemals, wie Lukas Podolski, in den alten Horst zurückkehren? Oder Michael Ballack, aus dem Ei geschlüpft bei BSG Motor "Fritz Hecker" Karl-Marx-Stadt. Bis heute hat er, dem zuletzt allerdings das Gefieder mächtig gerupft worden ist, den Verein siebenmal gewechselt. Von typischer Zugunruhe geplagt wird auch Lothar Matthäus - nicht nur im Privatleben, sondern auch als Trainer. Jetzt ist er an der bulgarischen Schwarzmeerküste gelandet. Ach, waren das noch Zeiten, als Uwe Seeler trotz bitterster Kälte und aller italienischen Versuchungen beim Hamburger SV überwinterte. Ein echter Zugvogel ist auch der große Staatsmann Oswald Metzger: erst SPD, dann Grüne, jetzt CDU. Dort allerdings findet er trotz verzweifelter Suche keinen Nistplatz. "Unstet und launenhaft in jeder Regung sind alle Liebenden", das wissen wir schon von Shakespeare. Wo die künftigen Brutstätten von Thilo Sarrazin und Erika Steinbach liegen werden, ist noch unbekannt. Zugvögel sind natürlich auch die großen Künstler aus Film, Funk und Fernsehen. Gerade ist Harald Schmidt wieder zu Sat.1 zurückgekehrt. Knapp ein Dutzend Mal ist der Entertainer bisher zwischen allen möglichen Sendern hin und her geflattert. Im Vergleich dazu sind Günther Jauch und Johannes B. Kerner fast Standvögel. Und damit, und mit Friedrich Nietzsche, zurück zur Vogelkunde: "Die Krähen schrei'n / Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt ..." - Am heutigen Donnerstag, so weist's der Kalender aus, ist Herbstanfang.