Lernen besser als Langeweile
Ruben hat eine Gegnerin, die häufig seine Wege kreuzt und bezwungen werden muss: die Langeweile. "Im Kindergarten habe ich mich gelangweilt und wollte in die Schule. In der Grundschule habe ich mich schnell gelangweilt. Und als ich in die 5. Klasse kam, wurde es mir auch langweilig." Auf dem Gymnasium packte er immer zwei Schuljahre in ein Kalenderjahr. Ruben musste dennoch jeweils den gesamten Unterrichtsstoff beherrschen und auch sämtliche Klausuren mitschreiben. Was er durch das Überspringen verpasst hatte, erarbeitete er sich selbst. "Das war für mich erträglicher als Langeweile."
Fand er es nicht schwierig, sich ständig auf neue Lehrer und Mitschüler einzustellen? "Das war kein Problem. Ich habe Freunde in meinem Alter und ältere. Meinen Freunden ist es auch egal, ob jemand Abi mit zwölf, 14 oder im normalen Alter macht."
Laut Mensa, dem bundesweit größten Netzwerk für Hochbegabte, spricht man ab einem Intelligenz-Quotienten von 130 von Hochbegabung. Rund 2,2 Prozent der Menschen erreichen das in Deutschland. Der Begriff Höchstbegabung sei unklarer, häufig werde ein IQ ab etwa 145 angeführt, der bei 0,13 Prozent der Bevölkerung vorliege. Dazu gehört Ruben.
Kindeswohl im Mittelpunkt
Nicht alle hochbegabten Heranwachsenden zeigen Top-Leistungen, stellt die Gesellschaft für das hochbegabte Kind klar: Sie brauchen stets besondere Anregungen und entwickeln in der Schule mitunter Probleme, wenn sie ihre intellektuellen Bedürfnisse nicht entfalten können. "Höchstbegabung ist ein Potenzial, entscheidend sind aber Motivation, Lust, Wille, Ausdauer. Wir haben Ruben immer selbst entscheiden lassen und ihm dann alles ermöglicht", betont Hana Charara. Das sei bisweilen durchaus herausfordernd. Auch bevor ihr Sohn sein Studium beginne, sei noch vieles abzuklären, da er noch im Kindesalter ist. "Die Erfahrungswerte bei den Hochschulen sind ja gleich null."
Weder beim Studentenwerk noch bei Mensa hat man bisher von einem so jungen Studierenden gehört. Statistiken gibt es nicht. Bei der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) heißt es, im Mittelpunkt müsse stets das Kindeswohl stehen. Eltern sollten in solchen Fällen mit Pädagogen und Dozenten gemeinsam entscheiden, das Kind müsse seine Wünsche frei zum Ausdruck bringen können.
"Ich sage immer, was ich möchte", erzählt Ruben. Auch Freizeit ist ihm wichtig - Schwimmen, Kartfahren, Tennisspielen, er veranstaltet kleine Golfturniere. Das Kind liebäugelt mit Spanisch, Portugiesisch, Chinesisch. "Und Lesen macht mir generell viel Spaß. Ich lese alles querbeet." Comics, Geschichten, Biografien. Er liebt Tiere, verreist gerne, war mit seiner Tante schon in vielen Ländern Europas. "Es gibt immer Spannendes zu entdecken."
Mehr Lebenserfahrung als altersüblich
Ruben habe einen eisernen Willen, sagt seine Tante: "Er ist auch menschlich sehr gereift. Er hat sich als Kind immer wieder auf neue Kontakte und ein neues Umfeld einstellen müssen. Daran ist er sehr gewachsen." Der Junge habe schon weitaus mehr Lebenserfahrung als altersüblich. Und Ruben könne ordentlich was aushalten - auch körperlich. "Mit sieben Jahren hat er auf dem Gymnasium eine Tasche geschleppt, die fast sein Körpergewicht hatte. Als Zehnjähriger hat er mehrstündige Klausuren durchgestanden."
Ruben freut sich aufs Studium - auch wenn für ihn einige Beschränkungen gelten und manches anders laufen wird als für die volljährigen Studierenden. Und er denkt schon an die Zeit nach der Hochschule: "Ich möchte ein Unternehmen gründen. Autoindustrie oder Pharmaindustrie würde ich gerne probieren."