Gläserner Bürger Rückkehr zur alten Personenkennzahl?

Der Bundestag hat ein Gesetz beschlossen, mit dem die Steuer-Identifi­kationsnummer zu einer umfassenden Bürger­nummer werden soll.

 
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Verwechslungsgefahr: Die Identifikationsnummer ist nicht die Steuernummer. In der Steuererklärung sind beide gefragt. Foto: picture alliance / dpa/Oliver Berg

Berlin - Gelernte DDR-Bürger werden sich sofort an die alte Personenkennzahl erinnern: Eine zwölfstellige Zahlenkombination, die man überall in Formularen brauchte und selbst auf dem Scheck ausfüllen musste, wenn man Bargeld vom Konto abheben wollte. Im Westen wirkt dagegen das „Mikrozensusurteil“ des Bundesverfassungsgerichts fort, das schon 1969 einen Verstoß gegen die Menschenwürde sah, wenn die Bürger vom Staat in bloßen Nummern katalogisiert werden.

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Vor diesem Hintergrund löst die Entscheidung des Bundestags für eine umfassende Bürgernummer Diskussionen aus: Der am Donnerstagabend verabschiedete Gesetzentwurf sieht vor, die Steueridentifikationsnummer nicht nur beim Finanzamt, sondern an rund 50 weiteren Stellen zu speichern – etwa im Melderegister, im Führerscheinregister und im Waffenregister sowie bei der Rentenversicherung und den Krankenkassen. Die Steuer-ID hat jeder Bürger vom Bundeszentralamt für Steuern zugeteilt bekommen, Kinder erhalten sie kurz nach der Geburt. Sie gilt lebenslang.

Durch die einheitliche Nummer sollen Verwaltungsvorgänge vereinfacht werden, heißt es zur Begründung. So müssten Dokumente oder Daten von den Behörden nicht mehrfach an verschiedenen Stellen eingeholt werden. Die gegenseitige Datenabfrage der Behörden soll allerdings nur erlaubt sein, wenn die betroffene Person zugestimmt hat. Zudem ist ein sogenanntes „Datencockpit“ geplant, über das jeder einsehen kann, welche Behörden welche Daten zu ihm ausgetauscht haben.

Datenschützer und die Opposition laufen gegen die Daten-Nummer Sturm. So stimmte die Opposition am Donnerstag geschlossen mit Nein. Die Neuregelung muss auch erst noch im Bundesrat verabschiedet werden. Der digitalpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Manuel Höferlin, sagte, die Nutzung der Steuer-ID als einheitlicher Personenkennung sei verfassungsrechtlich hochbedenklich. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz warnte, wenn das Verfahren in einigen Jahren vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern sollte, „dann haben wir ein Kosten- und Zeitproblem biblischen Ausmaßes“.

Bei der Abschaffung der DDR-Personenkennzahl nach der deutschen Einheit war übrigens vor allem der Datenschutz ausschlaggebend. So bestand die PKZ – für jeden erkennbar – in den ersten sechs Stellen aus dem Geburtsdatum, die nächste Ziffer verschlüsselte, ob männlich oder weiblich und ob vor oder nach 1900 geboren. Dann folgten Schlüsselnummern für Geburtsort und -kreis, sowie eine laufende Nummer, damit mehrere an einem Tag in einer Stadt geborene Kinder nicht die selbe Personenkennzahl bekamen.