Jubiläum „Die Sparkasse ist eine sichere Bank“

Wolfgang Braunschmidt

Das Coburger Geldinstitut blickt auf eine 200-jährige Geschichte zurück. ­Vorstandsvorsitzender ­Martin Faber und Vorstand Roland Vogel zeigen im Interview auf, wie sich das Unternehmen in einem schwierigen Marktumfeld behauptet.

 
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Roland Vogel und Martin Faber, die Vorstände der Sparkasse Coburg-Lichtenfels, die vor 200 Jahren gegründet wurde. Foto: Max Hoerath Design

Am 13. November 1821 hat die „Coburger Armenkommission“ die Gründungsstatuten einer Sparkasse in der Vestestadt bekannt gegeben. Wie geht das Geldinstitut mit diesem Jubiläum um?

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Martin Faber: Wir sind stolz darauf, dass unser Unternehmen seit 200 Jahren besteht. Das ist ein nicht alltägliches Jubiläum. Ich will aber nicht verhehlen, dass die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank unsere Sparkasse Coburg-Lichtenfels wirtschaftlich schwer erschüttert. Vor diesem Hintergrund haben wir gesagt, wir feiern im bescheidenen und angemessenen Rahmen …

… was die Corona-Pandemie sicher weiter eingeschränkt hat.

Faber: Das trifft zu, da ist einiges unter die Räder gekommen.

Zum Beispiel …

Faber: … eine Veranstaltung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder ein Sportevent für Vereine, den wir geplant hatten.

Das könnte man nachholen.

Faber: Das haben wir uns überlegt. Aber es ist so wie mit einem runden Geburtstag, den man ein Jahr später feiert.

Stadt und Landkreis Coburg haben den Festakt zum 100. Jahrestag des Anschlusses an den Freistaat Bayern vor wenigen Tagen mit einem Jahr Verzögerung gefeiert.

Faber: Wir machen uns tatsächlich Gedanken, ob wir eine öffentliche Veranstaltung zum 200-jährigen Bestehen nachholen werden.

Bei der Sparkassengründung ging es darum, unteren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit zu geben, ihr Geld zinsbringend anzulegen. Hat sich dieser Gründungsauftrag bis heute erhalten?

Roland Vogel: Gewinnbringend und sicher: Das sind die beiden Pfeiler, die unser Haus tragen. Insbesondere das Thema Sicherheit spielt bis heute eine große Rolle für alle unsere Kundengruppen. Gerade in der Finanzmarktkrise hat sich gezeigt, dass die Sparkassen eine sichere Bank sind, die großes Vertrauen genießen.

Wie beschreiben Sie die Entwicklung von 1821 bis in die heutige Zeit?

Vogel: Wir haben Konzepte für alle unsere Kundengruppen entwickelt, für kleinere Geldanlagen ebenso wie für große, je nach Risikoneigung des einzelnen. Wir arbeiten hier bedarfsorientiert. An diesem Grundsatz hat sich in 200 Jahren nichts geändert.

Die größten Zielgruppen der Sparkasse waren bei ihrer Gründung Handwerker und Dienstboten. Und heute?

Faber: Die Zielgruppen reichen vom „kleinen Mann“ über Vereine und Organisationen bis zum Unternehmenskunden, wobei der Mittelstand im Wirtschaftsleben unseres Geschäftsbereichs Coburg und Lichtenfels eine tragende Rolle einnimmt. In diesem breiten Spektrum fühlen wir uns als Sparkasse zu Hause.

Das Geschäftsmodell der Sparkasse war über zwei Jahrhunderte ausgerichtet auf die Erzielung von Zinsüberschüssen. Das funktioniert heute nicht mehr. Warum?

Vogel: Dazu Grundsätzliches zu unserem Geschäftsmodell: Wir reichen Einlagen unserer Kunden als Kredite aus. Des Weiteren legen wir Gelder gewinnbringend und sicher am Kapitalmarkt an. Vom Zinsüberschuss, den wir dabei erzielen, erwirtschaften wir unsere Kosten und Gewinne. Des Weiteren legen wir Gelder gewinnbringend und sicher am Kapitalmarkt an. Dieses Modell funktioniert nur noch eingeschränkt, weil zum Beispiel der Bund bei Anlagen im Zehn-Jahres-Bereich gegenwärtig Negativzinsen erhebt. Das bedeutet, dass wir etwas bezahlen müssen, wenn wir hier Geld anlegen. Das macht sich bei unserer Ertragslage stark bemerkbar.

