Häusliche Gewalt Der Weg ins Frauenhaus war im Jahr 2020 schwieriger zu finden

Caroline Berthot

Von Gewalt betroffene oder bedrohte Suhlerinnen können Zuflucht im Frauenhaus Meiningen suchen. Über die Arbeit der Einrichtung, gerade im Pandemie-Jahr 2020, wurde im Sozialausschuss berichtet.

Im November wurde auch in Suhl auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht. Foto:  

Suhl/Meiningen - Wenn Frauen von Gewalt betroffen oder bedroht sind, können sie und ihre Kinder Zuflucht im Frauenhaus suchen. Für Suhlerinnen in dieser Situation ist das Frauenhaus in Meiningen zuständig. Wie viele Frauen und Kinder dort untergebracht sind, welche Hilfsangebote sie in der Einrichtung erhalten und wie die Corona-Pandemie die Arbeit beeinflusst, darüber wurde im Sozialausschuss berichtet.

Nach der Werbung weiterlesen

In einer Villa im Stadtzentrum Meiningens betreibt der Verein „Frauen helfen Frauen“ das Frauenhaus, das insgesamt acht Plätze bietet. Hinzu kommt noch eine Notwohnung, auf die bei Bedarf ausgewichen werden kann. Frauen und Kinder aus den Kreisen Schmalkalden-Meiningen und Hildburghausen sowie aus Suhl, die vor häuslicher Gewalt aus der eigenen Wohnung fliehen müssen, finden im Frauenhaus Unterschlupf. „Die Aufnahme ist rund um die Uhr möglich“, erklärte Mitarbeiterin Maria Heß. „Wir haben 365 Tage im Jahr einen 24-Stunden-Dienst mit Rufbereitschaft, damit im Notfall immer jemand zu erreichen ist.“ Auch über die Polizei sei jederzeit ein Kontakt möglich, so Maria Heß.

Telefonisch werde dann ein Treffpunkt vereinbart, an einem neutralen Ort. „Wir gehen nicht in die Wohnungen der Frauen und begeben uns nicht in Gefahrensituationen“, stellt die Mitarbeiterin des Frauenhauses klar. Notfalls müsste die Polizei hinzugezogen werden. Sind die Betroffenen im Frauenhaus angekommen, erhalten sie Hilfe von den Mitarbeiterinnen. „Die Beratung und Begleitung der Frauen steht im Mittelpunkt unserer Arbeit“, sagte Heike Born, Leiterin der Einrichtung. Es werde zunächst die Gefährdungssituation geklärt und ein Handlungsplan aufgestellt. Das Eröffnen eines Kontos, das Beantragen von Geldern oder die Suche nach einem Kitaplatz seien dann wichtige erste Schritte, die man erledige.

Weniger Frauen in der Einrichtung als 2019

Auch bei der Suche nach einer Wohnung unterstützen die vier Mitarbeiterinnen die Frauen. Denn die Unterbringung im Frauenhaus ist nur vorübergehend. „Eigentlich gibt es eine Begrenzung von vier Wochen, die Frist kann aber auch verlängert werden“, erläuterte Heike Born. Seit 1991 arbeitet die Sozialpädagogin im Meininger Frauenhaus und weiß um die unterschiedliche Nutzung des Angebots: „Manche bleiben zwei Monate, manche eine Woche, manche nur eine Nacht“. Im vergangenen Jahr sei jedoch eine insgesamt längere Aufenthaltsdauer festzustellen gewesen. Wohl weil sich coronabedingt manches verzögert habe oder nicht zur Verfügung stand, mutmaßte Heike Born.

Die Pandemie hatte an einigen Stellen Einfluss auf die Arbeit im Frauenhaus, und hat sie nach wie vor. Es ist nur eine Einzelbelegung der Zimmer möglich, das Notbett im Beratungsraum wird dauerhaft gebraucht, das Spielzimmer wird fürs Homeschooling genutzt und die externe Notwohnung dient als Quartier für die Quarantäne. „Was wir nicht bestätigen können, ist, dass die Fälle von häuslicher Gewalt in der Corona-Krise angestiegen sind. Zumindest nicht die Fälle, die bei uns ankommen“, führte Maria Heß aus. Jeweils 29 Frauen und Kinder suchten 2020 Zuflucht im Frauenhaus, darunter zwei Suhlerinnen mit ihren Kindern. Im Jahr zuvor waren es 42 Frauen und 36 Kinder gewesen, neun Frauen und sechs Kinder kamen dabei aus Suhl.

Kontakte zu Betroffenen in Lockdowns eingeschränkt

Obwohl die Dunkelziffer an Fällen häuslicher Gewalt bestimmt zugenommen habe, hätten weniger Betroffene Zuflucht im Frauenhaus gesucht, fasste Mitarbeiterin Maria Heß zusammen. „Viele Zugangswege zum Hilfesystem sind während der Lockdowns weggefallen oder wurden ausgedünnt“, nannte sie eine mögliche Ursache für den Rückgang der Zahlen. „Es gab weniger persönliche Kontakte zu Beratungsstellen, zum Jobcenter oder auch zur Familie und zu Freunden. So war es schwieriger, die Frauen zu erreichen und umgekehrt.“ Dafür hätten mehr Betroffene aus eigener Initiative das Frauenhaus aufgesucht, ergänzte Heike Born.

Die Plätze in der Einrichtung reichten für den Zuständigkeitsbereich aus, beantwortete die Leiterin entsprechende Fragen im Ausschuss. Es gebe Stoßzeiten, aber im Schnitt gebe es genügend Plätze, meinte auch Maria Heß. Aktuell ist das Meininger Frauenhaus voll belegt.