Gewerbliche Schutzrechte „Der Erfindergeist bleibt ungebrochen“

Eleonora Hamburg (43)
Dr. Christoph Hoock ist Leiter des Landespatentzentrums Thüringen (Paton) mit Sitz an der Technischen Universität Ilmenau. Foto: Paton

Für viele Unternehmen und Erfinder ist die Patinfo, die größte Konferenz über Patentinformation und gewerblichen Rechtsschutz in Deutschland, ein fester Termin im Jahr. Statt wie geplant im Suhler Congress Centrum findet diese erneut als virtuelle Konferenz vom 9. Bis 11. Juni statt. Dr. Christoph Hoock, Leiter des Landespatentzentrums Thüringen (Paton), erklärt im Interview, welche Themen die Besucher auf der Patinfo erwarten und welche Folgen die Corona-Pandemie für das Erfinderwesen in Thüringen hat.

 
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Für viele Unternehmen und Erfinder ist die Patinfo, die größte Konferenz über Patentinformation und gewerblichen Rechtsschutz in Deutschland, ein fester Termin im Jahr. Statt, wie geplant, im Suhler Congress Centrum findet diese erneut als virtuelle Konferenz vom 9. bis 11. Juni statt. Dr. Christoph Hoock, Leiter des Landespatentzentrums Thüringen (Paton) mit Sitz an der Technischen Universität Ilmenau, erklärt im Interview, welche Themen die Besucher auf der Patinfo erwarten und welche Folgen die Corona-Pandemie für das Erfinderwesen in Thüringen hat.

Herr Hoock, die kommende Patinfo kann nicht, wie geplant, in Präsenzform stattfinden. Sind Sie enttäuscht über die erneute Absage?

Ja, schon. Unsere Besucher, die Aussteller und auch wir haben uns den persönlichen Austausch sehr gewünscht. Viele Firmen sind Wettbewerber am Markt, auf einer Konferenz kann man sich dann aber doch mal bei einem Rostbrätel und einem entspannenden Abend ganz anders austauschen als dies per Mail oder per Chat möglich wäre. Wir haben viel Energie und Ressourcen in ein Hygiene-Konzept für eine Vor-Ort-Konferenz gesteckt. Wir sind aber sehr gut aufgestellt und froh, im eigenen Team dafür Fachleute zu haben, auf die wir uns verlassen können.

Die Patinfo beschäftigt sich, wie im Vorjahr, mit dem Thema „Markterfolg durch smarte IP-Strategie“. Was kann man unter diesem Thema verstehen und warum haben Sie es erneut gewählt?

Letztes Jahr konnten wir zu diesem Thema nur Appetit-Happen präsentieren, den tatsächlichen Inhalt gibt es erst in diesem Jahr. Es geht darum: Die besten Ideen sind nur sinnvoll, wenn sie realisiert werden und den Markt erreichen. Dafür sind Investitionen in die Entwicklung innovativer Produkte nötig, seien es technische Geräte, Verfahren oder Impfstoffe. Sind Ideen gut, werden sie allerdings von anderen kopiert. Damit die innovative Firma die Investitionen wieder erwirtschaften kann, erhält Sie darum – eine kluge, also smarte, Patent- und Markenstrategie vorausgesetzt – für eine gewisse Zeit ein Monopolrecht, aus dem sie auch anderen Firmen Lizenzen erteilen kann. So können Hersteller und Verbraucher den größten Nutzen aus innovativen Problemlösungen ziehen. Die Schutzrechte Marke, Design und Patent haben verschiedene Schwerpunkte und Laufzeiten und müssen deshalb klug aufeinander abgestimmt werden.

Welche Schwerpunkte werden in den virtuellen Vorträgen und Workshops angesprochen?

Den Ablauf der Präsenz-Patinfo konnten wir bei der virtuellen Variante weitgehend erhalten. Wir beginnen mit Vorträgen von Führungskräften verschiedener Patentämter beziehungsweise des Ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Sie stellen neue Gesetzesvorhaben vor, die unsere IP-Strategie beeinflussen. Im nächsten Block zeigen Fachleute aus der Industrie, welche besondere IP-Strategie sie erfolgreich umgesetzt haben. Weitere Teile der Konferenz sind internationale Anwendung des Themas, Einsatz von Marken und Designs, Verwertung von Patenten und Recherche von Patentinformation.

