Katholische Kirche Sankt Carlo – ein Heiliger fürs Internet

Dominik Straub
Ein großes Porträt Carlos ziert seine Seligsprechung im Oktober 2020. Foto: imago/Massimiliano Migliorato

Der Mailänder Gymnasiast Carlo Acutis ist 2006 im Alter von 15 an Leukämie gestorben. Seither soll er zwei Wunder bewirkt haben. Nun wird er heiliggesprochen.

 
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Carlo Acutis, geboren 1991 und seliggesprochen 2020, ist der erste sogenannte Millennial der katholischen Kirche, der heiliggesprochen wird – sozusagen eine Heiligsprechung 2.0. Er war, wie seine Mutter Antonia gegenüber dem „Corriere della Sera“ sagte, „ein ,ragazzino’ (kleiner Junge) wie alle anderen auch gewesen“. Er hatte eine Playstation, liebte seine Katzen und seinen Hund, mochte Actionfilme, kickte mit Freunden – und er saß oft am Computer. Darin war der Mailänder Gymnasiast gut: Am PC, den ihm seine Eltern im Alter von neun Jahren geschenkt hatten, programmierte Carlo komplizierte Algorithmen, erstellte Websites mit Multimedia-Inhalten und fertigte Layouts für Internet-Zeitungen.

Carlo ging täglich in die Messe

Noch heimischer als in der virtuellen Welt fühlte sich Carlo freilich in der spirituellen Welt. Schon als Siebenjähriger habe er ein Kloster besucht, um vorzeitig die Kommunion zu erhalten; danach sei er täglich mindestens einmal in die Kirche gegangen, um zu beten, sagt die Mutter. Darin unterschied sich Carlo dann doch erheblich von den anderen „ragazzini“. Als Gymnasiast habe er neben seinen schulischen Verpflichtungen begonnen, sich um Obdachlose, Flüchtlinge und andere Bedürftige in seinem Viertel zu kümmern. Auf seiner Facebook-Seite sprach er regelmäßig von der Schönheit des Glaubens – was ihm den Namen „Influencer Gottes“ eintrug. Zu seinem Begräbnis im Oktober 2006 seien Hunderte von Menschen gekommen – Menschen, die sie zuvor noch nie gesehen habe.

Carlo starb im Alter von erst 15 Jahren an Leukämie; er wurde auf eigenen Wunsch in Assisi begraben. Neben seinem Einsatz für Bedürftige hat der Gymnasiast in seinem kurzen Leben ein beträchtliches geistiges Erbe hinterlassen. Unter anderem hatte er eine virtuelle Ausstellung über rund 140 eucharistische Wunder zusammengetragen, die sich nach katholischer Auffassung in der ganzen Welt ereignet haben. Sie ist inzwischen in Tausenden Pfarreien auf dem ganzen Globus gezeigt worden.

Unerklärliche Heilungen

Zwei auf seine Fürbitte erfolgte Wunder werden Carlo zugeschrieben. Das erste, das zur Seligsprechung von 2020 erforderlich gewesen war, bestand in der unerklärlichen Heilung einer jungen Frau aus Costa Rica, die bei einem Sturz mit dem Fahrrad einen schweren Hirnschaden erlitt, im Koma lag und künstlich beatmet werden musste. Ihre Mutter ging zu Carlos Grab in Assisi und hinterließ einen Zettel, in welchem sie ihn um seine Hilfe bat. Als die Frau nach Hause kam, atmete die Tochter bereits wieder ohne maschinelle Hilfe. Sie erholte sich schnell. Das zweite Wunder, das Papst Franziskus erst kürzlich anerkannte, betrifft die Heilung eines brasilianischen Jungen, der an einer potenziell todbringenden Erkrankung der Bauchspeicheldrüse litt.

Das Datum für die feierliche Heiligsprechung in Rom ist noch nicht bekannt. Im Vatikan gehen viele davon aus, dass der „Influencer Gottes“ bald zum offiziellen katholischen Schutzpatron des Internets werden könnte. Obwohl es einen solchen eigentlich bereits gibt: Der heilige Isidor von Sevilla war ein Kirchenvater, der das Wissen seiner Zeit zusammengetragen hatte – eine Art Ein-Mann-Wikipedia. Isidor lebte von 560 bis 636 nach Christus. Ein Update in der Person des künftigen Heiligen Carlo Acutis wäre zweifellos angemessen.

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