Bereits jetzt verdanken gut zehn Prozent der mehr als 800 Mitglieder in den Lords ihren Posten dem baldigen Ex-Premier. Darunter Johnsons Bruder Jo - Baron Johnson of Marylebone - oder Jewgeni Lebedew, Sohn des russischen Oligarchen Alexander Lebedew, Chef der Zeitungen "Evening Standard" und "Independent" und enger Kumpel des Premiers. Sein schwülstiger Titel: Baron von Hampton im London Borough Richmond upon Thames und Sibirien in der Russischen Föderation.
"Resignation Honours"-Liste sorgt für Unmut
"Boris Johnsons "Resignation Honours"-Liste wird die endgültige Beleidigung sein", warnt die Zeitschrift "New Statesman". "Dutzende Kumpane, Großspender, Brexit-Cheerleader und Schmeichler" könnten in das ehrenwerte Haus einziehen. Schon jetzt hat weltweit nur der chinesische Volkskongress mehr Mitglieder. Das Lobby-Unternehmen CT Group, das dem Tory-Berater Lynton Crosby gehört, hat nun auch vorgeschlagen, Johnson solle bis zu 50 konservative Lords ernennen, um umstrittene Gesetze durchs Parlament zu bringen.
Zwar werden die Debatten im House of Lords nur selten beachtet. Vielen gilt es als historisches Überbleibsel. Doch tatsächlich hat die zweite Parlamentskammer enormen Einfluss. Immer wieder machen die Lords der Regierung das Leben schwer. Mit seinen Ernennungen könnte Johnson die Gewichte verlagern und es künftigen konservativen Premiers erleichtern, konservative Gesetze durchzubringen.
Als Favoritin für die Nachfolge gilt derzeit Außenministerin Liz Truss, die am rechten Rand der Partei verortet wird. Auf der Agenda stehen unter anderem, dass Großbritannien die Europäische Menschenrechtskonvention verlässt, um seine Einwanderungsgesetze noch drastischer verschärfen zu können, oder völkerrechtlich bindende Brexit-Sonderregeln für Nordirland mit einem neuen Gesetz ignoriert.