Journalisten in Schulen Fake oder Fakt – das ist die Frage

Redaktionsleiterin Silke Wolf und die 9a der Regelschule Kaltennordheim – eine von 50 Klassen, die in dieser Woche thüringenweit von 50 Journalistinnen und Journalisten besucht werden. Foto: /Schülerreporterin Celine Dietzel

Erstmals beteiligt sich Thüringen an den bundesweiten Aktionstagen der Initiative „Journalismus macht Schule“ rund um den Tag der Pressefreiheit am 3. Mai. 50 Journalisten besuchen in dieser Woche 50 Schulen und sprechen mit den Schülerinnen und Schülern über die Themen Fake News, Desinformation und Verschwörungstheorien. Die Schmalkalder Redaktionsleiterin Silke Wolf war am Montag in Kaltennordheim.

 
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Aufgabe: Beendet den Satz: Journalist zu sein, ist ...

Antworten der 9a: Journalist zu sein, ist sehr anstrengend.

Journalist zu sein, ist kompliziert, weil man viele Informationen aufnehmen und diese verarbeiten muss.

Journalist zu sein, ist spannend, aber es ist auch schwer, alles mitzuschreiben.

Journalist zu sein, kann anstrengend sein, weil man nicht weiß, was stimmt und was nicht.

Stimmt. Aber nicht nur Journalisten wissen zuweilen nicht, ob die Informationen, die sie von jemandem erhalten, stimmen oder nicht.

Jeder Mensch, der Informationen bekommt – ob im Fernsehen, Radio, per Whatsapp oder bei Google, weiß nicht, ob diese stimmen.

Ein Journalist hat allerdings gelernt, wie er Quellen überprüfen kann, wo er das kann und welche Möglichkeiten es gibt, wahre Nachrichten von falschen Nachrichten zu unterscheiden. Fakes, um es englisch zu sagen, zu erkennen.

Und das ist in einer Gesellschaft, in der eine Informationsflut über einen hereinbricht, wenn man den Fernseher einschaltet oder in sozialen Netzwerken unterwegs ist, immer schwieriger. Gerade junge Menschen saugen ihre Informationen nicht mehr auf althergebrachte Weise aus der Zeitung oder schauen um 20 Uhr die Tagesschau, sie bekommen ihre News aus dem Handy. „Google-Startseite“ war die meistgenannte Antwort auf meine Frage an die Schülerinnen und Schüler, woher sie ihre Nachrichten beziehen.

Doch wie geht man mit diesen Nachrichten um? Wer entscheidet eigentlich, welche Nachrichten dort auf der Startseite stehen? Wer schreibt die und warum? Woher weiß ich denn, ob die wahr oder falsch sind?

Informations- und Nachrichtenkompetenz zu fördern und zu vermitteln – das hat sich der bundesweit tätige Verein „Journalismus macht Schule“ als Aufgabe gegeben. Ich bin Mitglied dieses Vereins, weil mir in den letzten Jahren immer deutlicher wurde, wie schwer es Kindern und Jugendlichen fällt, mit den manchmal hunderten Informationen, die sie an einem Tag bekommen, umzugehen, diese einzuordnen, die Fragen zu beantworten: Wer sagt was, wann, wo und warum. Und nicht nur ihnen.

Das, was zur Basis journalistischen Schreibens und Handelns gehört, kann man jedem erklären. Nein, man muss es jedem erklären. Das zeigte mir mein gestriger Schulbesuch in der Regelschule Kaltennordheim. Die Deutschlehrerin meldete ihre Schüler über das Portal der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) für die Aktionstage gegen Fake News, Desinformation und Verschwörungstheorien, die unter dem Motto „Wir sind das Original!“ laufen, an. Diese Aktionstage hat die TLM in Zusammenarbeit mit dem Verein „Journalismus macht Schule“ erstmals in Thüringen organisiert (siehe nebenstehenden Info-Kasten).

In 90 Minuten kann man allerdings nur einen kleinen Einblick in das Thema Fake News geben. Doch Schüler eine Nachricht einmal selbst schreiben zu lassen, ihnen den Unterschied zwischen Nachricht und Meinung zu erklären, ihnen ein Video vorzuspielen, in dem in einfachen Worten und Bildern gezeigt wird, wie man die Tricks der Fake-News-Macher durchschaut, kann zumindest ein Anfang sein.

Auf die Frage, was sie am spannendsten fanden, nannten die meisten Schülerinnen und Schüler den „Fake-Finder“. Den QR-Code mit dem eigenen Handy gescannt, sich einen Spitznamen und einen Charakter geben und dann loslegen. Heißt: Nachrichten, wie man sie täglich per Whatsapp oder auf Google sieht, lesen und entscheiden per Daumen hoch oder runter, ob das ein Fake oder kein Fake oder gar Satire ist. Durch Hinweise digitaler „Mitspieler“ werden die Schüler dazu gebracht, die Quelle zu checken oder andere nach Tipps zu fragen. Am Ende bekommen sie eine Auswertung und können sehen, welchen Fake sie erkannt haben und welchen nicht.

Letztlich, so sagte ich den Neuntklässlern, sollte man immer, wenn einem eine Nachricht komisch vorkommt, den Kopf einschalten und sich fragen, ob das sein kann. Oder eben, ganz journalistisch, eine zweite Quelle suchen, indem man die Stichworte der Meldung bei Google eingibt, um zu schauen, ob andere Medien auch schon darüber berichtet haben. Dass man auch ganz einfach bei einem Politiker oder seiner Partei nachfragen kann, ob er das denn wirklich gesagt hat, was da im Internet als Zitat von ihm herumgeistert, gab ich den Bald-Wählern auch als Tipp mit. Partei und Namen eingeben, Homepage öffnen, unter Kontakt stehen Telefonnummern und Mailadresse. So einfach, so wirkungsvoll.

