Sie heißen 2023 DW, 2004 BL86, 2014 JO25 oder 2009 JF1. Kaum jemand kennt ihre Namen. Kein Wunder, die meisten Asteroiden rauschen weit entfernt von der Erde durchs Weltall. Doch manche kommen unserem blauen Planeten gefährlich nahe.
Der Einschlag eines größeren Asteroiden könnte verheerend sein. Rund 35 000 sind derzeit bekannt, die als erdnah gelten. Doch mittlerweile können Experten die Umlaufbahn eines solchen Brockens ändern und so der drohenden Gefahr für die Menschheit wehren.
Sie heißen 2023 DW, 2004 BL86, 2014 JO25 oder 2009 JF1. Kaum jemand kennt ihre Namen. Kein Wunder, die meisten Asteroiden rauschen weit entfernt von der Erde durchs Weltall. Doch manche kommen unserem blauen Planeten gefährlich nahe.
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Für die Menschheit ging das bislang glimpflich aus. Aber was, wenn aus den apokalyptischen Science-Fiction-Visionen a la Hollywood wie in den Katastrophenfilmen „Armageddon“ (1998) oder „Deep Impact“ (1998) irgendwann Realität werden sollte?
Ein Asteroiden-Einschlag auf der Erde ist gar nicht so abwegig. Um das Thema mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, hatte die Vollversammlung der Vereinten Nationen im Dezember 2016 den 30. Juni eines jeden Jahres zum „International Asteroid Day“ ausgerufen.
Der etwa 350 Meter große Asteroid Apophis wird im April 2029 knapp an der Erde vorbeifliegen. Er kommt ihr dabei näher, als einige Satelliten von ihr entfernt sind. Der Abstand des Asteroiden von rund 32 000 Kilometern zur Erdoberfläche ist in den Weiten unseres Sonnensystems zwar fast nichts, in diesem Fall aber gerade genug, um einen katastrophalen Crash zu vermeiden.
„Das wäre schon ziemlich unangenehm, wenn der in die Atmosphäre eintreten würde“, sagt der Asteroidenexperte Detlef Koschny, Professor für Lunare und Planetare Exploration an der Technischen Universität München. Treffe so ein Asteroid die Erde, spüre ein ganzes Land die Auswirkungen. Bei der Größe von Apophis sei neben einer Schockwelle auch mit extrem heißer Luft zu rechnen, die Sachen entflammen könnte.
Experten haben neben Apophis noch Zehntausende weitere Asteroiden im Blick, die in die nähere Umgebung der Erde kommen könnten. Dabei ist die Menschheit mittlerweile nicht mehr ganz wehrlos gegen sie.
„Bei einem Objekt dieser Größe würden wir wirklich schauen, dass wir das irgendwie ablenken können“, sagt Koschny über Apophis. Um die möglichen Dimensionen klarzumachen, erinnert der Fachmann an einen Krater mit 1,5 Kilometern Durchmesser im US-Bundesstaat Arizona. Dieser sei durch den Einschlag eines nur 50 Meter großen Objekts entstanden.
Mittlerweile ist eine Astroid-Abwehr keine Science Fiction mehr. Rechtzeitig erkannte und potenziell für die Erde gefährliche Asteroiden können mit einiger Wahrscheinlichkeit von ihrer Bahn abgelenkt werden, sind die Experten überzeugt.
Als Teil einer Mission der US-Raumfahrtbehörde Nasa und der europäischen Raumfahrtorganisation Esa schlug im September 2022 die Nasa-Sonde „Dart“ (Abkürzung für: Double Asteroid Redirection Test/Doppel-Asteroiden Umleitungs-Test) gezielt in den kleineren Teil eines Doppel-Asteroiden Didymos/Dimorphos ein. Der Aufschlag veränderte die Umlaufbahn des kleineren Dimorphos um den größeren Didymos.
Noch in diesem Jahr soll die Esa-Sonde „Hera“ starten, um noch genauere Messwerte über den Doppel-Asteroiden und den Aufschlag zu ermitteln.
„Wir wissen ziemlich genau, was da beim ‚Dart‘-Einschlag passiert ist“, erklärt der Esa-Chef-Koordinator für die Asteroidenabwehr, Richard Moissl, der mit seinem Team in Frascati bei Rom sitzt. Ziel der weiterführenden „Hera“-Mission sei es zu untersuchen, wie der Asteroid jetzt aussieht und welche Struktur und Dichte er nach dem "Dart"-Aufprall aufweist.
„Dadurch erhalten wir ein viel besseres Verständnis, was genau beim ‚Dart‘-Impakt passiert ist und auf welchen Körper wir da draufgehauen haben.“ Deswegen sei „Hera“ die wichtige zweite Komponente der gemeinsamen Mission von Esa und Nasa.
