Hildburghausen Kein Badebetrieb im Hallenbad

Begutachtung der Lage am Beckenrand, wo sich der Überlauf befindet, mit Schwimmmeister Achim Tessmer (Mitte, von links): die Stadträte Brigitte Wütscher (Pro Hbn), Peter Nowak (Die Linke), Matthias Krebs (Wählergruppe Feuerwehr) und Thomas Schmalz (Pro Hbn). Foto: Jan-Thomas Markert/ (3)/Thomas Schmalz (1)

Im Werra Sport und Freizeitbad Hildburghausen ist auf unbestimmte Zeit kein Badebetrieb möglich. Grund sind Lecks im Edelstahlbecken des Schwimmer- und an der Treppe des Nichtschwimmer-Bereichs. Eine Spezialfirma soll die Schäden in dem Hallenbad zeitnah untersuchen.

 
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Das Werra Sport und Freizeitbad in Hildburghausen sollte nach zwei Monaten Pause und in diesem Zeitraum erfolgter Revision am 20. Februar wieder für den Badebetrieb öffnen. Daraus wird aber nichts. Bei einem Vorort-Termin am Mittwochnachmittag hat Bürgermeister Tilo Kummer (Die Linke) mehrere Stadträte und Medienvertreter über Lecks im Edelstahlbecken des Schwimmer- und an der Treppe des Nichtschwimmer-Bereichs informiert. Durch diese Löcher läuft Wasser in die Kellerräume, in denen sich unter anderem elektronische Schaltschränke befinden. Wegen dieser gravierenden Mängel ist auf unbestimmte Zeit kein Badebetrieb möglich. Eine Spezialfirma aus Pirna soll die Schäden zeitnah untersuchen und bewerten, ob eine Reparatur möglich oder ein Austausch notwendig ist. Normaler Badebetrieb, Schwimmunterricht, Kurse, Rehabilitations- und Vereinssport sind im einzigen Hallenbad des Landkreises auf unbestimmte Zeit nicht möglich. Für den Saunabetrieb bleibt die Einrichtung jedoch weiterhin geöffnet.

Wasser läuft in den Keller

„Wir hatten noch Hoffnung, dass der Bauhof die Mängel kurzfristig beheben kann“, sagt Tilo Kummer. „Die Problemlage ist aber größer, zumal auch durch die Treppe des Nichtschwimmerbereichs Wasser in den Keller dringt. Deshalb habe ich das Stop-Zeichen gesetzt, um Gefahr abzuwenden, wie etwa einen Stromschlag.“ Die Mängel seien beim Befüllen der Becken zu Wochenbeginn zutage getreten. Das Wasser sollte noch am Mittwochnachmittag aus beiden Becken abgelassen werden. Wann Mitarbeiter der Spezialfirma, die auch für den Bau des Edelstahlbeckens im angrenzenden Freibad zuständig ist, anreisen können, ist bislang noch unklar. Das Freibad, in dem es in den Jahren 2020 bis 2022 keinen Badebetrieb gegeben hat, wird saniert und soll nach Kummers Angaben im Sommer eröffnen.

Schwimmmeister Achim Tessmer erläutert am Überlauf am Rand des Schwimmerbeckens im Hallenbad Details zur Sachlage. Er zeigt auf die in die Rinne geklebten Kunststoffplatten, mit denen Mitarbeiter des Bauhofes versucht hatten, die am Montag aufgetretenen Mängel kurzfristig zu beheben. „Die Hoffnung hat sich am Dienstag zerschlagen“, sagt Tilo Kummer. „Die Sachlage ist ernst.“ Wie ernst, das wird beim Gang in den Keller deutlich. Der Unterbau des Edelstahlbeckens korrodiert an vielen Stellen vor sich hin – und das offensichtlich bereits seit vielen Jahren, berichtet Tessmer. Nach seinen Angaben waren die Schwallwasserbehälter zur Eröffnung des Neubaus im Oktober des Jahres 2000 nicht abgedeckt. Ausgasungen des gechlorten Wassers hätten seitdem den Unterbau angegriffen. Erst nach acht Jahren seien die Behälter abgedeckt worden. Ausgasungen, wenngleich längst nicht mehr im damaligen Ausmaß, gebe es aber nach wie vor. Eine Ableitung der Gase nach außen erfolge nicht. Über Jahre seien keine gezielten Maßnahmen gegen die Korrosion ergriffen worden, sagt Tessmer.

„So ein Edelstahlbecken hält normal 50 Jahre oder länger. Ein Fachmann hat aber bereits damals wegen der Ausgasung angekündigt: Das frisst sich durch“, berichtet Achim Tessmer. Er zuckt mit den Schultern, breitet dann die Arme weit aus und versichert: „Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, immer wieder.“ Getan habe sich aber nichts. So lange sich kein Leck auftat, war das auch nicht weiter schlimm, geschwommen werden konnte jahrelang und was sich im Keller befand, davon wussten diejenigen, die oben ihre Bahnen zogen oder planschten, nichts.

Warum wird nicht früher reagiert?

„Für uns ist das völlig neu“, sagt Stadtrat Thomas Schmalz (Pro Hbn). Die Stadt und die Wohnungsgesellschaft, die als Tochter der Stadt das Bad zeitweise betrieb, hätten doch reagieren sollen. Warum werden solche Mängel bei einer Revision nicht angemahnt? Laut Bauamtsleiter Rüdiger Kelm bezog sich die aktuelle Revision nicht auf das Edelstahlbecken, sondern auf die technischen Anlagen. Der visuelle Zustand der Becken gab außerdem keinen Anlass zur Sorge. Die unübersehbare Korrosion am Unterbau wurde eben hingenommen, bis in dieser Woche die Becken leckten. Das ist stets vor allem eine Geldfrage, vor allem bei einem Bad, das defizitär ist und somit die Stadt jährlich mehrere Hunderttausend Euro zusätzlich kostet.

Schwimmmeister Thomas Schad zeigt auf seinem Handy ein Video vom Montag, welches das Ausmaß des Schadens verdeutlicht. Wasser läuft aus der Unterseite des Beckens an der Wand hinunter auf den Boden des Kellers. Mehrere Stadträte sind entsetzt. „Dafür ist aber nicht Tilo Kummer verantwortlich“, sagt Brigitte Wütscher (Pro Hbn). Die Mängel hätten schon viel früher behoben werden können. Kummers Stimmung, über dessen Abwahl am 26. Februar entschieden wird, ist wohl nicht nur wegen der Hiobsbotschaft aus dem Hallenbad gedrückt. „Wir warten jetzt die Analyse der Firma ESM ab und klären dann, was wir tun“, sagt er. Ein Austausch beider Edelstahlbecken könne etwa eine Million Euro kosten. Weil aber auch technische Geräte und das Dach der Freizeiteinrichtung in die Jahre gekommen sind, „reden wir unter Umständen über eine Generalsanierung“, sagt der Bürgermeister. Dann werden mehrere Millionen benötigt.

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