Arnstadt rühmt sich nicht nur der Ersterwähnung der Bratwurst sondern auch des Weizenbieres. Bierrufer Marvin Göpel erklärt das gern seinen Gästen. Anfang des Jahres übernahm er den „Job“ von Michael Schenk.
Manche sagen, ich müsste vorne, also am Bauch, noch etwas zulegen, damit das Kostüm besser passt“ schmunzelt Marvin Göpel. Ansonsten aber passt ihm die Rolle als neuer Arnstädter Bierrufer sehr gut. Anfang des Jahres übernahm er sie von Michael Schenk, führt seitdem Gäste durch die Stadtbrauerei oder repräsentiert Arnstadt als historische Figur bei Veranstaltungen.
Dazu gekommen sei er ein bisschen durch Zufall, räumt der 31-Jährige ein. Michael Schenk, der den Bierrufer in den letzten Jahrzehnten verkörperte, verabschiedet sich in den Ruhestand und suchte einen Nachfolger. „Da meine Freundin ihn kennt, hat sie mich gefragt, ob ich mal mitkomme. Ich saß noch nicht richtig hier in der Brauerei am Tisch, da sagte er schon: ‚Du wirst der neue Bierrufer’“, erinnert sich der Arnstädter
Im Gegensatz zu Michael Schenk arbeitet Marvin Göpel nicht im Hotelpark Stadtbrauerei sondern als Bauleiter in Erfurt. „Den Bierrufer mache ich jetzt also als kleinen Nebenjob“, sagt er. Und er macht ihn gern. Er profitiere sehr davon, dass sein Vorgänger viel in Archiven recherchiert und zusammengetragen, ihm nun die Notizen übergeben habe, dankt Marvin Göbel.
Neben dem Wissen ums Bier und besonders dessen Arnstädter Geschichte, gehöre zu den Jobvoraussetzungen auch die Bereitschaft offen auf Gäste zuzugehen und gern zu reden, so Marvin Göbel. Eines unterscheide ihn aber dann doch von seinem Vorgänger: „Er hat gern gesungen, ich nicht.“
Wenn Marvin Göpel Gäste durch die Brauerei oder die Stadt führt, dann erzählt er davon, dass in Arnstadt ab 1404 Bier gebraut wurde und dass es seit 1468 den Bierrufer gab. Dessen Aufgabe war es, an jeden Mittwoch, Samstag und Sonntag mit lauter Stimme an den Brunnen und anderen markanten Stellen der Stadt auszurufen, in welchen Häusern gerade frischer Bier gebraut worden war. Schließlich zählte Arnstadt zeitweise über 130 Brauhöfe.
Die Kleidung des Bierrufers war immer ein silberbetresster blauer Mantel, ein dreieckiger Hut, ein rötliches Wams mit großer weißer Halskrause – so wie es heute nachempfunden ist. 1871 verstarb der letzte Arnstädter Bierrufer – bis Michael Schenk und nun Marvin Göpel die Tradition wieder aufleben ließen.
Zwei Dinge hören übrigens manche Besucher aus Bayern nicht so gern: Dass 1617 Bürgermeister Niclas Fischer das Weizenbier erfand und dass das Thüringer Reinheitsgebot älter ist als das bayrische. „Aber es ist nun mal so“, schmunzelt Marvin Göpel und hebt den Bierkrug.