Wie viel Prozent fließen an „Strafzinsen“ ab?

Vogel: Das hängt von der Laufzeit ab. Im kurzfristigen Bereich sind es derzeit 0,5 Prozent, die die Europäische Zentralbank von uns verlangt, im Zehn-Jahres-Bereich bei Bundeswertpapieren sind wir gegenwärtig bei etwa 0,2 Prozent.

Warum lassen Sie das Geld dann nicht bei Ihnen im Tresor?

Faber: Der Tresor würde überlaufen. Aber im Ernst: Wir haben eine Bilanzsumme von 3,166 Milliarden Euro. Wir haben 2,5 Milliarden Euro an Kundeneinlagen und wir haben ein Kreditvolumen von 1,8 Milliarden Euro.

Vogel: Den Differenzbetrag zwischen Einlagen und Krediten versuchen wir ertragreich am Kapitalmarkt anzulegen. Aber da stellt sich wieder das Problem der Negativzinsen, wenn man in die ganz sicheren Anleihen gehen will.

In solchen Situationen erschließen sich Unternehmen neue Geschäftsfelder.

Faber: Unsere DNA ist die Finanzdienstleistung. Wir konzentrieren uns auf das Finanzierungsgeschäft, das funktioniert nach wie vor gut. Gleiches gilt für das Provisionsgeschäft, beispielsweise im Versicherungsbereich, oder für das Wertpapiergeschäft als Alternative für den Sparzins, den es ja nicht mehr gibt. Wir freuen uns, dass unsere Kunden das verstanden haben.

Die Sparkasse unterstützt viele öffentliche Einrichtungen, Vereine, karitative Verbände, Hilfsorganisationen. Kann das Unternehmen diese Förderung aufrechterhalten?

Vogel: Das wollen wir, weil auch das zu unserer DNA gehört. Wir führen unsere Gewinne ja nicht in Form von Dividenden an Aktionäre ab, sondern behalten sie im Haus, um auch künftig Wachstum im Kreditgeschäft darstellen zu können; auf der anderen Seite wollen wir etwas in die Region zurückgeben.

Konkret?

Vogel: Nach wie vor fördern wir jährlich rund 500 Projekte in unserem Geschäftsgebiet in Coburg und Lichtenfels. Das Spektrum ist weit gefächert, reicht vom Sport über die Kultur bis ins Soziale. Dazu kommt die Förderung über unsere eigene Stiftung, die zum 175-jährigen Bestehen unserer Sparkasse ins Leben gerufen wurde. Wir haben zudem ein neues Instrument geschaffen, um Bürgerinnen und Bürger am Stiftungswesen teilhaben zu lassen. Unser Ziel ist, auch in diesem Bereich näher an der Bevölkerung dran zu sein. Auch wenn sich die Ertragssituation ändert, werden wir, was die Förderung des öffentlichen Lebens anbelangt, weiterhin unserem Auftrag gerecht werden.

In der Geschichte der Sparkasse gab es immer wieder Fusionen: mit den Sparkassen in Rodach und Neustadt schon vor langer Zeit, mit Lichtenfels in jüngster Vergangenheit. Muss es weitere Zusammenschlüsse geben, um sich als Geldinstitut besser in einem umkämpften und schwieriger gewordenen Markt behaupten zu können?

Faber: Das ist ein spannendes Thema. Die Fusion Coburg-Lichtenfels hat uns als Sparkasse sehr gutgetan. Wir sind in der Lage, über Spezialisten sehr viele Felder abzudecken. Und wir haben eine Größenordnung erreicht, wo wir in der Mitte der deutschen Sparkassenlandschaft liegen. Eine absolute Notwendigkeit für eine Fusion gibt es für uns nicht.

Auch nicht mit Blick auf eine Verbesserung der Ertragslage?

