Jugendfeuerwehr geht neue Wege Ungewohnt, aber wenigstens sieht und hört man sich

Von Cathrin Nicolai
Sam hat vor seinem Laptop ein Teelicht angezündet, was zur Übung „Brennen und Löschen“ gehört. Foto: Privat

Karolin Barcsik und ihr Team von der Jugendfeuerwehr Neuhaus-Schierschnitz laden ihre 23 Mädchen und Jungen statt ins Gerätehaus vor den Bildschirm ein. Zusammen gibt es kleine Trainingseinheiten, Schulungen und auch mal Spiele.

 
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Neuhaus-Schierschnitz - Eigentlich treffen sie sich alle 14 Tage am Gerätehaus mitten im Ort, um hier Neues zu lernen, ihr Wissen zu vertiefen oder um die einzelnen Geräte und natürlich das Feuerwehrauto besser kennenzulernen. Zwischendurch fahren sie von dort aus aber auch zum Fabrikteich oder an die alte Kaserne, um dort für die verschiedenen Wettkämpfe zu trainieren. „Das geht aber leider jetzt über ein Jahr nicht mehr“, bedauert Karolin Barcsik, Jugendwart der Jugendfeuerwehr Neuhaus-Schierschnitz. „Ihre“ Kinder geben ihr recht. „Das ist so schade“, stimmen sie zu. Um den Kontakt nicht einschlafen zu lassen, hat sich das Betreuer-Team einiges einfallen lassen. Seit Kurzem gehört da auch ein Online-Ausbildung dazu.

„Am Anfang waren wir natürlich alle geplättet und konnten es nicht glauben, dass wir uns nun nicht mehr regelmäßig sehen werden“, erinnert sich die Leiterin der Jugendfeuerwehr. „Das wird schon nicht so lange dauern“, hoffte man noch. Doch wie alle inzwischen wissen – es dauert. „Aber die Kinder brauchen das“, weiß Karolin Barscik. Sie ist mit Leib und Seele Feuerwehrfrau, konnte ihr Hobby zum Beruf machen und ist im Landratsamt für die Feuerwehr tätig. „Am liebsten jedoch bin ich selber im Einsatz oder arbeite mit meinen Kindern“, ist sie überzeugt. Genau wie für die Großen gibt es auch für die Kleinen einen „Dienstplan“. Hier können die Floriansjünger nachschauen, was für das nächste Treffen geplant ist. Neben der eigentlichen Ausbildung gehört dazu auch mal ein Spielenachmittag oder ein Ausflug. „Die Kinder fühlen sich in der Gemeinschaft wohl und auf genau das müssen sie jetzt schon so lange verzichten“, sagt die junge Frau.

Für den Übergang hat sie sich man sich verschiedenen Bastelmöglichkeiten überlegt, denn kreativ sind die Kids. So sind einmal aus alten Uniformen und Feuerwehrschlauch in vielen Stunden Handarbeit Federmappen für die Kids entstanden. Mit Unterstützung der Thüringer Jugendfeuerwehr, die Füllmaterial wie Kulis, Lineale, Bleistifte oder Schlüsselanhänger zur Verfügung stellte, hat man nun für Schule und Freizeit Begleiter, die verraten, welches Hobby man hat. Umfunktioniert wurden auch alte, ausgediente Helme. Einige kommen nun bei Wasserspielen zum Einsatz, andere wurden zu einer Spendenbox der etwas anderen Art umgebaut. Aus alten Strahlrohren, die man gefunden hat, sind inzwischen Lampen geworden, die im Eingangsbereich des denkmalgeschützten Feuerwehrgerätehauses einen passenden Platz gefunden haben. Basteln kann man auch allein klar. Deshalb hat man in regelmäßigen Abständen Bastelmaterialien ausgefahren, Malbücher oder Feuerwehr-Zeitschriften vorbeigebracht. Für eine Übergangszeit hielt man so wenigstens ein bisschen Kontakt. „Aber auf die Dauer war es nichts“, ist sich der Jugendwart sicher. Den Kindern fehlt einfach das persönliche Zusammentreffen, die Gespräche, die sie mit den anderen sonst führen. „Die Kameradschaft wurde uns komplett genommen“, macht sie deutlich. Aber die brauchen „ihre“ Kinder, denn manch einer muss auch mal seine Sorgen und Nöte loswerden.

Inzwischen fast überall gang und gäbe denkt Karolin Barcsik über Videocalls nach. Sie macht sich schlau und fragt unter anderem beim Technischen Hilfswerk nach. Nachdem sie speziell dafür einen Lehrgang entdeckt, absolviert sie den und fragt bei den Eltern nach. Die finden das Vorhaben toll, denn auch sie merken, dass die Feuerwehr Sohn oder Tochter fehlt. Dank Unterstützung des Ortsbrandmeisters kann man sich die technisch, bessere Version zulegen. Eltern und Kinder sind eingewiesen und es kann losgehen.

Gespannt sitzen alle vor den Computern. Natürlich ist man ein bisschen aufgeregt, aber das geht wohl jedem so. Die anfängliche Skepsis ist bald gewichen und gemeinsam absolvieren die Feuerwehrmänner und -frauen von morgen ihre Ausbildung. In die Ausbilderrolle teilen sich die Betreuer rein. In der Gerätekunde beispielsweise räumt Karolin Barcsik ein Feuerwehrautos aus und erarbeitet zusammen mit den Mädchen und Jungen, was alles in so einem Einsatzfahrzeug sein muss. Welche Teile zu einem perfekten Feuerwehr-Outfit gehört, wissen die Kleinen natürlich schon. Auf ihre Fragen gilt es das richtige Kärtchen in die Kamera zu halten. A, B, oder C? – gar nicht so einfach. Auf Youtube hat sich das fünfköpfige Betreuerteam verschiedene Spiele herausgesucht, die man zusammen mit den Kindern spielt. Aus Streichhölzern muss ein Quadrat gebaut werden. Das geht noch. Aber wie bittschön soll eine Tomate ins Glas kriegen, ohne die anzufassen. Ganz schön knifflig, aber die Jugendfeuerwehr-Mitstreiter haben es raus. In ganz kleinem Kreis – mal ein oder zwei Mann – und unter Pandemievorschriften dufte auch mal vor Ort geübt und eine Hydrant aufgeschraubt oder ein Standrohr gesetzt werden. „Aber das war ja dann ganz vorbei“, bedauern alle.

Viel zu kurz kommt während Corona wohl jedem die Bewegung. Aber bei Wettkämpfen müssen die Sechs- bis 16-Jährigen fit und vor allem schnell sein. Deshalb hat man auch das in die Videocalls eingebaut und schickt die Mädchen und Jungen jetzt los, verschiedene Sachen zu holen. Aber auch wenn man wenigstens ein bisschen Jugendfeuerwehrluft schnuppern kann – viel schöner wäre es für alle, wenn man wieder genau wie die Großen zum Dienst ins Gerätehaus kommen dürfte.

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