Spüren Sie noch mehr Druck, weil Olympia viel schlechter lief als erhofft?
Söderholm: "Überhaupt nicht. Was hat Olympia mit diesem Turnier zu tun? Null."
Bei der WM in Riga im vergangenen Jahr hat das Team nur knapp eine Medaille verpasst. Wäre es vermessen, vom zweiten Halbfinale nacheinander zu träumen?
Söderholm: "Träumen kannst du jeden Tag, wenn du willst, und sollte man wahrscheinlich auch. Aber lass uns erst den ersten Punkt im ersten Spiel gewinnen und dann schauen wir weiter. Kaltschnäuzig, bodenständig, hart - so müssen wir arbeiten, damit wir uns in eine Position bringen, dass wir erfolgreich sein können. Mehr interessiert mich nicht."
Wie lautet die genaue WM-Zielsetzung?
Söderholm: "Die haben wir noch nicht gemacht."
Wie sehr sind Sie enttäuscht, dass sich offenbar nicht alle Nationalspieler für diese WM aufraffen können?
Söderholm: "Es gibt mehrere Gründe. Wenn ein Spieler verletzt ist, dann ist er verletzt. Wenn ein Spieler keine Energie hat, dann hat er keine Energie. Wenn ein Spieler sich so fühlt, dass er der Mannschaft nicht helfen kann, dann hilft er der Mannschaft auch nicht und dann nehmen wir den nächsten. Da gibt es für mich nichts zu diskutieren. Einige sind verletzt, das ist für die Spieler dann auch eine Enttäuschung, wenn sie nicht dabei sein können."
NHL-Torhüter Philipp Grubauer dürfte die Rolle der Nummer eins übernehmen. Wie sehen Sie seine Rolle im Team?
Söderholm: "Er ist sehr wichtig. Philipp hat auch einen sehr guten Charakter. Er bringt auch sehr viel Selbstvertrauen mit. Er bringt ein Gefühl mit, was das Selbstvertrauen der ganzen Mannschaft stärkt. Technikmäßig ist er sehr stark. Schlittschuhtechnisch ist er sehr stark. Sein Positionsspiel ist sehr stark."
Mathias Niederberger gehört neben Grubauer zum WM-Aufgebot. Inwiefern könnte die Situation problematisch werden, wenn der beste DEL-Torwart auf der Bank sitzt?
Söderholm: "Das ist eine normale Situation bei einer Weltmeisterschaft. Normalerweise hast du deine drei besten Torhüter im Kader und einer kann immer nur spielen. Wir haben das natürlich im Vorfeld geklärt. Ich vertraue den Jungs, die kommen sehr gut miteinander und mit der Situation klar."
Verteidiger Moritz Seider hat eine sehr starke erste NHL-Saison gespielt. Wo sehen Sie die Grenzen in seiner Entwicklung?
Söderholm: "Gibt es welche? Ich glaube nicht."
Moritz Seider vermittelte in der Vergangenheit stets großes Selbstvertrauen. Wie wichtig ist seine Rolle im Team?
Söderholm: "Wichtig. Ich glaube, er hat eine sehr gute Balance zwischen dem, wann es ernst sein muss und wann die Zeit ist, Spaß zu haben. Wenn er dann seine Schlittschuhe anzieht und aufs Eis geht, dann ist es volles Business."
Welche Last kann NHL-Stürmer Tim Stützle in der Offensive trotz seines jungen Alters bereits übernehmen?
Söderholm: "Er kann sicher vieles übernehmen. Wichtig ist für uns, im Team die Mentalität zu haben, dass jemand Tore schießen kann. Tim hat sehr viel offensives Potenzial, ist technisch begabt und reagiert sehr schnell. Außerdem sind sein Auge und seine Kreativität in der Offensive auf einem sehr hohen Level."
Wer ist Ihr Titelfavorit?
Söderholm: Ich glaube, an den Finnen muss man irgendwann vorbei. Ich glaube, Kanada wird eine starke Mannschaft haben. Und es wird interessant zu sehen, was die Tschechen mit Kari Jalonen als neuem Trainer machen.
Zur Person: Toni Söderholm (44) wurde Ende 2018 überraschend Nachfolger von Marco Sturm. Der Ex-Profi war damals Trainer beim Drittligisten SC Riessersee. Bis zu den Winterspielen war eher mit seinem Abschied vom Deutschen Eishockey-Bund nach dieser WM in Helsinki und Tampere gerechnet worden. Ende März verlängerte Söderholm bis 2026.