Keine schöne Aussicht Bisher keine schöne Aussicht

Erik Hande
Etwa 20 Anwohner äußerten angesichts der Baupläne der VR-Bank Rhön-Grabfeld ihre Sorgen um den Erhalt der Ensembles Schöne Aussicht. Foto: /Erik Hande

Anwohner sorgen sich um Denkmalschutz

 
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Meiningen - „Das ist ein denkmalgeschütztes Ensemble und dann kommt jemand und stellt drei Kartons hin“, so beschrieb Susann Winkel die Sorge der Anwohner. Nach Feierabend trafen sich am Freitag etwa 20 Nachbarn und einige Stadträte vor Ort, um Licht in das Dunkel der Bebauungspläne zu bringen. Diejenigen, welche alles hätten aufklären können, blieben allerdings dem Treffen fern. Der künftige Bauherr, die VR-Bank, ließ sich aus Termingründen entschuldigen, hieß es seitens der Anwohner. Dafür war Ullrich Töpfer da, der sich zuvor mit Bürgermeister Fabian Giesder zum Problem kurz verständigt hatte.

Denn im Kern ging es den Anwohnern darum, die Stadtpolitik mit ins Boot zu holen, damit der Charakter des sehenswerten Villenviertels im Zuge der weiteren Bebauung erhalten bleibt. Man habe schon zwei moderne Einfamilienhäuser in den Baulücken, die aus dem Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Ensembles deutlich ausscheren. Was gibt es nun für Möglichkeiten, den Charakter des Viertels zu erhalten, wie kann die Stadt Einfluss nehmen? Das waren die entscheidenden Fragen an die anwesenden Stadträte. „Wir sind nicht gegen eine Bebauung“, stellte Susann Winkel klar. Nur sollte es eben eine ästhetisch ansprechende Variante sein und keine Kisten aus Beton, machte sie unter dem Nicken der anderen Anwohner deutlich.

Deren empfindliches Reagieren auf die Ankündigungen der VR-Bank begründet Ute Sando-Hebenstreit mit der Vorgeschichte des Grundstückes. Die darauf befindliche baufällige Villa war Mitte der 1990er Jahre ohne Erlaubnis abgerissen worden. Damit bot sich Platz für eine Bebauung. Doch in einem zwölf Jahre währenden Rechtsstreit wurden diese Pläne aufgegeben und das Grundstück schließlich verkauft. Neuer Eigentümer ist die VR-Bank, die sogar noch das Nachbargrundstück des Architekten Karsten Merkel erwarb. Mit dem zu dieser Villa gehörenden Grundstück dürften drei Gebäude statt nur zwei Platz finden, mutmaßten die Anlieger ringsum. Wobei ihre Fragen auf bereits gesichteten Plänen beruhen.

Schließlich seien am 8. Juni Vertreter des von der Bank beauftragten Vermessungsbüros aus Erfurt mit Papieren vor Ort gewesen, um am Grundstück die Maße zu erheben. Auch Bodenproben wurden kürzlich genommen und der Zaun an der Straße gesetzt. Jürgen Linke aus der Nachbarschaft konnte am Rand der Vermessungsarbeiten Pläne sehen, wie er am Freitag sagte, auf denen drei Gebäude eingezeichnet gewesen seien. Demnach müsse es also Vorstellungen geben, was an der Schönen Aussicht 13 einmal entstehen soll. Anlieger hatten auch mit Vorstandsvorsitzenden Markus Merz von der VR-Bank Rhön-Grabfeld telefoniert. In den Gesprächen sei die Zahl der geplanten Wohneinheiten mit unter 18 angegeben worden.

Rechnet man theoretisch mit dieser Zahl auf drei Häuser verteilt, dann könnten je Gebäude sechs Wohnungen entstehen. Bei zwei Wohnungen je Etage ergibt sich eine zweieinhalb- bis dreigeschossige Bauweise. Diese wiederum würde sich durchaus in die vorhandene Bausubstanz einfügen. Allein ihre architektonische Ausführung bleibt bei dieser Betrachtung komplett außen vor. Genau diese scheint aber das große Problem für die um das denkmalgeschützte Ensemble besorgten An-wohner zu sein.

