KAG Oberzentrum Südthüringen Fazit: Alles ist gut so wie es ist

Die Bürgermeister von Oberhof, Thomas Schulz, Zella-Mehlis, Richard Rossel, Suhl, André Knapp, und Schleusingen, André Henneberg (von links), haben vor einem Jahr die kommunale Arbeitsgemeinschaft Oberzentrum Südthüringen gegründet. Foto: /Michael Reichel

Die vier Bürgermeister der kommunalen Arbeitsgemeinschaft Oberzentrum Südthüringen ziehen nach einem Jahr Bilanz.

 
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Die Kommunale Arbeitsgemeinschaft Entwicklung Oberzentrum Südthüringen ist gerade wieder in aller Munde, da die Städte Meiningen und Schmalkalden ihren Anspruch angemeldet haben, dem Viererbündnis eines künftigen Oberzentrums anzugehören („Freies Wort“ berichtete). Anstelle von Oberhof und Schleusingen übrigens, die seinerzeit gemeinsam mit Suhl und Zella-Mehlis die kommunale Arbeitsgemeinschaft begründeten. Sie seien verzichtbar, meinen die Stadtoberhäupter von Meiningen und Schmalkalden. Alles ist gut so wie es ist, finden dagegen die vier Bürgermeister aus Suhl, Zella-Mehlis, Schleusingen und Oberhof. Sie beantworten Bürgeranfragen und ziehen nach einem Jahr interkommunaler Zusammenarbeit eines erstes Fazit.

Regionales Entwicklungskonzept, Oberzentrum, Kommunale Arbeitsgemeinschaft – das ist bestes Verwaltungsdeutsch. Was steht hinter diesen sperrigen Begriffen und was bringt es den Bürgern?

Thomas Schulz (Bürgermeister Oberhof): Zusammen sind wir stärker. Keiner von uns hat es alleine im Kreuz, Oberzentrum zu werden. Ein regionales Schwergewicht zu sein wie Jena oder Erfurt. Oberzentrum heißt hochwertiges Lebensumfeld für die Bürger, ein umfangreiches Einkaufsangebot oder eine optimale Verkehrsanbindung innerhalb und außerhalb der Städte. Also mehr Angebot für die Bürgerinnen und Bürger und Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung. Es lohnt sich, gemeinsam darauf hinzuarbeiten.

Was sind die nächsten formalen Schritte beziehungsweise wo stehen Sie bei dem Wunsch, diesen Mehrwert für die Bürger Ihrer Städte zu erreichen?

Richard Rossel (Bürgermeister Zella-Mehlis): Die vier Städte werden hoffentlich noch dieses Jahr als Oberzentrum im Landesentwicklungsprogramm Thüringen definiert. Wir sind aufgrund unserer bisherigen Vorarbeit zuversichtlich. In unserem Regionalen Entwicklungskonzept sind konkrete Projekte festgelegt, die wir interkommunal erreichen sollen und auch wollen. Wir planen und entwickeln unsere Städte zusammen, ziehen im Tourismus an einem Strang und treten in der Kommunikation als Einheit auf. Das ist nur ein Auszug aus den laufenden Projekten. Es gibt vieles, was wir bereits angehen, um künftig als Oberzentrum agieren zu können.

Wie arbeiten Sie momentan zusammen?

André Henneberg (Bürgermeister Schleusingen): Wir Bürgermeister arbeiten in der sogenannten kommunalen Arbeitsgemeinschaft zusammen. Diese hat den Überblick über alle laufenden Themenprojekte und trifft die strategischen Entscheidungen. Fachleute aus den vier Städten besprechen in regelmäßigen, von einer externen Beratung moderierten, Expertenrunden die Inhalte der Projekte und treiben sie voran, zum Beispiel zu Tourismus und Stadtplanung. Dass wir das professionell machen und schon viel geschafft haben, wurde uns von anderen Kommunen beim Treffen der Modellvorhaben „Aktive Regionalentwicklung“ gespiegelt. Sie bestätigten uns, dass wir im Vergleich schon sehr weit in der Umsetzung sind.

André Knapp (Oberbürgermeister Suhl): Wir haben auch nicht bei null angefangen. Seit 2018 arbeiten wir schon in der kommunalen Arbeitsgemeinschaft zusammen. Aufgaben sind schon jetzt zusammengelegt. Zum Beispiel heiraten Paare aus Oberhof im Standesamt von Zella-Mehlis. Unser enger Austausch hat sich beim kürzlichen Cyberangriff auf unsere Verwaltung bestens bewährt. Wir setzen uns auch für Themen ein, die für die Zukunft unserer Region wichtig sind. Aktuelles Beispiel ist der Erhalt der Frühchenstation am SRH-Zentralklinikum Suhl. Hier ist es von Vorteil, dass wir nachvollziehbar auf dem Weg zum Oberzentrum sind. Ein solches bietet seinen Bürgern genau solche hochwertigen Angebote.

Daran wollen auch die Städte Meiningen und Schmalkalden partizipieren. Sie berufen sich auf ein Gutachten der Fakultät für Raumplanung der Universität Dortmund. Hier heißt es, dass ein Zusammenschluss dieser Städte mit Suhl und Zella-Mehlis aufgrund vorhandener oberzentraler Einrichtungen wie Theater und Hochschule mehr Sinn ergebe.

Thomas Schulz: Natürlich werden unsere Bemühungen, in Südthüringen ein dringend benötigtes, starkes Oberzentrum zu schaffen, beobachtet. Und ebenso selbstverständlich ist, dass es verschiedene Gedankenansätze und Interessenslagen hierzu gibt. Suhl, Zella-Mehlis, Schleusingen und Oberhof haben bei vielen Gelegenheiten immer wieder festgestellt, wie eng die vier Orte verbunden sind. Die Grenzen sind fließend, die Abhängigkeiten, direkt oder indirekt, groß. Diese Tatsache kommt bereits jetzt, wie zuvor gesagt, Bürgern zugute. Deshalb haben sich die vier Städte gemeinsam auf den Weg gemacht ein Zentrum zu schaffen, das auf lange Sicht ein gesundes Wachstum in allen Bereichen schafft beziehungsweise sichert. Wir alle kennen heute schon die Bevölkerungsentwicklung der nächsten Jahrzehnte, und wir kennen auch die finanziellen Spielräume. Wir wissen, keiner der eng angrenzenden Städte wird es zukünftig alleine möglich sein, alle wichtigen Standortfaktoren abzusichern. Alle etwas weiter entfernten Nachbarstädte wie zum Beispiel Meiningen und Schmalkalden waren und bleiben in diesem Prozess Partner. Ich bin überzeugt, ein starkes Oberzentrum wird das Umland und damit auch Schmalkalden und Meiningen entscheidend stärken. Meine Kollegen und ich appellieren daher an unsere Nachbarn: Wir brauchen Partner und keine Gegner, damit das Oberzentrum Südthüringen ein Erfolg wird und einen Mehrwert für alle bietet. Wir stehen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit jederzeit zur Verfügung.

Zur Förderinitiative „Aktive Regionalentwicklung“: Innerhalb der Förderinitiative „Aktive Regionalentwicklung“ werden die vier Städte bis 2023 mit 700 000 Euro Fördermitteln vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) unterstützt.

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