Der Gerti, Kinderchen, ist offenbar ein wenig sauer auf mich. „Du hältst mich nur noch auf Trab, Tante“, maulte der Lieblingsneffe, „dabei brauche ich mal wieder eine ganz ruhige Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme.“ Gut, letzten Sonntag musste er mich in aller Herrgottsfrühe nach Fulda fahren: Bonifatiusfest, das kann ich mir doch nicht entgehen lassen. Das „Oh Glaubensvater, sieh die Not, in der wir uns befinden“ hat er auf sich ganz persönlich bezogen und ein Gesicht gemacht wie tausend Tage Regen. Aber am Mittwoch ist der Sauhund dann von sich aus und ganz allein schon wieder nach Fulda gefahren und hat dort auf der Landesgartenschau Tausende Blumenzwiebeln geklaut, die eigentlich an Dauerkartenbesitzer verschenkt werden sollten. Er wolle, sprach der Gerti, mein Gärtchen im nächsten Frühjahr zu einem Tulpenparadies machen. Haste Töne? Da hat man ja praktisch einen Kriminellen in der nächsten Verwandtschaft! Zur Strafe habe ich den Kerl am Donnerstag wieder ganz früh aus den Federn gejagt. Wieder Fulda, diesmal Fronleichnamsprozession. „Ich bin doch kein Heiliger, Lisbeth“, stöhnte der Junge. Kann man ja auch wirklich nicht behaupten. Zwiebeldieb der! Na, jetzt darf er aber auch ein bisschen feiern und mich zum Thüringentag nach Schmalle fahren. Ehrensache! Als ich dem Gerti aber mitteilte, dass er nüchtern bleiben und mich abends nach Spahl zurückfahren müsse, da hat er tatsächlich geweint.
Glosse zum Wochenende Kriminelle Energie
Christoph Witzel 09.06.2023 - 13:44 Uhr