Schmalkalden - Er wollte immer das Böse, schaffte aber stets das Gute. Mephistopheles. Am Wochenende konnte man ihn als Zinnfigur bestaunen. In der Schmalkalder Mehrzweckhalle trafen sich zum wiederholten Mal Mitglieder der Arbeitsgruppe KLOI. Dahinter verbirgt sich die Deutsche Gesellschaft der Freunde und Sammler kulturhistorischer Zinnfiguren. Kulmbach musste 2021 leider passen. Schmalkalden sprang ein. Und aus der im Bayerischen so groß angelegten internationalen Messe für Zinnfigurenliebhaber wurde eine überschaubare Börse. Mit 27 Ausstellern, die ihre Figuren präsentierten. Natürlich war auch fachsimpeln angesagt. Sehr zur Freude der beiden Schmalkalder Lokalmatadoren Frank Dittmar und Stefan Gampe. Über ihren Lehrer Joachim Grosse fanden beide einst den Weg zum gemeinsamen Hobby. Dittmars Liebe gehört den Flachfiguren, Gampe interessieren mehr die vollplastischen. Jeder der beiden hat den Blick fürs Detail und bemalt seine Figuren als Ausgleich zum täglichen Alltag mit viel Liebe und Können. „Wenn es im Garten Schluss ist, geht es wieder los“, sagte Frank Dittmar und Stefan Gampe wusste genau, was er meinte. Sein Interesse am Figurenbemalen führte ihn zum Zinn. „Jedes Thema kann bearbeitet werden“, sagte er. Wer suchte und ganz genau hinblickte, der wurde fündig. Gampes Lieblinge sind Ritter aus dem Mittelalter. Sie als vollplastische Figuren darzustellen, fasziniert ihn immer wieder. Drei Stunden für eine Bemalung nimmt er gern in Kauf. Tochter Helena ist auch mit dem Zinnfigurenvirus infiziert und bemalt die ein oder andere interessante Figur schon. „Es ist alles möglich – jeder Bereich, jedes Thema“, war von Gampe zu erfahren. Und tatsächlich – beim Rundgang in der Mehrzweckhalle traf man auf die unterschiedlichsten Charaktere, die in Zinn dargestellt wurden. Faust und Mephisto sind nur zwei davon. Dieter Beller aus Ahlen in Westfalen interessierte das Thema schon immer. Figuren aus Faust I gebe es ausreichend, daher entschied er sich, Szenen aus Faust II darzustellen. Konkret wählte er die Papiergeldgeschichte. Matthias Manske aus Erlangen hat sich dem Siebenjährigen Krieg verschrieben. Vor 20 Jahren begann er Szenen davon in Zinn zu gestalten. Peu a peu. Mittlerweile hat er drei Bücher über den siebenjährigen Krieg verfasst und mehrere Szenen daraus dargestellt. Seine Frau lernt mit. „Als Kind habe ich Geschichte gehasst – heute hole ich alles nach“, sagte sie. Und dann gibt es da noch Bernhard Bakat aus Eschwege. Er widmet sich biblischen Gestalten. Mit Philippus ging es los. Längs hat er das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern in Zinn verewigt. „Zuerst steht die Idee“, erklärte er. Dann brauche man eine gute Vorlage und einen guten Graveur. Gießer, Bemaler und Dioramenbauer seien auch von Nöten. Insgesamt also fünf Personen – und damit habe man eine einzige Figur kreiert. Ja, es macht schon Arbeit – dieses Hobby. Aber: „Jeder, der in Coronazeiten ein solches Hobby hatte, saß nicht deprimiert zu Hause“, formulierte es Rainer Berthold als Präsident der KLIO. Er selbst baut Dioramen. Zum Zinnfigurentag gab es diesmal eine große Auswahl mit ganz verschiedenen Motiven zu sehen. In der Mitte der Halle waren sie ausgestellt.. Das waren die Dioramen, die der Stadt gehören und sonst in der Weidebrunner Gasse stehen – dort, wo Peter Sodanns Bücher lagern. Ganz verschiedene Szenen waren zu sehen, selbst Dinosaurier aus Zinn gab es. Der große Vorteil dieses Hobbys, sei in dessen Breite jedem Thema nachgehen zu können, merkte Berthold an. Natürlich brauche man eine ruhige Hand und viel Geduld. Die kleinsten Zinnfiguren sind zwei Zentimeter groß und werden mit einem Haarpinsel bemalt. Die größte bringen es auf stattlich 120 bis 150 Zentimeter. Flach- und plastische Figuren sind angesagt. Manch einer hat gar drei D Figuren. Es gebe nichts, was es nicht gebe. Die Sockel für die Figuren würden über den Drei D Druck hergestellt. Seit dem elften Jahrhundert, so Berthold, erfreuten die Zinnfiguren Pilger, die die kleinen Gestalten als Beigabe für ihre Reise in Empfang genommen hatten. Im 18. Jahrhundert waren Zinnfiguren beliebte Spielwaren. Heute repräsentieren sie ein Hobby. „In erster Linie wollen wie Geschichte darstellen“, betonte Berthold und freute sich über die gute Resonanz in Schmalkalden. Freilich war auch das Zinnfigurenmuseum geöffnet und sehr gut besucht. Die Veranstaltung selbst wurde von Bürgermeister Thomas Kaminski eröffnet. Für die Organisation war Martina Bogen-Wendt zuständig. Besucher und Aussteller hielten sich sehr diszipliniert an die Vorgaben. Freilich erschwerte der Mundschutz den Austausch. Doch insgesamt nahm man das in Kauf. „Wir sind sehr froh über dieses Treffen“, teilte Rainer Berthold mit und richtete ein großes Dankeschön an die Stadt Schmalkalden.