Ich wollte zunächst sehen, wie und wo „Freies Wort hilft“-Spenden nützlich waren. Und: Ich hatte beim Hilfeverein nach meinen konkreten und niederschmetternden Vorkenntnissen vom Ahrtal-Besuch nach der tödlichen Katastrophe noch um einige Spenden-Nachschläge für ganz konkrete schwer betroffene Empfänger gebeten.Darunter das Dernauer Ehepaar Dieter und Hannelore Koll. Weil in deren flussnaher Wohnlage alle Versicherungen dankend ablehnten, solche Kunden aufzunehmen. Schon lange vor der jüngsten Flut übrigens: Also unversichert!Der Mann ist mit seinen 83 Jahren noch fit und nicht depressiv, dirigiert bei unserer Ankunft gerade einen riesigen Dreiachser-Tankwagen auf seinen bereits abgerissenen und planierten Grundstücksteil: Dann strömt seine erste Flüssiggas-Ladung in den gerade fertiggestellten Großtank. „Nie wieder Heizöl, sagen hier fast alle betroffenen Leute“, so kommentiert er. Im Erdgeschoss summen Trocknungsaggregate, knistert ein Öfchen im zeitlichen Wettlauf mit dem bevorstehenden Winter. Wie es bei Frost und Nässe in den leer stehenden Häusern weiter gehen soll, interessierte mich besonders.„Da freust du dich auf deine letzten geruhsamen Lebensjahre in all dem mühevoll Geschaffenen“, sagt uns Dieter Koll und tippt an seine vom Heizöl und Schlamm versifften Hausmauern: „Aus dem leichten, gut isolierenden Eifel-Vulkan-Gestein 1910 von den Eltern erbaut, sind die natürlich auch saugfähig wie ein Schwamm. Aber stabil und deshalb nachnutzbar, nicht abrisspflichtig. Im Gegensatz zu allem, was hier vom Schlammwasser mitgerissen oder hier drin zerstört wurde. Nämlich nahezu alles! Und? Unsere uralten Deckenlampen, die holten sich dann auch noch Plünderer. Pfui Teufel!“Dieter machte für uns jene gruselig wummernden Geräusche nach, mit denen die Möbel in der nächtlichen Dunkelheit in der Schlammbrühe aufschwammen und krachend „kenterten“. Indes er und seine Frau im Obergeschoss in Todesangst auf baldiges Nichtmehransteigen des Flutpegels hofften, der örtliche (zumeist katholisch genutzte) Erdbestattungsfriedhof meterhoch unter Wasser geriet, Menschen von der Ahr in den Tod gerissen wurden.Herrn Kolls Frau Hannelore musste gerade zur Kur, als er uns seine Wiederaufbau-Helfer und bisherigen Leistungen zur Sanierungs-Vorbereitung vorstellt. Und dann das.Damit wir vielleicht „mal zu besseren, zu Friedenszeiten in unser momentan fast an Kriegsschäden erinnerndes Örtchen“ wiederkommen, zeigt uns der Dreiundachtzigjährige den einzigartigen Blick auf seine eigentlich so wunderschöne Heimat, die wir nicht kannten. Er prescht mit uns in seinem geretteten Kleinwagen auf den „Kickelhahn“ von Dernau: Tief im Westen, auf dem historischen Aussichtsturm, hoch oben auf dem Krausberg mit 360 Grad Rundumblick. Zur Hälfte davon eben leider auf diese typisch beigefarbene Schlammspur der Verwüstung beiderseits der Ahr.