Das sieht auch Koschny so. Mit „Dart“ habe man gezeigt, dass ein Ablenken funktioniert. „Aber wenn ich wirklich verstehen will, was da passiert, dann muss ich noch ein paar Sachen mehr wissen. Zum Beispiel: Wie schwer war das Objekt, das wir getroffen haben?“ Vielleicht gebe es dort einen Einschlagskrater oder vielleicht habe sich das Objekt verformt. Das könne man von der Erde aus nicht bestimmen.
Größere Asterioden könnten eine Gefahr darstellen für das Leben auf der Erde, so wie wir es kennen. So war es ein etwa 10 bis 15 Kilometer großer Asteroid, der zum Aussterben der Dinosaurier vor rund 65 Millionen Jahren führte. Aber auch schon bei einigen Metern Größe können die Brocken aus dem All immense Schäden anrichten.
Vermutlich war es ein Asteroid von einer Größe zwischen 40 und 50 Metern, der am 30. Juni 1908 in der Tunguska-Region in Sibirien rund 2000 Quadratkilometer unbewohntes Gebiet verwüstete. Die Druckwelle der Explosion knickte Millionen Bäume in Tunguska um, auf einer Fläche fast so groß wie das Saarland.
Mit Blick auf dieses Ereignis riefen die UN 2016 den Asteroidentag aus. Zuvor war im Februar 2013 ein etwa 20 Meter großer Asteroid über der Millionenstadt Tscheljabinsk explodiert. Durch die Druckwelle wurden rund 1500 Menschen verletzt, meist durch splitterndes Fensterglas.
„Rund 1,3 Millionen Asteroiden sind mit guten Bahninformationen bekannt. Das werden jährlich und kontinuierlich mehr“, unterstreicht Moissl. Die Raumfahrtbehörden entdecken ständig neue, darunter auch ungewöhnliche Konstellationen wie den Asteroiden Dinkinesh mit einem Doppelmond. Die meisten dieser Asteroiden sind im Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter zu finden.
„Für uns sind die Erdbahn kreuzenden Asteroiden von besonderem Interesse“, erläutert Moissl über sogenannte Neo (Near-Earth Objects). Bei den allermeisten spreche man aber über eine Kollisionswahrscheinlichkeit von eins zu einer Million oder sogar noch weniger.
„Alle weltweit bekannten NEO werden von uns periodisch geprüft“, erläutert Moissl. „Die Bahnen der Asteroiden sind ja nicht in Stein gemeißelt.“ Für die rund 35.000 derzeit bekannten erdnahen Brocken werden die Szenarien für die nächsten 100 Jahre immer wieder durchgespielt.
Zurzeit gebe es keinen großen Asteroiden, den man auf Kollisionskurs sehe, so Moiss weiterl. Auch Koschny sieht keine akute Crash-Gefahr. Es existiere bei der Nasa und Esa eine Risikoliste. „Da war jetzt nichts drauf, wo ich mir Sorgen machen würde.“
Apophis, der die Erde quasi nur um Haaresbreite verfehlen dürfte, bietet Moissl zufolge zudem große wissenschaftliche Chancen. Es gibt Pläne, dort eine Raumsonde hinzuschicken. Denn der Asteroid fliege so nah an der Erde vorbei, dass man viel über die Wechselwirkung mit der Erde herausfinden könne, sagt der Esa-Spezialist. „Es ist eine wunderbare, einmalige Gelegenheit.“
Abwehr-Strategien
Sollte ein Asteroid Kurs auf die Erde nehmen, gibt es derzeit nur zwei realistische Strategien: Ablenken oder Zerstören. Es gibt einige Vorschläge – von Sonnenspiegeln bis zu Wasserstoffbomben. Technisch oder finanziell umsetzbar sind die meisten davon allerdings nicht.
Kinetischer Impakt
Realistischer ist der Einsatz von Einschlagprojektilen zur Bahnablenkung. Kinetischer Impakt heißen solche Objekte, die einem Asteroiden auf dem Weg zur Erde aktiv in den Weg gesetzt werden sollen. Die gemeinsame „Aida“-Mission von der europäischen Raumfahrtbehörde Esa und ihres US-Pendants Nasa, die der Asteroidenabwehr gilt, soll hierüber Erkenntnisse bringen.
Raumsonden „Dart“ und „Hera“
Die Esa-Sonde „Hera“ ist eine in Planung befindliche Raumfahrtmission der Esa zum erdnahen Doppelasteroiden Didymos/Dimorphos. „Hera“ bildet einen Teil des „Asteroid Impact & Deflection Assessment“ (Aida), das entwickelt wurde, um auf die Bedrohung der Erde durch erdnahe Asteroiden reagieren zu können. Die Nasa-Raumsonde "Dart" schlug am 26. September 2022 planmäßig auf Dimorphos ein. Im Anschluss daran soll „Hera“ die Auswirkungen des Einschlags und die Möglichkeiten zur Ablenkung von Asteroiden im Detail ausloten. Der Start ist Oktober 2024 geplant.