Auch Fotos und Videos werden gefälscht oder in einen falschen Zusammenhang gestellt. Mit der Bilderrückwärtssuche bei Google, aber auch auf anderen Plattformen kann man das Foto hochladen und schauen, ob das oder ein ähnliches schon viral gegangen ist und in welchem Zusammenhang. Dass es auch noch Internetseiten wie correctiv.org oder mimikama.at gibt, in denen Nachrichten und Aussagen, aber auch Mythen auf Fakten, also ihren Wahrheitsgehalt, geprüft werden, steht alles auf dem Arbeitsblatt „Werkzeuge des Nachrichten-Detektivs“, das ich am Ende der Stunde austeilte.

Erarbeitet haben das Blatt die Internationale Vereinigung bibliothekarischer Verbände und Einrichtungen und die Organisation Factcheck.org. Die „Lie detectors“ (Lügendetektoren), eine Initiative zur Bekämpfung digitaler Desinformation, hat es ergänzt. Auch sie ist Mitglied von „Journalismus macht Schule“.

Wer seine Schule für einen Klassenbesuch von Journalistinnen und Journalisten oder auch einen Elternabend anmelden möchte, kann das ganzjährig tun über die Homepage von „Journalismus macht Schule“ (journalismus-macht-schule.org). Dort sind auch Unterrichtsmaterialien zur freien Verwendung zu finden.

Aber nicht nur Lehrerinnen und Lehrer können sich diese anschauen oder in den Unterricht einbeziehen. Jeder, der diesen Artikel liest, und wissen will, wie professionelle Medien arbeiten oder soziale Medien funktionieren, wie sich Fake News verbreiten und wie man sie erkennt, kann sich auf der Homepage informieren. Auch unsere Zeitung hat auf der Homepage „insuedthueringen.de“ unter „Erlebniswelt/ Medienprojekte“ Videos und Material zusammengestellt. Dort sind zudem Erklär- und digitale Lernvideos verlinkt.

Gehen Sie doch einfach mal online! Denn im großen, weiten Internet gibt es nicht nur Fake News, sondern auch viele echte Nachrichten. Ob etwas Wahrheit oder Lüge ist, müssen Sie dann selbst herausfinden! Wollen Sie sich einmal selbst testen? Dann gehen Sie auf swrfakefinder.de oder der-newstest.de. Viel Spaß!

Info:

Unter dem Titel: „Wir sind das Original!

Aktionstage gegen Fake News, Desinformation und Verschwörungstheorien“ werden vom 2. bis 6. Mai im Rahmen der Initiative „Journalismus macht Schule“

junge Menschen in Thüringen gegen Lüge und Manipulation informiert und sensibilisiert. Mit den Aktionstagen werden erstmals im ganzen Freistaat Fachleute aus Zeitungs- und Rundfunkredaktionen, Personen aus dem Medienbereich sowie medienpädagogische Fachkräfte diese Themen mit Schülerinnen und Schülern besprechen und für ihre Fragen Rede und Antwort stehen. Die Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) koordiniert die Aktionstage um den Tag der Pressefreiheit am 3. Mai. Insgesamt mehr als 50 Thüringer Schulklassen und über 50 Journalistinnen und Journalisten sowie Medienpädagoginnen und Medienpädagogen beteiligen sich an den Aktionstagen für Thüringer Schulen.

Phänomene wie Fake News, Desinformation und Verschwörungstheorien in

den Medien haben in Zeiten von Pandemie und Krieg deutlich an Relevanz

vor allem innerhalb sozialer Netzwerke gewonnen. Studien zur Mediennutzung von Jugendlichen zeigen, dass 50 Prozent von ihnen regelmäßig mit

Verschwörungstheorien im Internet konfrontiert werden, 42 Prozent mit

Fake News. Vor diesem Hintergrund besitzen Medienbildungsaktivitäten zur

Förderung der Informations- und Nachrichtenkompetenz bei Kindern und Jugendlichen einen hohen Stellenwert.

Viele Medien- und Bildungsinstitutionen haben sich zum bundesweiten

Bündnis „Journalismus macht Schule“ zusammengeschlossen und führen

seither jedes Jahr am 3. Mai, dem Internationalen Tag der Pressefreiheit,

Schülermedientage in den Bundesländern durch. In diesem Jahr ist auch Thüringen mit den Aktionstagen mit dabei.

Thüringer Journalistinnen und Journalisten sowie Medienpädagoginnen und

Medienpädagogen von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, der Bürgerradios, der Thüringer Tagespresse, von Medienbildungsinstitutionen und dem DJV Thüringen geben ihr Wissen bei Unterrichtsbesuchen an die Kinder und Jugendlichen der Klassenstufen 5 bis 13 an Schulen und Berufsschulen weiter. Die Aktionstage werden unterstützt von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien.

Alle Partner sowie die Projekte können auf der Projektseite im Internetangebot der TLM eingesehen werden.

TLM-Direktor Jochen Fasco freut sich, dass sich beim Auftakt so viele Akteurinnen und Akteure beteiligen: „Unsicherheiten schüren, Meinungen beeinflussen, Vertrauen aufwühlen – Fake News, Desinformation und Verschwörungstheorien sind eine Bedrohung für unsere demokratische Gesellschaft! Umso wichtiger ist es, frühzeitig durch Präventionsmaßnahmen jungen Leuten zu zeigen, wie sie Fake News erkennen, was seriöse Nachrichtenquellen sind und wie Redaktionen arbeiten“, so Fasco weiter. Infos unter

http://www.tlm.de/medienbildung/journalismus-macht-schule

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