Greenpeace im Haseltal Konzept für den Zukunftswald vorgestellt

Anfang des Jahres kauften der Verein Bergwaldprojekt und die Greenpeace-Umweltstiftung rund 200 Hektar Wald nahe Unterschönau. Im Heimathof informierten sie nun, was sie damit vorhaben.

 
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Steinbach-Hallenberg - Greenpeace kauft Wald im Haseltal, diese etwas verkürzte Nachricht sorgte Anfang 2021 für Aufsehen in der Region. Was hat die bekannte Umweltschutzorganisation hier vor? Corona verhinderte bisher allerdings eine Informationsveranstaltung, die dieser Tage im Heimathof nachgeholt wurde.

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Dass das Interesse nach wie vor groß ist, zeigten die rund 35 Besucher, die der Einladung des Bergwaldprojekt-Vereins und der Umweltstiftung Greenpeace aus Hamburg folgten.

Den bisherigen Privatwald im Bereich der Moosburg, Gemarkung Unterschönau, wollen die beiden Natur- und Umweltschutzorganisationen künftig nach dem Konzept der naturnahen Waldnutzung bewirtschaften. Trockenheit, Borkenkäfer und starker Wildverbiss haben der Fläche arg zu gesetzt.

„Anhand dieses Beispiels möchten wir zeigen, dass eine naturnahe stabile Waldentwicklung im Einklang mit einer wirtschaftlichen Nutzung möglich ist – auch wenn es dafür Geduld und Zeit braucht. Es soll ein Zukunftswald für Mensch und Natur sein“, erläuterte Melanie Stöhr vom Vorstand der Umweltstiftung Greenpeace.

Die gemeinnützige Stiftung sei Teil der internationalen Greenpeace-Organisation und deren Zielen und Werten verpflichtet. Sie widme sich dem Schutz der Umwelt und Natur und fördere die Völkerverständigung durch Friedensforschung.

Der Verein Bergwaldprojekt biete in dem Waldstück einwöchige, ökologische Arbeitseinsätze für freiwilligen Helfern. Ziel sei der Erhalt und die Renaturierung der Ökosysteme, insbesondere im Wald, aber anderenorts auch im Offenland und Mooren. Über die angeleitete Arbeit sollen die freiwilligen Helfer für den Wert und den Erhalt der menschlichen Lebensgrundlagen und zukunftsfähige Lebensstile sensibilisiert werden.

Projektleiter und Revierförster Hendrik von Riewel verwies auf die schlechte Situation des Waldes in Deutschland, in dem, ausgelöst durch die letzten drei Trockenjahre, circa 280 000 Hektar abstarben. Betroffen seien davon zwar alle Baumarten, den größten Anteil nehmen jedoch naturferne Nadelholzmonokulturen ein. Diese, durch die Klimakrise hervorgerufene Situation, bedrohe auch den Thüringer Wald, wenn auch momentan noch nicht flächig wie bereits in anderen Regionen Deutschlands. „Es ist also höchste Zeit, sich den Wald hin zu naturnahen und damit widerstandsfähigeren Strukturen entwickeln zu lassen“, so von Riewel. Es gehe nicht darum, die Wirtschaftsweisen der Vor-Wende-Zeiten an den Pranger zu stellen. Was sie taten, seien die zu ihrer Zeit und aus den gesellschaftlichen Gegebenheiten resultierenden, logischen Ansätze gewesen.

Angesichts neuer Erkenntnisse aus der waldökologischen Forschung müsse man nun aber umschwenken. Beispiele einer nicht zukunftsfähigen Bewirtschaftung gab es aber auch nach dem Verkauf des Waldes in Nachwende-Zeiten. So seien die Abstände der Rückegassen zu eng und die Altbestände durch die starke Nutzung bedrohlich aufgelichtet. Dazu komme ein überhöhter Wildbestand im Revier.

Zu den Lösungsansätzen der Akteure für die Waldbewirtschaftung gehören die Einzelbaumnutzung ohne Kahlschlag, die Naturverjüngung mit standortheimischen Baumarten, der Aufbau vorratsreicher Waldbestände sowie eine bodenschonende Holzernte. Hierzu gehöre das Rücken mit Pferden ebenso wie eine maschinengestützte Seilbringung.

Der Wald habe eine Sozial- und Schutzfunktion, zum Beispiel vor Hochwasser und Erdrutschen, die es zu erhalten gelte, betonte von Riewel. Über die nächsten 30 Jahren solle in Unterschönau eine Entwicklung hin zu naturnahen Waldstrukturen angestoßen werden. Eine wissenschaftliche Begleitung der Arbeit soll Rückschlüsse auf die Wirkung naturnahe Nutzungsmethoden zulassen.

Die anwesenden Gäste nutzten die Gelegenheit, um mit den neuen Waldeigentümern ins Gespräch zu kommen. Konkrete Fragen, wie beispielsweise, ob die natürliche Verjüngung des Waldes auch durch Saat gefördert werden soll oder ob im Hinblick auf eine mögliche Waldbrandgefahr auch resistente Baumarten angepflanzt werden wurden gestellt.

Saat könne ein gutes Mittel sein, um die Naturverjüngung zu ergänzen. Es soll jedoch nur mit heimischen Baumarten gearbeitet werden. Noch offene Fragen, wie die Weiternutzung einer alten Wildfütterung als möglichen Unterstand bei schlechtem Wetter oder der Nutzung der Wege auch für Reiter, sollen in einem Infrastrukturkonzept betrachtet werden.

„Es gab viel Interesse und ich denke, da kann wirklich etwas Gutes entstehen“, freute sich auch der anwesende Bürgermeister Markus Böttcher. Das Moosbachtal sei für ihn persönlich eines der schönsten Gebiete und er freue sich sehr über die Ideen und das Engagement der neuen angrenzenden Waldeigentümer. Kritik gab es seitens einiger Jagdpächter, die sich eine aktivere Beteiligung wünschen und im Vorfeld des Konzeptes gerne mit den Akteuren ins Gespräch gekommen wären. Die Waldbesitzer versprachen hierzu kurzfristige Termine. Dabei hoben sie noch mal ihren Wusch nach einem guten Miteinander mit allen Interessengruppen des Waldes hervor.

Der Bergwaldprojektverein plant in den nächsten Monaten weitere Informationsveranstaltungen und thematische Angebote zum Thema naturnahe Waldnutzung. In Abstimmung mit Bürgermeister Böttcher wurde auch schon ein Ausblick auf eine gemeinsame Waldaktion mit der Bevölkerung in Aussicht gestellt. Voraussichtlich am 13. November soll es eine gemeinsame Pflanzaktion in einem durch Windbruch und Borkenkäfer stark geschädigtem städtischen Waldstück geben. Hierfür werden bis zu 150 freiwillige Helfer benötigt.