Johnny Depp Hollywood hilft Suhl

red

Für diesen Werbeträger werden normalerweise Millionen geboten. Das Suhler Blutspende-Institut ITMS erhält ihn gratis – aus Freundschaft: Hollywood-Megastar Johnny Depp lässt sich für eine Kampagne zugunsten von mehr Blutspenden in und aus Südthüringen einspannen. Vermittelt hat das ein Kumpel des Schauspielers, der sich schon für Thüringen-Lotto und die Suhler Volleyball-Damen engagiert hat.

 
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Blut ist Mangelware, und Spender sind gefragte Leute. Erstrecht nach zwei Jahren Pandemie. Bei den Blutbanken ist folglich seit jeher viel Werbe-Fantasie angesagt, um genügend Freiwillige zu locken. Gratis-Hamburger, originelle Sprüche, eindringliche Appelle: All das hat auch das Suhler Institut für Transfusionsmedizin (ITMS) immer wieder versucht.

Nun landet der größte Bluthändler weit und breit einen spektakulären Coup: Kein geringer als Hollywood-Superstar Johnny Depp wirbt für das Institut – und zwar gratis im Dienste der guten Sache. Der 59-jährige Schauspieler und Sänger stellt drei exklusive Fan-Artikel zur Verlosung zur Verfügung und posierte mit einem ITMS-Plakat, zusammen mit dem Suhler Musik- und Marketingmanager Alex Becker.

Underdogs aus Suhl und Hollywood

Der umtriebige Becker ist seit Jahren mit etlichen Stars der Rockszene gut vernetzt, arbeitete mit Rammstein, Lemmy Kilmister und Ozzy Osbourne. Über den Schock-Rocker Alice Cooper entwickelte sich vor einigen Jahren eine Freundschaft mit Johnny Depp, der damals mit der Band „Hollywood Vampires“ tourte. Einst Marketing-Chef des in Suhl ansässigen Thüringen-Lotto, hatte der inzwischen selbstständige Becker bereits voriges Jahr seinen Freund aus Hollywood mit einem Südthüringer Anliegen in Verbindung gebracht: Er ließ ein von Depp signiertes und mit seinem Namen bedrucktes Trikot der Volleyball-Damen des VfB Suhl versteigern. „Johnny spielt gerne Außenseiter, und der VfB Suhl besetzt in der Volleyball-Bundesliga die Rolle des Underdogs“, begründete Becker damals, warum Depp spontan seinen Superstar-Status den Suhlerinnen zunutze machte und das gelbe Trikot während des Filmfestivals in Karlsbad tatsächlich signierte. Zwar misslang die Auktion bei Ebay und das Trikot wurde schließlich von einem Suhler Unternehmer gekauft. Doch die Aktion traf bundesweit auf Aufmerksamkeit – und zeitigt nun Folgen.

Nutznießer des Beckerschen Netzwerkens ist diesmal die Suhler Blutspende, deren Geschäftsführer Wolfgang Wehner einige Jahre lang ehrenamtlicher Präsident eben jenes VfB gewesen war und inzwischen mit dem Musikmanager befreundet ist. Ging es damals um Sieg oder Niederlage, so ist in Wehners aktuellem Job die Lage nach seinen Angaben existenziell. „Es besteht ein überdurchschnittlicher Bedarf an Blutkonserven, der im Moment absolut nicht abzusichern ist“, sagt er.

Die Zahl der Operationen steige nach Corona stark an, und damit der Bedarf nach Blutprodukten. Die Zahl der Spender hat sich aber nach der Pandemie-Delle nicht wirklich wieder erholt. Nach wie vor geben maximal sechs Prozent jener Deutschen, die es könnten, regelmäßig Blut. „Aktuell ist die Situation wirklich katastrophal“, sagt Wehner. Die eiserne Reserve des Instituts ist auf 1000 Konserven geschrumpft – was angesichts eines Tagesumsatzes von 500 Stück ganz schnell auf einen Nullbestand absacken kann, denn das Gesetzt schreibt vor, dass jedes Institut auch andernorts in Deutschland aushelfen muss, solange es noch selber frische Konserven lagert. Hinzu kommt: Auch die in solchen Phasen in der Branche üblichen Hilferufe und Werbekampagnen wirken nicht mehr. Gefragt sind demnach neue Dauerspender, also generell mehr Aufmerksamkeit auch bei bisherigen Spenden-Muffeln.

