Hilfe für kranken Malte „Unvorstellbar, wie ein Körper dies aushält“

Jesse Heydenrych

Der vierjährige Malte Sauer ist zu 100 Prozent schwerbehindert, leidet an Epilepsie. Seine Eltern, Jana und Daniel Sauer aus dem Ilm-Kreis, kämpfen seit Jahren um eine in ihren Augen notwendige Pflege für ihren Sohn. Doch sie brauchen Geld. Viel Geld.

 
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Familie Sauer kämpft seit Jahren um eine angemessene Pflege für ihren an Epilepsie leidenden Sohn Malte. Foto: Familie Sauer

Man stelle sich vor, ein blitzartiger Elektroschock schießt einem 11 500 Mal am Tag durch das Gehirn. Für den vierjährigen Malte ist das seit Beginn seines Lebens Realität: Bei Malte Sauer wurde zehn Wochen nach seiner Geburt Epilepsie diagnostiziert. Laut seinen Eltern Jana und Daniel Sauer durchstoßen seinen Körper drei bis acht epileptische Anfälle pro Minute. Ihr Sohn sei allein nicht lebensfähig, er könne weder sitzen, krabbeln noch gehen. Sie beteuern, dass Malte dringend Unterstützung zum Leben benötigt. Doch für diese Unterstützung benötigt die Familie einen sechsstelligen Geldbetrag, weshalb sie auf finanzielle Hilfe angewiesen ist. Auf Anfragen und Anträge hierfür seien bisher Absagen erfolgt. Das Ehepaar Sauer fühle sich mit dem Schicksal ihres Sohnes alleingelassen.

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Wie alles begann

Malte Sauer erblickt am 25. August 2018 das Licht der Welt. Bereits kurz nach seiner Geburt durchdringt Jana und Daniel Sauer das Gefühl, mit Malte stimme etwas nicht. Er scheint nicht richtig zu sehen, reagiert kaum auf Interaktionen. Nach mehrwöchigen Arztbesuchen erhalten die Eltern eine Diagnose: Epilepsie. Ursache: unbekannt. Durch seine epileptischen Anfälle kann sich Maltes Gehirn kaum entwickeln. Jana Sauer beschreibt es so: „Es ist wie ein Kurzschluss im Gehirn, der drei- bis fünfmal pro Minute passiert. Das Gehirn kann sich nicht die Regenerationszeit nehmen, die es braucht. Dadurch kommt es zu Entwicklungsproblemen.“ Laut Angaben der Eltern sei der mittlerweile vierjährige Malte auf dem Entwicklungsstand eines halbjährigen Babys. Mit dieser Diagnose beginnt für Jana und Daniel Sauer die nicht endende Etappe der Behandlung und Inklusion ihres Sohnes. Malte wird nach der Diagnose klinisch eingewiesen und vor Ort mit einer Kombination aus Kortison und anderen Medikamenten behandelt. Wirkungslos. Folglich begibt sich das in Bittstädt wohnende Ehepaar Sauer auf die Suche nach Spezialkliniken von Deutschland bis nach Österreich. Bei jeder Klinik erwartet sie jedoch eine Wartezeit von sechs Monaten. Zeit, die für Malte kostbar ist.

Familie Sauer schaut zu, wie es ihrem Sohn von Tag zu Tag schlechter geht. Nach ein paar Wochen der Suche kommt die erlösende Nachricht: Die Universitätsklinik Freiburg hat einen freien Platz für Malte. Dort wird er in die Neuropädiatrie, also die Abteilung, die auf Nervenkrankheiten von Kindern spezialisiert ist, eingewiesen. Zunächst scheint es so, als würde sich sein Zustand dort verbessern. „Er hat gelacht, hat sich auf die Seite von links nach rechts bewegt“, erzählt Jana Sauer.

Doch die Narkosemittel, die ihm für ein MRT verabreicht werden, sollen bei Malte nicht die erwünschte Wirkung erzielen. Anstatt zu schlafen, bewegt er sich noch extremer, berichten sie. Mit einer erhöhten Dosis an Medikamenten wird er ruhiggestellt. Dem Ehepaar Sauer nach verliert Malte dort alles, was er in seinem halben Jahr Lebenszeit gelernt hatte. „Danach ging gar nichts mehr“ beschreibt Jana Sauer. „Ab dann war er wieder wie neugeboren.“

Der kleine Malte muss auch beim Essen ständig gesichert sein Foto: Familie Sauer

Seit zwei Jahren im Kindergarten

Seit zwei Jahren besucht der inzwischen vierjährige Malte den Kindergarten in Holzhausen. Die Einrichtung sei zwar kein integrativer Kindergarten, jedoch vollständig barrierefrei. Die integrativen Kindergärten in der Nähe könnten Malte wegen zu wenig Personal nicht aufnehmen. Das Ehepaar Sauer hatte mit einem Antrag bei dem Thüringer Ministerium für Familie erwirkt, dass Malte bereits mit zwei Jahren eine Kita besuchen darf, damit er mit seinem großen Bruder Jonas zusammen ist. Da es sich jedoch nicht um eine integrative Einrichtung handele, werde der Familie kein Fahrdienst zur Verfügung gestellt, erklärt Daniel Sauer. Um die tägliche Pflege kümmern sich fast ausschließlich die beiden Vollzeit arbeitenden Eltern. Es komme zwar täglich eine Intensiv-Pflegekraft für acht Stunden ins Haus oder als Begleitung in den Kindergarten, ihre Aufgabe sei es allerdings, zu beobachten und im Notfall einzuschreiten, nicht etwa zu pflegen. Familie Sauer selbst sagt, sie fühle sich „übersehen“.

