Interview mit dem Nikolaus Im Bischofsgewand auf dem Weg ins Meldeamt

Anica Trommer (43)

Einmal im Jahr hat der Nikolaus in Zella-Mehlis seinen großen Aufritt. Traditionell eröffnet er den gleichnamigen dreitägigen Weihnachtsmarkt auf dem Rathausvorplatz. Am heutigen Freitagabend wäre es wieder soweit gewesen. Doch die Corona-Pandemie verhindert das gesellige Beisammensein ein zweites Mal. „Freies Wort“ hat den Nikolaus vor dem Zella-Mehliser Rathaus getroffen und nachgefragt, wie sehr ihm Glühwein, Bratwurst und Co. fehlen und was er an seinem freien Wochenende geplant hat.

 
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„Freies Wort“ hat den Bärtigen auf dem Rathausvorplatz getroffen Foto: Michael Bauroth

Kein Bratwurstduft, keine roten Glühwein-Nasen, keine glücklichen Kinder mit Zuckerwatte in der Hand: Nikolaus, Sind Sie enttäuscht, dass der Weihnachtsmarkt auch in diesem Jahr abgesagt werden musste?

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Natürlich ist das schade. Aber ich kann die Maßnahmen verstehen. Mir liegen nicht nur die Kinder, sondern auch die älteren Leute am Herzen. Ich bin selbst nicht mehr der Jüngste und versuche, mich und andere so gut es geht vor dem Virus zu schützen. Dazu gehört an erster Stelle natürlich die Impfung. Aber genauso wichtig ist es, in diesen Zeiten auf das allzu bunte Treiben zu verzichten. Jetzt esse ich die Süßigkeiten, die Lebkuchen und Plätzchen eben zu Hause. Und der Glühwein, der Weiße, der schmeckt mir auch, wenn ich im Fernsehsessel vorm Kamin sitze.

Jetzt, wo Sie ein freies Wochenende haben, ist dafür ja ausreichend Zeit, oder?

Mitnichten. Zeit ist gerade das Einzige, was ich nicht habe. Die Eröffnung des Nikolausmarktes ist jedes Jahr ein ordentlicher Kraftakt für mich und eine zusätzliche Aufgabe. Denn gleichzeitig muss ich die Geschenke einpacken, die am 6. Dezember in den Stiefeln stecken. Ich bin froh, dass ich das am Wochenende nun ganz in Ruhe machen kann.

Außerdem steht die Routenplanung noch aus. Ich möchte beim Geschenkeverteilen nicht im Zickzack durch Zella-Mehlis fahren. Also schaue ich genau, wo die Kinder wohnen. Vielleicht fange ich dieses Jahr in der Siedlung an und fahre dann weiter Richtung Struth.

Auf jeden Fall werde ich auch in den Kindergärten vorbeikommen. Dort wird immer eifrig für mich gebastelt.

Aber die Sehnsucht scheint dennoch groß zu sein oder warum treffe ich Sie heute nahe des Rathausvorplatzes?

Ich bin auf dem Weg ins Rathaus. Ich habe mir einen Termin im Einwohnermeldeamt gemacht. Dort erfahre ich, wie viele Kinder in Zella-Mehlis und Benshausen gemeldet sind. Schließlich wollen sie am Montagmorgen doch alle eine Kleinigkeit in ihren fein säuberlich geputzten Stiefelchen finden.

Und für diesen Termin haben Sie sich extra so schick gemacht?

Natürlich. Bei solch wichtigen Anlässen trage ich immer den roten Mantel und meinen Bischofshut. Auch der Bischofsstab darf nicht fehlen. Damit komme ich allerdings schlecht durch die Türen im Rathaus. Ich muss immer aufpassen, dass ich oben nicht hängenbleibe. In meinen kleinen VW Up, in dem ich gerade unterwegs bin, kriege ich den Stab ebenfalls nur mit Mühe und Not hinein. Viel lieber und viel bequemer reise ich mit dem Pferdeschlitten. Wenn es weiter schneit, kann ich bald umsatteln. In dem Schlitten hat nicht nur der Bischofsstab ausreichend Platz, sondern auch die ganzen Geschenke – und so manche Rute – für die Kinder.

Interview: Anica Trommer