Welche Vorteile bietet die virtuelle Austragung der Konferenz?

Bei vielen Firmen sowie auch beim Deutschen und Europäischen Patentamt gibt es Reiseverbote, teilweise für das gesamte Jahr 2021. Diese Teilnehmer hätten wir in Präsenz nicht erreicht. Während in Präsenz maximal 30 Interessenten für einen Workshop berücksichtigt werden können, liegt hier die Grenze bei 60. Vortragende aus dem Ausland hingegen – dieses Jahr Österreich, England, China, Frankreich und Luxemburg – sehen im virtuellen Format eher einen Vorteil.

Wie viele Teilnehmer erwarten Sie und aus welchen Branchen kommen diese?

Unsere 200 bis 300 erwarteten Besucher kommen aus allen technischen Branchen vom Start-up bis zum Großkonzern. Daneben aber auch viele Dienstleister wie Patentinformationszentren, öffentlicher Dienst und Anwaltskanzleien.

Wie gestaltet sich Ihre Arbeit in der Corona-Pandemie und hat die Pandemie negative Folgen für das Erfinderwesen in Thüringen?

Obwohl Forschung und Entwicklung in den Laboren und Werkstätten unter Corona-Bedingungen erschwert sind, bleibt der Erfindergeist ungebrochen. Thüringen ist mit 612 Patentanmeldungen in 2020 auf Platz 1 der neuen Bundesländer und auch bundesweit nun auf Platz 6 noch vor Hessen und Rheinland-Pfalz. Bei den Markenanmeldungen jedoch (fast) Schlusslicht. Wie viele andere arbeiten wir überwiegend per Telearbeit und organisieren unsere Beratungsgespräche online. Junge Erfinderteams haben damit kein Problem und nehmen die Termine auch überregional wahr. Ältere Einzelerfinder, teilweise ohne Computer, haben es schon schwerer. Wir hoffen jedoch, ab Juli wieder für die Öffentlichkeit auch mit persönlicher Anwesenheit zugänglich zu sein.

Welche Schutzrechte-Themen und Trends treiben Erfinder und Unternehmen weltweit derzeit um?

Die aktuelle Wirtschaftskrise macht auch vor den innovativen Firmen nicht halt. Global zeigt sich ein deutlicher Rückgang in der Anzahl der Patentanmeldungen, aber eine Zunahme an Markenanmeldungen. Marken werden in Zeiten des Online-Handels wichtiger. Patentanmeldungen zeigen, für welche Probleme aktuell Lösungen gesucht werden: So sind im Trend Anmeldungen aus dem Gesundheitsbereich, Software und künstliche Intelligenz sowie Energiethemen.

Mit dem überarbeiteten Webauftritt der TU Ilmenau und dem Fokus auf den Wissenstransfer aus der Universität rückt das Paton weiter in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Welche Angebote bietet das Paton interessierten Unternehmen und Erfindern an?

Wir unterstützen Erfinder, gleich ob privat, Universität oder Unternehmen, beim Finden innovativer Lösungen. Bei einer gemeinsamen Suche in unseren weltweiten Datenbanken klären wir, ob es vergleichbare oder gar bessere Lösungen gibt, wer mögliche Wettbewerber oder Lizenzpartner sind, und entwickeln Strategien zum Schutz der innovativen Lösungen. Dazu gehören auch eine kostenlose Erstberatung durch einen Patentanwalt und Informationen über Fördermöglichkeiten.

Erwarten Sie in näherer Zukunft mehr Kooperationen mit Erfindern und Unternehmen aus der Region?

Wir sind als Landespatentzentrum Thüringens ein wichtiger Kooperationspartner für das Deutsche Patent- und Markenamt sowie für das Europäische Patentamt und werden an einem Pilot-Programm teilnehmen, das sich speziell an kleinste, kleine und mittlere Firmen in Thüringen richtet. Unsere speziell für dieses Programm ausgebildeten Expertinnen und Experten beraten ausgehend von einer Schutzrechtportfolioanalyse rundum zum Schutz des geistigen Eigentums, angefangen von Geheimhaltung bis zu Lizenzmöglichkeiten und Wettbewerbsanalysen.

Interview: Eleonora Hamburg

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