Von einigen wird er gefeiert wie ein Held: Der Gegendemonstrant mit der leeren Radlerdose. Dutzenden Festivalgängern hält er am Samstagnachmittag im südthüringischen Themar die Dose hin, die er von einer Angel baumeln lässt. «Du wirst dich fragen, was ich hier mache?», ruft er einem Mann zu, der über eine gesperrte Bundesstraße zum Festivalgelände läuft: «Das ist Satire: Das letzte Bier vor Themar.»

Der Mann mit der Angel setzt ein breites Grinsen auf. Der Festivalgänger kann darüber nicht lachen. Er geht stumm an ihm vorbei, den Blick stur nach vorne gerichtet, auf das Zelt zu, in dem an diesem Wochenende erneut ein Rechtsrock-Festival in der 2800-Einwohner-Stadt Themar in Südthüringen stattfindet - an diesem Tag wegen Auflagen ganz ohne Alkohol. Die Stimmung am Veranstaltungsgelände der Rechtsextremen ist ganz anders als in den vergangenen Jahren.

Die Stadt ist nun schon den dritten Sommer in Folge Schauplatz von Rechtsrock-Konzerten, die - wie auch in diesem Jahr - als politische Versammlungen angemeldet werden. Unter anderen die Demokratieberater von Mobit sehen darin allerdings kommerzielle Veranstaltungen, mit denen sich die rechte Szene in Deutschland maßgeblich finanziert und auf denen Rechtsextreme ihre Netzwerke knüpfen und festigen.

Eine ungewollte globale Bekanntheit erlangte die Stadt 2017, weil damals nach Polizeiangaben etwa 6000 Rechtsextreme aus ganz Deutschland und Europa nach Themar kamen. Hunderte Neonazis hatten damals spät am Abend den verbotenen Hitlergruß gezeigt. Die Polizei sah zu.

Doch während die Rechtsextremen in Themar bisher ziemlich ungestört feiern konnten, ist das in diesem Jahr anders - nicht nur, weil die Gegendemonstranten deutlich frecher auftreten als zuletzt. Nachdem strenge Auflagen der Behörden für das Konzert über zwei gerichtliche Instanzen Bestand hatten, greift die Polizei hart durch, wenn die Rechtsextremen gegen Auflagen verstoßen oder sie im Verdacht stehen, Straftaten zu begehen. Hunderte Polizisten aus mehreren Bundesländern sind im Einsatz.

Bereits am Freitag - dem ersten Konzerttag - bricht die Polizei den Auftritt von zwei Bands ab. Am Samstag beschlagnahmen Polizisten das noch auf dem Festivalgelände vorhandene Leichtbier und Radler. Zudem konfiszierten sie am Nachmittag 16 Bierfässer und 188 Sixpacks auf dem Gelände. Das Alkoholverbot wird am Samstagnachmittag auf eine nahe gelegene Gaststätte in Kloster Veßra ausgeweitet, die eine zentrale Anlaufstelle für rechtsextreme Musik in Thüringen ist. Dort versiegeln die Beamten den Raum, in dem der Alkohol lagert.

Zudem hat die Polizei eine Tankstelle in der Nähe des Festivalgeländes angemietet, die die Festivalgänger in den vergangenen Jahren zur Getränkeversorgung genutzt hatten. Am Freitag hatten die Rechtsextremen Leichtbier ausschenken dürfen.

Das Verhalten der Polizei findet die ausdrückliche Zustimmung der Gegendemonstranten. Die Beamten agierten in diesem Jahr klar und konsequent, sagt der Sprecher des Bündnisses für Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra, Thomas Jakob, der die Proteste mitorganisiert hat. Positiv bewertet er auch, dass die Polizei schon am Freitag mit vielen Beamten auf dem Konzertgelände präsent war. «Man hat gemerkt, dass denen das keinen Spaß gemacht hat», sagt Jakob.

Vor allem aber ist Jakob glücklich darüber, dass sich deutlich mehr Menschen als in den vergangenen Jahren an den Protesten beteiligen - auch aus Themar. «Im Vergleich zum letzten Jahr ist das ein Quantensprung», sagt er. Bis zum Nachmittag hätten insgesamt etwa 700 Menschen an den Protesten teilgenommen. Die Polizei gab die Zahl der Gegendemonstranten, die sich am frühen Nachmittag links und rechts des Veranstaltungsgeländes der Rechtsextremen befanden, mit etwa 400 an.

Auch Innenminister Georg Maier (SPD) sagte am Samstag, er freue sich über den starken Gegenprotest. «Mit polizeilichen und juristischen Mitteln kann man hier nur zum Teil erfolgreich sein, deswegen braucht es den Gegenprotest», so der Minister. Wie schon am Freitag war er auch am Samstag vor Ort.

Bis zum frühen Abend sind nach Angaben der Polizei rund 600 Festivalgänger nach Themar gekommen. Angemeldet hatten die Veranstalter für den Tag 800 bis 1200 Teilnehmer.

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