"Ob wir solche besonderen Situationen vergleichbar auch in den Arztpraxen haben und somit ein vergleichbares Rechtsgut betroffen ist, würde ich gerne mit Herrn Gassen persönlich besprechen", kommentierte Buschmann im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Niedergelassene Ärzte und ihre Mitarbeiter seien unverzichtbar für den sozialen Rechtsstaat. "Selbstverständlich müssen niedergelassene Ärzte sich nicht alles bieten lassen: Wer in eine Arztpraxis geht, dort Menschen bedroht, beleidigt, sie mit Gewalt angeht oder das Hausrecht verletzt, macht sich schon heute strafbar", so Buschmann.
Lauterbach: "Uns droht so schon ein massiver Arztmangel"
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach sich in einem Post auf der Plattform X für eine stärkere Bestrafung bei Gewalt oder Gewaltandrohungen gegen Ärzte und Ärztinnen sowie Pflegekräfte aus. "Uns droht so schon ein ganz massiver Arztmangel, Praxen können nicht wieder besetzt werden", schrieb er. Mit dem Justizminister arbeite er an dem Gesetz zur Strafverschärfung.
Die Bundesärztekammer unterstützt das Vorhaben. Straftaten gegen diese Berufsgruppen müssten aber nicht nur schärfer bestraft, sondern auch effektiv verfolgt und aufgeklärt werden, forderte die Kammer in einer jüngst veröffentlichten Stellungnahme zum Referentenentwurf. "Wir brauchen dringend Aufklärungskampagnen, die deutlich machen, dass diese Menschen Retter und Helfer sind", hieß es auf Anfrage. Auch der Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sprach sich für die angekündigte Strafverschärfung aus.
Fortbildungen und Deeskalations-Seminare
Um Fälle zu melden, hätten einige Ärztekammern für Betroffene bereits eine spezielle Meldeadresse eingerichtet, es gebe auch Fortbildungen zum Thema. Die Landesärztekammer Hessen etwa habe einen Meldebogen eingeführt. "Die aktuellen Ergebnisse des Meldebogens verdeutlichen, dass dringlichster Bedarf in der Ärzteschaft sowie bei den Medizinischen Fachangestellten besteht, dem Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht durch z.B. Deeskalations-Seminare entgegenzuwirken", hieß es auf der Website.
Warum aber ist die Gewaltbereitschaft in Arztpraxen teils hoch? "Gerade in Stress- und Notsituationen, in denen das persönliche Wohlbefinden als eingeschränkt wahrgenommen wird, kann der Mensch dann mit Wut und Aggressivität reagieren", kommentiert der Psychologe Michael Wiens. "Emotionen haben immer eine Signalfunktion, dass bestimmte Bedürfnisse nicht erfüllt sind."