Höhe von Trinkgeld Britische Umfrage kommt zu überraschendem Ergebnis

Benedikt Reder

Von wegen geizig: Eine Umfrage des britischen Meinungsforschungsinstitutes Yougov hat die Bereitschaft europäischer Gäste, Trinkgelder zu geben, verglichen. Im Ergebnis überrascht vor allem das Abschneiden der Deutschen.

 
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Der Service ist nett, gleich gibt er ihr ein Trinkgeld. Foto: imago/vichie81

Geizig, knickrig, sparsam – diese Attribute werden Deutschen in Inland und Ausland gerne nachgesagt, wenn es darum geht, Serviceleistungen mit einem bisschen Mehr zu entlohnen. Nun scheint das Stereotyp zurückhaltender Trinkgeldvergabe der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger jedoch tiefe Risse zu bekommen, wie eine Umfrage des britischen Meinungsforschungsinstitutes Yougov, die kürzlich im „Guardian“ erschienen ist, ergeben hat. Deutschland liegt im direkten Vergleich mit den übrigen europäischen Staaten ganz vorne, wenn es um das Thema Trinkgeld geht.

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Trinkgeld gehört einfach dazu

72 Prozent aller Deutschen, so die Erhebung der britischen Meinungsforscher, geben beim Restaurantbesuch etwas obendrauf. Im internationalen Vergleich liegen nur die USA mit zwei Prozentpunkten weiter vorn. Auf Platz drei und mit deutlichem Abstand folgt Großbritannien: 55 Prozent der Befragten gaben an, regelmäßig im Restaurant ein Trinkgeld dazulassen. Spanien (46 Prozent), Frankreich (34 Prozent) und Schweden (31 Prozent) landen in der Umfrage auf den Plätzen drei bis fünf. Das Schlusslicht bildet Italien. Lediglich 24 Prozent sind hier laut Umfrage bereit, nach dem Essen den Service zusätzlich zu entlohnen.

Allerdings ist Trinkgeld nicht gleich Trinkgeld. Die französische Gastronomie preist von vornherein 12,5 Prozent des Betrages für die Bewirtung mit ein. In Schweden ist das Trinkgeldgeben allgemein zwar gern gesehen, wird aber nicht von den Gästen erwartet.

Auch nach dem Grund für die Zuwendungen hatte Yougov gefragt. Das Ergebnis hierbei: Die überwiegende Anzahl der Gäste möchte sich mit dem Trinkgeld für den guten Service des Personals bedanken. Ein weiterer Teil hat das Gefühl, dass es erwartet wird. Und gerade die deutschen Befragten gaben an, es gehöre sich einfach, Trinkgeld zu geben, selbst wenn die Leistung des Personals nicht den Erwartungen entsprochen habe.

Mit den USA auf Augenhöhe

Zum Vergleich: Ähnlich hohe Bereitschaft, ein Trinkgeld zu entrichten, gibt es nur in den USA. Bei den Trinkgeldern in Bars liegen die französischen Nachbarn mit einem rund halb so hohen Wert auf dem zweiten Rang. Schlusslicht hier sind übrigens die, ansonsten eigentlich sehr trinkgeldfreudigen, Britinnen und Briten. Die Höhe der Trinkgelder variiert ebenfalls von Land zu Land. In der Bundesrepublik gilt als Faustformel ein Betrag in Höhe von zehn Prozent der Rechnungssumme, die von den Gästen in der Regel auch eingehalten werde. Auf der gegenüberliegenden Seite des Rheines werden üblicherweise fünf Prozent veranschlagt, ebenfalls in Spanien und Italien. Jenseits des Atlantiks jedoch liegen die Trinkgelder weit höher – 20 Prozent sind in den USA nicht unüblich.

Deutsche zahlen gern bar

Einen Grund für die große Bereitschaft der Deutschen, Trinkgelder zu bezahlen, liefert Yougov gleich mit: Die reduzierten Öffnungszeiten vieler Restaurants, Cafés und Bars durch den Mangel an Personal nach der Coronapandemie habe eine positive Wirkung. Außerdem spiele es eine Rolle, dass in Deutschland immer noch Bargeld bevorzugtes Zahlungsmittel vor allem bei kleineren Beträgen sei. Dies habe seine Wirkung auf die Großzügigkeit der Gäste beim Bezahlen, daheim, aber eben auch im Ausland.

Trinkgelder in Bars, Taxen, Friseursalons und Hotels

Großzügig
Das großzügige Verhalten der Deutschen beschränkt sich nicht nur auf den Restaurantbesuch, wie die Umfrage feststellt. Auch in Bars, im Taxi oder im Hotel legen deutsche Gäste häufiger einen zusätzlichen Groschen aus ihrer Tasche dazu.

Zahlen
Gut 50 Prozent geben ein Trinkgeld am Tresen, gar 56 Prozent im Friseursalon, und die Taxifahrt oder der Hotelbesuch wird von 40 beziehungsweise 37 Prozent der Befragten zusätzlich honoriert.