Erst am Samstag hatte sich der Vorstand des Sportlerzusammenschlusses an die Öffentlichkeit gewandt. Eigentlich hatte man nach all den Corona-Querelen gehofft, den Rest der Saison in halbwegs annehmbarer Normalität angehen zu können, hieß es. Dann überschlugen sich die Ereignisse. Und der Sport? Wurde zur Nebensache erklärt. „Seit ein paar Tagen haben wir Krieg inmitten Europas; eine bis vor wenigen Tagen noch mehr als surreale Vorstellung. Von diesem Krieg betroffen sind Bekannte und Freunde unserer Handballfamilie. Aber vor allem Menschen, die nichts, aber auch gar nichts mit irgendwelchen geopolitischen oder machtgetriebenen Überlegungen zu tun, jedoch unmittelbar unter den Folgen zu leiden haben“, erbost sich SHV-Vorsitzender Alexander Ebert. Die Nähe zu den Opfern des militärischen Überfalls in Osteuropa? Sie ergibt sich aus dem Umstand, dass ein gutes halbes Dutzend Spieler ukrainischer Herkunft den Kader des Sonneberger Herren-Teams in der Mitteldeutschen Oberliga verstärkt. Viele spielen schon seit Jahren im gelb-schwarzen Leibchen. Manche haben längst ihren Lebensmittelpunkt in der Region. Und alle sind völlig unvorbereitet in der ein oder anderen Weise betroffen, schildert Ebert. Da gibt’s den Vater, dessen Sohn in Maruipol an vorderster Front kämpft. Bei einem anderen ist die Ehefrau zur Armee eingezogen worden. Ebert war dabei, als einer seiner Schützlinge die Eltern im Bunker erreichte. „Da hörst du am Handy mit, wie die Bomben detonieren und die Verbindung abbricht.“ Es ist schwer in Worte zu fassen, mit welchen Problemen und Ängsten die Spieler gerade zu kämpfen haben, sagt der 41-Jährige. Erschütterung und Verzweiflung ist bei jedem zu spüren. „Die Tränen in ihren Augen sprechen für sich.“ Weil es nicht nur Mitspieler sind, sondern Freunde, „weil wir Sportler eine Familie sind“, entschloss man sich es nicht bei Trost und Zuspruch zu belassen. Die Solidarität sollte bitte handfest daherkommen – in Form der kurzfristig auf die Beine gestellten Aktion. Ebert und seine Mitstreiter wandten sich an Sponsoren und Vereinsmitglieder mit der Ankündigung, die Söhne und Töchter, Ehefrauen oder Eltern der ukrainischen Handballer in Reihen des SHV nach Sonneberg zu holen. Das ist für Donnerstag geplant – Zustieg für die Flüchtlinge wäre an der ukrainisch-ungarischen Grenze. Für all diejenigen, die es schaffen in all dem Chaos rechtzeitig dorthin zu gelangen.