Doch genau daran gebe es aus zwei Gründen erhebliche Zweifel, sagt Agrarinvestor Christopher von Hugo. Einerseits habe Caspari vorgetäuscht, dass seine neue Gesellschaft die direkte Rechtsnachfolgerin der insolventen Weißbachtal Agrar GmbH ist. Andererseits sieht der beigefügte, neue Landpachtvertrag – der eine Laufzeit von zwölf Jahren hat, rückwirkend zum 1. Januar 2018 beginnt und am 31. Dezember 2029 endet – eine neue Vertragsklausel vor. In Paragraf 6 heißt es: „Unterverpachtung und der freiwillige Flächentausch ist gestattet, (…).“ Davon ist in den alten Pachtverträgen mit der Agrar GmbH keine Rede gewesen. Darin war eine Unterverpachtung ausgeschlossen worden.
Da das Anschreiben den Anschein erweckt habe, dass sich außer einem erhöhten Pachtzins zugunsten der Verpächter nichts ändere, hätten wohl viele den neuen Vertrag arglos unterschrieben, vermutet von Hugo. Seinen Angaben zufolge ergibt sich daraus das Problem, dass sie ihre Flächen zweimal verpachtet hätten, was nicht möglich sei: zum einen für die Restlaufzeit des alten Pachtvertrages an die insolvente Agrar GmbH, zum anderen ab 2018 an die neue Landwirtschafts GmbH & Co. KG. Weil das offenbar auch Hagen Caspari aufgefallen sei, habe dieser im Juli 2021 ein weiteres Schreiben an die Verpächter adressiert und sie aufgefordert, den Altvertrag zu kündigen.
Auf diese Weise, so von Hugo, habe Caspari versucht, sich möglichst viele langfristige Pachtverträge für die Bewirtschaftung und Nutzung landwirtschaftlicher Flächen zu sichern, um diese dann gewinnbringend unterverpachten zu können. Damit wolle Caspari per Einmalzahlung für die Gesamtlaufzeit von zwölf Jahren schnell und groß Kasse machen. Bei einem Verkauf der Verträge, die für einzelne Verpächter jährlich teilweise nur zwei- oder dreistellige Summen in geringer Höhe vorsehen, kämen angesichts bei rund 100 Pächtern schnell sechs- oder gar bis zu siebenstellige Summen zusammen. Auch von Hugo selbst seien von Caspari bereits Flächen per Unterpachtvertrag zu einem einmaligen Kaufpreis für die gesamte Laufzeit angeboten worden. Dies habe er aber abgelehnt, sagt der Agrarinvestor.
Nach Ansicht von Christopher von Hugos Rechtsanwalt, Christian Schubert aus Frankfurt/Main, haben die Verpächter das Recht, ihre neuen Pachtverträge wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Was übersetzt soviel heißt: Es bestehe ein Verdacht, dass die Verpächter mit der im Anschreiben behaupteten Umfirmierung oder Namensänderung der Gesellschaft ausgetrickst und getäuscht worden sein könnten. Zu der Versammlung in Themar ist ihnen deshalb empfohlen worden, ihre Verträge diesbezüglich noch einmal genau zu prüfen.
Von Hugo möchte mit allen Flächeneigentümern ins Gespräch kommen und ihnen ein faires Angebot für eine Pacht oder den Erwerb der Flächen unterbreiten. Dafür hat er ein Büro samt Ansprechpartner in Themar eingerichtet und wolle einmal pro Woche selbst vor Ort sein.
Darüber hinaus haben er und seine Mitarbeiter versichert, auf Ackerflächen keine Mais-Monokultur für den Betrieb der Biogasanlagen anpflanzen zu wollen, sondern einen nachhaltigen Anbau mit Fruchtfolge. Außerdem wolle er vom kommenden Jahr an die drei Biogasanlagen in Henfstädt, Lengfeld und Themar vor allem mit Gülle und Mist aus seinen Landwirtschaftsbetrieben bestücken. Und er wolle mit dem Bau- und Umweltamt der Kreisverwaltung Hildburghausen ins Gespräch kommen, wie man die Konflikte der Vergangenheit künftig mit einem sachgerechten Betrieb der Biogasanlagen vermeiden könne.
Der noch bis Jahresende für die drei Biogasanlagen zuständige Betriebspächter Hagen Caspari weist auf Nachfrage unserer Redaktion den Vorwurf einer arglistigen Täuschung aufs Schärfste zurück. „Die Rechte und Pflichten aus den Altpachtverträgen der insolventen Weißbachtal Agrar GmbH wurden uns vom Insolvenzverwalter Peter Scholl bereits im Rahmen eines Betriebsübergangs übertragen“, heißt es in einem Schreiben der Weißbachtal Landwirtschafts GmbH & C. KG.
Darüber hinaus sollten die Pachtverträge an das neue Unternehmen angepasst werden. „Dies wurde vom Insolvenzverwalter auch entsprechend schriftlich gegenüber den Verpächtern kommuniziert“, teilt Hagen Caspari mit. Auch die Anschreiben zu den neuen Pachtangeboten und Pachtverträgen seien dem Insolvenzverwalter bekannt gewesen. „Die Formulierung, dass sich für die Verpächter keine weiteren Änderungen ergeben, bezog sich hierbei auf die Bewirtschaftung der Flächen, der Betriebsorganisation und die ihnen vertrauten Ansprechpartner, nicht auf einzelne Passagen des neuen Landpachtvertrages.
Die Verpächter hätten vor der Unterzeichnung von den neuen Vertragsbedingungen Kenntnis nehmen und an der Vertragsgestaltung mitwirken können. Viele hätten das genutzt. Auch sei der Passus der Unterverpachtung ohne Zustimmungsvorbehalt von den Verpächtern nahezu nicht beanstandet worden, heißt es in Casparis Schreiben. Eine ehemalige Mitarbeiterin, die damals die Anschreiben verfasst und auch die Vertragsverhandlungen geführt habe, sei jetzt bei Christopher von Hugo angestellt. Weshalb dieser sein Unternehmen durch derart haltlose Äußerungen schädigen wolle, ist für Hagen Caspari nicht nachvollziehbar.
Der vollzogene Verkauf der Biogasanlagen in Henfstädt, Lengfeld und Themar ist zu einem Kampf um Pachtflächen ausgeartet, bei dem es offenbar mit Haken und Ösen zur Sache geht. Der Kampf ist Teil eines Wirtschaftskrimis um Biogasanlagen, der demnächst seine Fortsetzung vor dem Landgericht Mühlhausen findet. Die Wirtschaftsstaatsanwaltschaft hat nach Angaben ihres Pressesprechers im März dieses Jahres Anklage gegen die Weißbachtal Agrar GmbH und dessen ehemaligen Inhaber und Geschäftsführer Hagen Caspari erhoben.
Ihm wird gemeinschaftlicher Betrug in besonders schweren Fällen zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er Manipulationen an Biogasanlagen lediglich vorgetäuscht hat, um staatliche Bonuszahlungen geltend machen zu können. Die Anklage listet unter dem Aktenzeichen 540 JS 40098/15 insgesamt 39 Fälle auf. Ein Gerichtstermin vor dem Landgericht Mühlhausen ist bisher nicht anberaumt.