Zu wenig Unterstützung von außen

Vater und Mutter bemängeln, dass sie zu wenig Unterstützung von außen bekommen haben. Sie sagen, es gebe keine Anlaufstelle für Angehörige, um ab der Diagnose vollumfänglich beraten zu werden. „Vor allem der Start war schwierig. Der erste Sozialberater in Jena meinte zu uns, wir könnten lediglich die Fahrtkosten nach Jena beantragen. Alles andere würde keinen Sinn ergeben, weil Malte ja ein Baby ist. Bei der Nachfrage nach Pflegegraden meinte er: Na ja, Babys brauchen eben Pflege“, erläutert Jana Sauer. Später gibt die Familie einen Pflegeantrag bei der AOK-Krankenkasse ab. Dort bekommt Malte Pflegegrad drei und die Familie das damit verbundene Pflegegeld.

Viele Anschaffungen sind nötig

Die Liste von Anschaffungen, die Familie Sauer laut eigenen Angaben zwingend benötigt, ist ebenso lang wie kostspielig. Für sie allein sei es unmöglich, alles zu finanzieren. Allein der erste der vier geplanten Bauabschnitte am Haus belaufe sich auf circa 100 000 Euro. In den Betrag für diesen Abschnitt fließen neben barrierefreien Außentüren, einem Dachstuhl sowie Bodenplatten auch Planungs- und Dachdeckerarbeiten hinein. Für diesen Ausbau habe die Familie verschiedene Institutionen um Unterstützung gebeten. Die Krankenkasse gebe einen Zuschuss von bis zu 4 000 Euro, mehr sei nicht möglich. Die Thüringer Aufbaubank stelle der Familie 10 000 Euro für den Bau zu Verfügung. Alle angefragten Stiftungen hätten abgelehnt, zum Teil mit der Begründung, man unterstütze nur Vereine oder Organisationen. Andere erteilten den Rat, man solle sich mit dem Problem an Funk und Fernsehen wenden. Damit müsste die Familie mehr als 80 Prozent der anstehenden Kosten, nur für diesen ersten Bauabschnitt, allein aus dem eigenen Geldbeutel zahlen.

Rechtsstreit und Anwaltskosten

Hinzu kommen noch Anwaltskosten für Widerspruchsverfahren. Die Familie beteuert, sie brauche einen Therapie-Buggy, damit sie sich mit Malte auch außerhalb einer gepflasterten Straße bewegen könne. Die Kosten hierfür betragen nach Angaben von Jana Sauer knapp 6000 Euro. Da sie allerdings einen Therapie-Buggy besitzen, lehnt das Sozialamt eine Zweitausstattung zunächst ab. Erst am 10. März dieses Jahres erhält die Familie den Bescheid, indem die Ablehnung revidiert und die Kostenerstattung eines verbesserten Therapie-Buggys bestätigt wird. Die Verfahrenskosten können erstattet werden.

Außerdem wird der Antrag auf eine Eins-zu-Eins-Betreuung im Kindergarten, die sich ausschließlich um Malte kümmert und ihn in den Gruppenalltag mit den anderen Kindern einbindet, vom Sozial- und Gesundheitsamt in Arnstadt zunächst abgelehnt. Im Dezember 2022 ändert sich dies. Insgesamt bekommt Malte 11,25 Stunden pro Woche eine persönliche Betreuung bewilligt. „Das reicht nicht aus für Malte“, beanstandet Daniel Sauer. Beide Elternteile sind sich sicher, dass Malte jemanden an seiner Seite benötigt, der sich den vollen Tag um ihn kümmert. Auch hier suchen Jana und Daniel rechtlichen Beistand, damit die mittlerweile eingestellte Erzieherin mit heilpädagogischer Zusatzqualifikation finanziert wird und Maltes Entwicklung fördern kann.

Der Weg in die Öffentlichkeit

Nach mehr als vier Jahren entscheidet sich Familie Sauer für einen Weg, den sie bisher gemieden hat: Sie wagt sich in die Öffentlichkeit und hat über betterplace.me – einer deutschen Online-Spendenplattform – einen Aufruf für den ersten Bauabschnitt am Haus gestartet. Auf ihrer Seite beschreiben die Eltern Malte und den Umgang mit der Krankheit wie folgt: „Unvorstellbar, wie ein menschlicher Körper dies aushält und dennoch freudig, emphatisch, einfach glücklich am Leben teilnimmt und unser Leben bereichert.“ https://www.betterplace.me/barrierefreiheit-anbau-fuer-malte

Auch unser Verein „Freies Wort hilft“ möchte die Familie unterstützen und ruft zu Spenden auf. Diese können Sie auf das Konto: IBAN: DE39 8405 0000 1705 0170 17 (Rhön-Rennsteig-Sparkasse.), Stichwort: „Malte Sauer“ überweisen.