Mitten in der für die Familie so schwierigen Zeit hat Tobias Hüther auch noch seine Arbeit als Kfz-Mechatroniker verloren. „Nach siebeneinhalb Jahren“, sagt er. Ostern 2020 habe er die Kündigung erhalten, weil es seinem Chef nicht gepasst habe, dass er wegen des Klinikaufenthaltes seines Kindes ausfiel. Inzwischen hat er einen neuen Arbeitsplatz. Aber mit einem solchen zusätzlichen Problem hatte damals keiner gerechnet. „Menschlich geht das gar nicht“, befindet Theresa Hüther, die von Beruf Bürokauffrau ist. „Meine Chefs sind da völlig anders damit umgegangen. Sie haben gesagt: Es dauert so lange, wie es dauert.“
Trotz allem haben die Eltern sich nie hängen lassen, haben für ihre beiden Kinder getan, was sie konnten. Und sich zudem, wann immer es möglich war, etwas Besonderes für Martha einfallen lassen. Eine Überraschung war der Besuch eines Konzerts ihres Lieblingssängers Pietro Lombardi im Steigerwaldstadion in Erfurt.
„Mein Onkel hatte die Karten besorgt. Wir haben ihr vorher nichts erzählt“, sagt Theresa Hüther. Und dann wurde alles noch überraschender als geplant: Da Martha im Rollstuhl saß, seien sie durch einen separaten Eingang ins Stadion gegangen, wo sie kurz mit einer Frau von der Security sprachen. „Und die war so ergriffen von Martha“, dass sie direkt zum Konzertveranstalter ging und – ohne dass sie davon wussten – mit diesem klärte, dass Martha mit Pietro Lombardi sprechen kann „Der Veranstalter kam dann raus und direkt auf uns zu. Ich dachte, wir kriegen jetzt Ärger, weil wir vielleicht an der falschen Stelle stehen“, erzählt Theresa Hüther lachend. „Dann hat er gefragt, ob ich die Mutter bin“, und habe sie beide zu Pietro Lombardi gebracht. „Das war wirklich der Wahnsinn. Sie war hin und weg. Das war einfach überwältigend – und hat ihr sehr gut getan. Danach kam ja dann die harte Zeit, wo es ihr richtig schlecht ging.“
Auch ein Familienurlaub im September – eine Woche am See in Leipzig mit Zoobesuch – sei „ein Highlight“ für Martha gewesen. „Man hat schon alles versucht, es ihr so erträglich wie möglich zu machen. Auch die Großeltern und Geschwister – es hat ja jeder alles gegeben“, sagt Theresa Hüther. „Man braucht halt auch einen starken Familienzusammenhalt, den hatten wir definitiv.“ Ihr Mann nickt und bestätigt: „Unsere Eltern und Geschwister waren für uns alle immer da“ – für die beiden im Klinikum Erfurt genauso wie für das jeweils andere Elternteil mit Kornelius zu Hause.
Viele weitere Menschen hätten sie in der schweren Zeit, die unter anderem wegen der vielen Fahrten nach Erfurt zudem eine finanzielle Herausforderung war, unterstützt. Bei ihnen allen – Freunden, Verwandten, Bekannten, Vereinen, Firmen sowie Marthas Lehrern, Mitschülern und deren Eltern – „möchten wir uns ganz herzlich bedanken“, sagen Theresa und Tobias Hüther. Die Grundschule in Empfertshausen hatte beispielsweise ihren Crosslauf im Herbst als Spendenlauf für Martha organisiert. Und zwei Lehrerinnen „kamen, wenn wir zu Hause waren, zweimal die Woche und haben Martha unterrichtet“.
Martha ist jetzt in der zweiten Klasse. „Sie hat noch nicht viel Schule gehabt. In der ersten Klasse, direkt nach den Herbstferien, ging es ja los“, sagt ihr Vater. Sie habe aber auch am Klinikum Unterricht gehabt, deshalb sei sie auf dem gleichen Stand wie ihre Mitschüler, sagt ihre Mutter. Sobald die coronabedingte Schulschließung vorbei sei, werde sie gemeinsam mit ihnen lernen. „Das normale Leben geht wieder irgendwie weiter“, sagt Tobias Hüther.