Faber: Wir stellen fest, dass diese nicht abhängig ist von der Größe einer Sparkasse, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen Rentabilität und Größe gibt. Wenn man fusioniert, wachsen auch die Probleme, die man hat. Damit allein ist noch nichts gewonnen. Man muss wirtschaftliche Folgen eines Zusammenschlusses genau prüfen. Und natürlich sprechen auch die Eigentümer ein Wort mit.

Wer ist das?

Faber: Die Städte, Gemeinden und Landkreise in Coburg und Lichtenfels. Wir schauen sehr genau, was am Markt passiert. Fusion kann da ein probates Mittel sein. Derzeit sehe ich das aber nicht, wir fühlen uns in einem durchaus schwierigen Umfeld sehr gut aufgestellt. Das belegen ja auch unsere Zahlen.

Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung einen starken Schub verliehen. Welche Möglichkeiten ergeben sich für Ihr Unternehmen aus dieser Entwicklung?

Vogel: Digitalisierung ist für uns nicht erst seit Corona ein Thema, sondern schon seit langer Zeit, auch wenn die Pandemie zusätzlich Geschwindigkeit in die Entwicklung gebracht hat. Wir bieten immer mehr Serviceleistungen in unserer Internetfiliale an. Das reicht vom klassischen Home-Banking bis hin zur videounterstützen Beratung über Geldanlagen oder eine Kreditfinanzierung, über Leasing oder das Wertpapiergeschäft. Und natürlich gibt es weiterhin unsere Beratungscenter und unser Servicecenter, das telefonisch erreichbar ist. Der Kunde entscheidet, welchen Weg er zu uns wählt.

Faber: Mehr als die Hälfte unserer 80 000 Kundinnen und Kunden, die bei der Sparkasse Coburg-Lichtenfels Konten unterhalten, stehen über das Internet mit uns in Verbindung.

Welche Perspektiven sehen Sie für die Zukunft der Sparkasse Coburg-Lichtenfels?

Faber: Sie muss sich neuen Entwicklungen stellen. Dafür stehen Begriffe wie Blockchain oder digitale Währungen wie der digitale Euro, über dessen Einführung die Europäische Zentralbank berät. An den Finanzmärkten wird sich viel tun. Schaden muss uns das nicht.

Können Sie das, bitte, präzisieren?

Faber: Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Die Menschheit kann seit 1969 zum Mond fliegen. Jüngst sind die ersten Touristen ins All gestartet. Aber nicht jeder wird das tun. Übertragen auf unser Geschäftsmodell heißt das, auch wenn heute jedermann Finanzgeschäfte tätigen kann, wird es doch weiterhin viele Menschen geben, die in Geldangelegenheiten Beratung suchen, die sie gerade bei komplexen Sachverhalten schätzen – ebenso wie Kompetenz und Sicherheit, die Experten bieten. Das wird auch in den nächsten 100 Jahren bleiben. Für uns ergibt sich daraus der Auftrag, den Kunden und seine Bedürfnisse in den Fokus zu stellen, wie wir das seit 200 Jahren tun.

Daten & Fakten

• Als Gründungsdatum der Sparkasse Coburg gilt der 13. November 1821. An diesem Tag wurden die Statuten der „Spar- und Hülfskasse“ in Coburg veröffentlicht.

• 2005 schlossen sich die Sparkassen Coburg und Lichtenfels zusammen.

• Die Kundeneinlagen lagen im Geschäftsjahr 2020 mit 2,537 Milliarden Euro über dem Stand des Vorjahrs, der Kreditbestand erreichte 1,788 Milliarden Euro. Die Bilanzsumme überstieg erstmals die Marke von 3 Milliarden Euro. Sie lag am 31. Dezember 2020 bei 3,166 Milliarden Euro.

• Das Kundengeschäftsvolumen der Sparkasse Coburg-Lichtenfels ist im vergangenen Geschäftsjahr auf 4,755 Millionen Euro gestiegen (2019: 4,601 Millionen Euro).

• Den Vorstand der Sparkasse Coburg-Lichtenfels bilden Martin Faber und Roland Vogel. Träger sind die Landkreise Coburg und Lichtenfels sowie die Städte Bad Rodach, Bad Staffelstein, Coburg, Burgkunstadt, Lichtenfels und Neustadt bei Coburg.