Sein Kumpel und Ex-Sponsorpartner Alex Becker wusste Rat: „Johnny Depp war gerade auf Europatournee mit Gitarrenlegende Jeff Beck“, erzählt er, „und er hatte mich eingeladen, ihn währenddessen mal zu besuchen.“ Also machte sich der gebürtige Niederrheiner Anfang Juli auf den Weg nach Offenbach, München und Italien, um Johnny Depp zu treffen und ihn für sein Anliegen zu gewinnen. „Ich erzählte Johnny von meiner Idee, und er zeigte sich von Anfang an offen für eine Unterstützung. Jeder, der Johnny kennt, weiß, was für ein unglaublich großes Herz dieser Mensch hat“, sagt der 44-Jährige. Das kleine Suhl und den großen Kampfgeist der Volleyball-Frauen kannte Depp ja bereits – und wusste nun, dass nicht nur Volleyballerinnen, sondern auch Blutspender Unterstützung brauchen. Devise: Der Schauspieler spielt nicht nur die Außenseiter, sondern hilft ihnen auch.

Original-Hut und andere Devotionalien

Unkompliziert posierte der Hollywoodstar zusammen mit Becker und einem Plakat der Südthüringer Blutspende, und er stiftete noch drei Fan-Artikel: Einen der für Depp typischen Hüte samt Feder, persönlich getragen, einen signierten Kunstdruck des Lausitzer Pop-Art-Künstlers Mike Müller-Reschreiter mit Johnny-Depp-Porträt, auf zwei Stück limitiert, sowie ein signiertes Foto des Hollywoodstars, das zusammen mit einer Setliste des Münchner Konzerts vom 13. Juli und einem Gitarrenplektrum gerahmt wurde.

Das Angebot des Suhler ITMS an seinen Standorten in Suhl, Ilmenau und Eisenach und bei den mobilen Spendenteams: Jeder, der vom 4. Oktober bis zum 31. Dezember Blut, Plasma oder Thrombozyten spendet, bekommt einen Coupon für eine Verlosung der drei exklusiven Johnny-Depp-Stücke Anfang kommenden Jahres. Zusätzlich leitet das ITMS für jede Spende einen Euro an einen Fonds weiter, von dem je ein Viertel an das Suhler Tafel- und Familienprojekt „Die Insel“ sowie die Ilmenauer, Eisenacher und Erfurter Tafel geht.

„Ich mag Verein und Stadt – trotz Fehler“

„Ich danke Johnny Depp von Herzen für seine Unterstützung und hoffe, dass einige Spender sich dem Aufruf anschließen werden“, sagt Wolfgang Wehner. „Ihre Spende wird wirklich dringend gebraucht. Denken Sie immer daran, es könnte auch einmal ihre Familie oder ihre Bekannten und Freunde treffen.“

Schon im Vorfeld der VfB-Volleyballerinnen-Aktion hatte Alex Becker, den die Familie nach Suhl gebracht hatte, ungewöhnliche Töne angeschlagen. Während der Corona-Pandemie engagierte er sich ehrenamtlich beim VfB. Neben der Trikot-Aktion hatte er in dieser Zeit eine Vereinshymne für den VfB produziert und einen Youtube-Kanal „Wolfsrudel-TV“ aufgebaut. „Ich würde gerne noch viele Jahre hierbleiben“, sagte er jüngst. „Ich liebe den Verein und die manchmal komische kleine Stadt Suhl – trotz ihrer Fehler.“

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