Als Greim das erzählt, haben kurz zuvor die Famberg-Musikanten den Auftakt der Probe mit „Bridge Over Troubled Water“ gegeben. Torsten Storandt hat sich die Noten des Mut machenden Simon&Garfunkel-Hits, der von Schmerz und Trost erzählt, für die neun Bläser extra besorgt.
„Posaunen sind evangelische Grundausstattung, aber für den Tonmeister gruselig. Heute sind wir pingelig, morgen ist alles live – bis auf die Glocken, 1 Minute 30, zu Beginn und am Ende“, sagt Greim am Samstag. Doch damit die Bass-Posaune, die vier Trompeten, die Tuba und die drei Hörner nicht gruselig, sondern klar und andächtig beim Hörer ankommen, gibt es ja Glaser und Straube im Ü-Wagen. Sie hören auch, wie kräftig der Chor singt, geben Sophia aus dem Off den Hinweis, die Fürbitten „engagiert, nicht zu leise“ zu sprechen. Die beiden Profis kriegen den Ton am Ende so programmiert, dass am Sonntag alles wunderbar im Radio klingt.
Ulrike Greim ist der „Türöffner“, stimmt Gemeinde und Hörer mit den Worten „Willkommen in Südthüringen, willkommen in Fambach“ zu Beginn des Gottesdienstes ein. Am schönsten sei, „wenn die Zuhörer aktiv dabei sind, mitsingen etwa“. Deshalb seien immer ein bis zwei bekannte Lieder eingebaut. Hörer, die nicht mehr selbst zum Gottesdienst gehen können oder auf der Welt verstreut leben, geben positive Rückmeldungen. Durch Corona seien die Gottesdienste sehr wichtig und intensiv gewesen, „weil wir so Kontakt zu vielen Menschen hatten, die total einsam zu Hause saßen“.
Wieder in der Kirche ruft sie: „Milina, wir möchten dich einmal auf der Kanzel hören, husch!“ Und Michael Glaser sagt aus dem Off Sätze wie: „Carsten, vielen Dank. Das kriegen wir hin“ oder „Wir haben noch drei Minuten.“
Ja, die Zeit. Die ist am Ende der Durchlaufprobe das Problem. „Wir sind zu schnell, es fehlen sieben Minuten“, stellt Ulrike Greim zu Beginn der Regiebesprechung fest. Die dauert eine Stunde. Milina Reichardt-Hahn, Torsten Storandt, Kantor Christian Glöckner und seine Frau, Chorleiterin Ingeborg Glöckner, wägen die Vorschläge der drei Profis vom MDR ab, wie man auf die sieben Minuten kommt. Noch ein kurzes Lied einbauen? Den Predigtext vorlesen lassen? Noch ein paar Sätze, an den Aufruf an die Hörer, nach dem Gottesdienst mit der Gemeinde in Kontakt zu treten, stricken? Den Segen verlängern? Nachdem man sich geeinigt hat, folgt noch der „Hinweis an alle, gelassener zu sein“, an den Chor, lauter zu singen, überzeugter aufzutreten, an den Kantor, manchmal „etwas auf die Bremse zu treten“, damit der Chor mitkommt. Torsten Storandt verspricht, die Famus werden „warmgeblasen“ erscheinen.
Dann kommt der Sonntag. Um 10 Uhr läuten die Fambacher Glocken aus dem Radio. Die Musikstücke und Lieder klingen fabelhaft, die Texte verständlich, eindringlich. Doch plötzlich stimmt die Zeit nicht mehr. Fast vier Minuten hängt man zwischenzeitlich dem Plan hinterher. Doch wozu hat man die Profis in der Kirche, im Ü-Wagen und im Funkhaus sitzen? Zwar eine Minute verspätet erklingen die Glocken um 10:58:30 Uhr zum Ende des Gottesdienstes wieder, dann meldet sich das Funkhaus in Halle, um an die 11-Uhr-Nachrichten-Redaktion zu übergeben.
Nun haben nicht nur die Fambacher, sondern etwa 200 000 bis 300 000 Zuhörer den Gottesdienst aus Fambach auf MDR Kultur im Radio und im Netz live miterlebt. Wer nicht dabei sein konnte, kann ihn hier nachhören >>>