Dann kommt noch ein ganz anderes praktisches Problem hinzu: der Fahrzeugverkehr, der ruhende und der rollende. Bereits jetzt sei die Parksituation an der Schönen Aussicht extrem beengt, betonten mehrere Bürger. Wenn nun noch weitere Haushalte hinzukommen, dann werde die Situation noch prekärer. Es sei denn, die neuen Wohneinheiten würden auf dem zu bebauenden Grundstück über eigene Stellflächen verfügen.

Für den rollenden Verkehr ergibt sich allerdings eine neue Situation, so eine weitere Feststellung. Denn man müsse auch das Bauvorhaben am Steinweg berücksichtigen. Dort entsteht ebenfalls eine umfangreiche neue Wohnbebauung. Diese soll an der Seite zum Steinweg eine Lärmschutzwand erhalten. Daher werde die Ein- und Ausfahrt zu dem Wohnquartier ebenfalls über die unterhalb der Schönen Aussicht liegende Bechsteinstraße erfolgen. Von dieser mit dem Auto auf die Neu-Ulmer Straße zu gelangen, sei jetzt schon ein schwieriges Unterfangen, das sich dann noch schwieriger gestalten dürfte, zeigten sich die Anwohner besorgt. Dem Stadtrat Meiningen sei zum Bauvorhaben Schöne Aussicht noch kein Entwurf zu Gesicht gekommen, erklärte SPD-Fraktionsvorsitzender Timo Krautwurst seinen Kenntnisstand. Als Stadt habe man zudem keinen Zugriff auf diese Bauplanung, so sein Verweis, denn Genehmigungsbehörde sei das Landratsamt. Das bestätigte auch Sascha Kellner, Fachbereichsleiter im Bauamt der Stadt Meiningen.

Man habe von der VR-Bank eine Präsentation gesehen, mit deren Hilfe der künftige Bauherr das Projekt einordnen wollte. Klaus-Peter Wegner, Fraktionsvorsitzender der Linken, fragte daran anknüpfend ganz praktisch, ob man das Thema nicht im Bauausschuss, der am Mittwoch tagt, behandeln könne. Die Frage der Anwohner, ob man dabei über das Vorhaben öffentlich diskutieren dürfe, mussten die Stadträte indes verneinen. Auf jeden Fall werde die Stadtpolitik das Projekt Schöne Aussicht 13 nicht aus dem Blick verlieren, lautete der Tenor der anwesenden Kommunalpolitiker.

Warum war kein Vertreter der VR-Bank vor Ort? „Wir hatten keine offizielle Einladung“, erklärte Markus Merz, der Vorstandsvorsitzende der VR-Bank Rhön-Grabfeld, auf Anfrage von Meininger Tageblatt.

Er habe mit Anwohnern telefoniert, wäre auch gekommen, wenn er nicht terminlich ohnehin anderweitig gebunden gewesen wäre. Dass die Anwohner bereits öffentlich kommunizieren, statt das persönliche Gespräch zu suchen, ärgerte ihn offenkundig. Einfach auch aus dem Grund, weil das Bankhaus bei solchen Vorhaben ohnehin von sich aus das Gespräch mit den Nachbarn suchen würde. „Wir haben frühestens im vierten Quartal Entwürfe“, begründete Markus Merz die Zurückhaltung der Bank. „Man kann noch nicht darüber reden, wenn noch nichts spruchreif ist“, meinte er zu den noch nicht vorhandenen Entwürfen.

Der Termin bei der Stadt habe dazu gedient, zu erörtern, welche Bebauung möglich ist und welche Rahmenbedingungen gelten. Die Hälfte der Anwohner, die am Freitag diskutierten, hätten seine Handynummer, er sei gern bereit zu sprechen. Aber eben erst dann, wenn es etwas gibt, worüber man wirklich diskutieren kann.

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