Auch haben die Programme manchmal Probleme, das Gesagte akustisch zu verstehen. Und obwohl die Übersetzungsfähigkeiten über die Jahre immer besser geworden sind: Ein Ausdruck wie „nicht das Gelbe vom Ei“ wird immer noch zu „not the yellow of the egg“.
„KI-Modelle werden die Art und Weise, wie wir kommunizieren, verändern“
Je mehr die Programme bewältigen müssten, „desto eher versagen diese Apps derzeit noch“, erklärt deshalb auch Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin. Doch er sieht Potenzial: „Spracherkennung und Übersetzung sind Bereiche, in denen beim maschinellen Lernen noch große Fortschritte zu erwarten sind.“
Der Fremdsprachensektor stehe vor tiefgreifenden Veränderungen, heißt es beim Goethe-Institut. Denn KI-Modelle wie ChatGPT entwickelten sich rasant weiter. Sie werden, so die Annahme der Experten, „sowohl den Lernprozess als auch die Art und Weise, wie wir kommunizieren, verändern“.
Warum Fremdsprachenlernen weiter sinnvoll ist
Und wenn das passiert: Macht es dann überhaupt noch Sinn, eine Fremdsprache zu lernen? Stefanowitsch bejaht das. „Ich halte das auf jeden Fall für wertvoll.“ Denn in der Kommunikation gehe es nicht nur darum, Informationen auszutauschen, sondern auch darum, sich auf einer menschlichen Ebene miteinander auseinanderzusetzen. „Eine Freundschaft oder gar eine Liebesbeziehung werden wir auch in Zukunft nicht mit einer dauerhaft zwischengeschalteten App führen wollen“, erklärt er.
Dazu komme, dass der Mensch in andere Kulturen nur bedingt eintauchen könne, „solange uns jede Äußerung von einem Computer übersetzt werden muss“, so der Sprachwissenschaftler. In jeder Sprache stecke eine andere Perspektive auf die Welt. Diese könne nur erfahren werden, wenn die Sprache selbst gelernt werde.
„Sprachlern-Apps können die Schulstunde ergänzen, aber nicht ersetzen“
Darauf zielen auch die Experten vom Goethe-Institut und nennen als Beispiel Pflegekräfte in Deutschland, die in zunehmender Zahl nicht Deutsch als Muttersprache sprechen. Hier sorgt natürliche Sprache für Empathie. „Wollen wir in einer Welt leben, in der Pflegekräfte mit Simultanübersetzung mit ihren Patienten kommunizieren?“, fragt das Goethe-Institut.
Speaking english, lesson one: In einer Welt mit digitalen Übersetzungshilfen wirkt der Fremdsprachenunterricht in der Schule altmodisch. Trotzdem findet Stefanowitsch, dass die Kinder „im Großen und Ganzen“ auf die richtige Art und Weise lernen. Sprachlern-Apps könnten die Schulstunde ergänzen, aber nicht ersetzen, erklärt er. Beim Goethe-Institut geht man davon aus, dass sich die Rolle des Lehrers und der Unterricht verändern - „weg von der reinen Wissensvermittlung hin zu einer aktiven Begleitung der Lernenden“.
Künftig keine Hausaufgaben mehr, die mit KI erledigt werden können
Beim Lernen zu Hause könnten sich die Schüler dann von der KI die Hausaufgaben machen lassen. Das betrifft aber nicht nur Fremdsprachen, sondern auch andere Bereiche. „Wir werden in Zukunft auf alle Arten von Hausaufgaben verzichten müssen, die von sogenannten KI-Anwendungen erledigt werden können“, prophezeit der Sprachwissenschaftler.
Maschinell erzeugte Texte orientieren sich sehr stark an einer Art Durchschnittssprache. Deshalb klingen sie „immer sehr phrasenhaft und wenig persönlich“, sagt Stefanowitsch. Bei einer flächendeckenden Verwendung maschineller Simultan-Übersetzer sieht das Goethe-Institut Auswirkungen auf Mundart und Dialekte. Durch die Reduzierung auf eine Standardsprache könnten lokale und individuelle Variationen in Gefahr geraten. Außerdem: Um eine fehlerfreie Übersetzung zu gewährleisten, könnte es auch zu einer Reduzierung im Umfang des Wortschatzes kommen. Der Sprachwissenschaftler stellt fest: „Es ist besser, wenn Übersetzungen von Menschen angefertigt werden statt von Maschinen.“