Das weitere Medikament Cabotegravir, das zur Behandlung mit HIV lebender Menschen sowie zudem zur PrEP in Europa zugelassen ist, schützt für etwa acht Wochen vor einer Ansteckung. Hierzu gab es eine Studie im ländlichen Uganda und Kenia zur Umsetzbarkeit bei Männern und Frauen in Afrika, die zeigte, dass viele die Injektion bevorzugten, allein schon, weil sie Sorge hatten, die Tabletten zu vergessen.
Druck auf Hersteller
Die UNAIDS-Exekutivdirektorin Winnie Byanyima sprach von Wundermitteln. Sie rief speziell Gilead auf, alles zu tun, dass Lenacapavir schnell und kostengünstig für Menschen vor allem in Asien, Lateinamerika und Afrika zur Verfügung gestellt werden könne. Es gebe keine Zeit zu verlieren. Byanyima verwies auf das UN-Ziel, bis 2030 HIV nicht mehr als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit zu werten. Das seien noch sechs Jahre - doch nach wie vor infizierten sich jährlich weltweit 1,3 Millionen Menschen neu mit dem Virus, jede Minute stirbt ein Mensch an den Folgen von Aids.
Jared Baeten, Senior-Vizepräsident für Klinische Entwicklung von Gilead Science, berichtete, eine zweite Studie mit Männern, unter anderem auch mit Transgender-Personen als besonders von HIV betroffene Gruppe laufe bereits. Die Ergebnisse würden Ende dieses Jahres erwartet. Eine Zulassung von Lenacapavir als Präexpositionsprophylaxe in vielen Ländern könne bis Ende 2025 möglich sein. Gilead sei schon jetzt mit Generika-Herstellern im Gespräch. Es müsse aber sichergestellt sein, dass das Medikament in hoher Qualität produziert werde.
Einen Preis könne er derzeit nicht nennen, sagte Baeten. Jedoch sei Gilead bemüht, Lenacapavir so schnell wie möglich zu einem günstigen Preis gerade auch in Ländern mit hoher HIV-Inzidenz und geringen Ressourcen verfügbar zu machen. Der von Aktivisten genannte Preis für Lencapavir in den USA von 40.000 Dollar für eine Jahresbehandlung betreffe nur bestimmte Patienten und werde nicht für die künftige Prophylaxe gelten.
"Das ist Musik in meinen Ohren", kommentierte Byanyima die Aussagen. Sie erinnerte daran, wie schnell die Covid-19-Impfung zur Verfügung gestellt werden konnte und verlangte: "Bewegt Euch schnell." Shareholder Value dürfe nicht im Vordergrund stehen.
Am Rande der Welt-Aids-Konferenz hatten Aktivisten für die Bereitstellung von Generika demonstriert. Sie könnten bei Massenproduktion 100 US-Dollar pro Jahr kosten, womöglich auch nur 40 US-Dollar, argumentieren Aktivisten und zudem Forscher der Universität Liverpool. Die Debatte um hohe Entwicklungskosten der Pharmafirmen für Medikamente und die Debatte, ob diese Firmen dennoch ihre Entwicklung für günstige Generika bereitstellen, ist immer wieder Thema.
Alternative zu Impfung?
Weltweit wird weiter an einer Impfung geforscht. Die Prophylaxe mit Lenacapavir sei aber - sofern sich die 100-prozentige Wirksamkeit auf Dauer bestätige - effektiver als man von Impfungen hätte erwarten können, sagte der örtliche Kongresspräsident Christoph Spinner, Infektiologe am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München.
Hoffnung für junge Frauen im südlichen Afrika
Vor allem junge Frauen in Afrika als besonders von HIV betroffene Gruppe könnten von der lang wirksamen Prävention per Spritze profitieren, unterstrich die Forscherin Bekker. Laut UNAIDS infizieren sich wöchentlich weltweit 4000 junge Frauen, mehr als 3000 davon im Subsahara-Afrika. Teils werden Frauen wegen der Einnahme der bisher gebräuchlichen täglichen oralen Präexpositionsprophylaxe mit Pillen diskriminiert, etwa weil angenommen wird, sie seien bereits infiziert.