Im Vergleich zu groß Eine kleine Partei will den Landtag verkleinern

Eike Kellermann

Die Forderung des Steuerzahlerbundes, den Landtag zu verkleinern, stößt dort zwar auf wenig Zustimmung. Aber nun überlegt die Kleinpartei ÖDP, ob sie ein neues Volksbegehren startet.

 
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Blick in eine Plenarsitzung des Thüringer Landtags in Erfurt. Foto: /Michael Reichel

Auf die Forderung des Steuerzahlerbundes, die überdurchschnittlich großen Landtage von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu verkleinern, wird im Parlament in Erfurt vorrangig mit Zurückhaltung oder Ablehnung reagiert. Zwar bekunden die großen Fraktionen Linke und CDU, dass sie offen für Änderungen sind, versehen das aber mit Einschränkungen. Die kleineren Fraktionen SPD und Grüne sind strikt dagegen, weil sie um ihre Arbeitsfähigkeit fürchten. Die AfD verweist auf ihren Gesetzentwurf aus der vorigen Wahlperiode, wonach der Landtag auf 62 Abgeordnete schrumpfen soll. Derzeit sitzen im Parlament wegen Überhangmandaten 90 Abgeordnete, regulär sind es 88.

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Die wiederholt geforderte Verringerung der Abgeordnetenzahl ist ein heißes Eisen. Schließlich geht es um so etwas wie die Selbstbeschneidung der Parteien. Zugleich ist das Thema anfällig für einfache Antworten nach dem Motto: Die haben doch nur Angst um ihre Pfründe. „Das Thema ist wirklich zweischneidig und es hat einen populistischen Unterton“, beobachtet der Bundessprecher von Mehr Demokratie, der Thüringer Ralf-Uwe Beck.

Trotzdem kann er der Forderung etwas abgewinnen. „Wenn der Bund der Steuerzahler das thematisiert, ist das eine wünschenswerte Steilvorlage für den Landtag, selbst darzustellen, welche Aufgaben er hat und was er leisten muss.“ Oft gehe es bei Debatten nur um Partei- und nicht um Sachpolitik. Insofern sei der Vorstoß ein „kritisches Blitzlicht“. Laut Steuerzahlerbund kommen in Thüringen auf einen der aktuell 90 Abgeordneten nur ungefähr halb so viele Einwohner wie im Durchschnitt der anderen Bundesländer.

SPD-Fraktionschef Matthias Hey weist eine solche Betrachtung zurück. „Man kann das nicht schablonenhaft von einem Bundesland auf ein anderes übertragen“, sagt er. Die Sacharbeit, die ein Parlament leiste, werde dabei ausgeblendet. „Eine Verkleinerung geht zu Lasten der Qualität“, ist der SPD-Politiker überzeugt. Das sehen die Grünen ähnlich: „Kleine Fraktionen müssen arbeitsfähig bleiben, das heißt unter anderem der Facharbeit in den Ausschüssen nachkommen und diese auch besetzen zu können. Hier gelangen wir schon jetzt an unsere Grenzen“, sagt die parlamentarische Geschäftsführerin, Madeleine Henfling.

Hingegen zeigt sich ihr Kollege André Blechschmidt für die Linke, die größte Fraktion, „gern bereit“, über eine Verkleinerung des Landtags zu diskutieren. Schließlich sei die Einwohnerzahl seit 1990, als bei der Wiedergründung Thüringens die Zahl der Abgeordneten auf 88 festgelegt wurde, deutlich gesunken. Legt man die Bevölkerungsentwicklung zugrunde, dürfte das Parlament jetzt nur noch 70 Abgeordnete haben. Grundsätzlich hat Blechschmidt aber Zweifel, ob kleine Fraktionen dann noch vernünftig ihre Arbeit machen könnten. Nach Ansicht des parlamentarischen Geschäftsführers der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, muss im Fall einer Verkleinerung gesichert werden, dass es weiterhin genügend Ansprechpartner des Parlaments vor Ort gibt. Das bezieht er auf die derzeit 44 Wahlkreise.

Ausgerechnet die Ökologisch-Demokratische Partei, eine Kleinstpartei mit aktuell 67 Mitgliedern im Thüringer Landesverband, spricht sie für die radikale Verkleinerung des Landtags auf 60 Sitze aus. Davon sollen 25 per Direktmandat und 35 über die Listen, also nach dem Zweitstimmen-Ergebnis, vergeben werden. Der ÖDP-Landesvorsitzende, der Südthüringer Martin Truckenbrodt, hält dadurch eine jährliche Einsparung von bis zu zehn Millionen Euro für möglich.

Bereits 2021 hatte die ÖDP ein Volksbegehren „Schlanker Landtag“ gestartet. Damals scheiterte sie deutlich an der ersten Hürde von 5.000 Unterschriften. Nach dem Vorstoß des Steuerzahlerbundes spürt sie nun Rückenwind und denkt über eine Wiederholung des Volksbegehrens im Herbst 2023 nach. „Eine Vorentscheidung dazu soll am kommenden Landesparteitag der ÖDP am 5. November getroffen werden“, so Truckenbrodt.