Gesellschaftshaus Sonneberg PEN Berlin: Wer spricht am 20. August?

Martin Glienke

Kurz vor der Landtagswahl am 1. September häufen sich die politischen Angebote im Landkreis Sonneberg. Dazu zählt auch die bundesweite Gesprächsreihe PEN Berlin. Die Redaktion stellt die Teilnehmer vor.

 
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Die Veranstaltungsreihe wird vom Pen Berlin ausgerichtet und findet mit 37 Ausgaben in Sachsen, Thüringen und Brandenburg statt. Ilko-Sascha Kowalczuk (l), Historiker und Publizist, und Dirk Oschmann, Literaturwissenschaftler, diskutieren hier mit der Autorin Bettina Baltschev in Chemnitz. Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Unter dem Titel „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen – Meinungsfreiheit und Demokratie“ veranstaltet PEN Berlin eine Gesprächsreihe in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Eine der insgesamt 37 Veranstaltungen wird am 20. August im Gesellschaftshaus Sonneberg stattfinden. Beginn ist um 19 Uhr. Die Teilnehmer an dieser Debatte sind Martin Debes, Anette Dowideit, Friedrich Hermann und Martin Jankowski.

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Alleinherrschaft wäre problematisch

Podiumsteilnehmer Martin Debes ist es wichtig, dass die Podiumsdiskussion als solche angesehen wird. „Das soll keine linke Lehrveranstaltung werden, sondern ein Gespräch auf Augenhöhe“, sagt der Redakteur von Stern. Deshalb seien auch bei allen Gesprächen Menschen mit unterschiedlichen Meinungen eingeladen. Gerade deswegen habe er sich bereit erklärt, da er seit mehr als 20 Jahren für Thüringen über Politik informiert. Er selbst ist in Jena geboren und arbeitete seit 2024 beim „Stern“. In den letzten Jahren verfasste er mehrere Bücher zum Thema Demokratie in Thüringen. Im aktuellen Titel „Deutschland der Extreme: Wie Thüringen die Demokratie herausfordert“ sieht er die Demokratie im Freistaat bedroht.

Über die politische Lage in Sonneberg hat er klare Worte: „Sonneberg steht seit der Wahl von Robert Sesselmann zum Landrat als unfreiwilliges Synonym für das, was im sogenannten Osten angeblich oder tatsächlich schiefläuft.“ Die Situation sei aber deutlich komplexer, als sie teilweise dargestellt würde, so der Journalist. In seiner Arbeit in Thüringen habe er das selbst erfahren. Um diese Anschauung zu ändern, sei Aufklärung notwendig – und zwar vor allem außerhalb von Sonneberg und dem Freistaat. Dennoch hält Debes eine zunehmend rechtsextreme Partei in der Region, die nach der Alleinherrschaft strebt, für problematisch.

Investigativ für die Demokratie

Anette Dowideit ist stellvertretende Chefredakteurin beim investigativen Medienunternehmen Correctiv. Ihre Arbeit konzentriert sich auf Recherchen zu Korruption, Missständen im Gesundheitswesen, sozialer Ungleichheit und Problemen auf dem Arbeitsmarkt. Dowideit und ihr Team wurden zuletzt durch die Aufdeckung eines rechtsextremen Treffens in Potsdam bekannt. Sie bringt ihre Erfahrung im investigativen Journalismus in die Diskussion ein und möchte durch ihre Arbeit zur Transparenz und Aufklärung beitragen.

In einem Interview vom März 2024 im Magazin „journalist“ spricht sie ausführlich über die Notwendigkeit von investigativen Recherchen. Ihnen ginge es nicht um Meinungsbildung, sondern explizit um den Diskurs, den wir anstoßen wollen, so die Redakteurin. Den Vorwurf, dass Journalismus nicht neutral sei, räumt sie zumindest teilweise ein. „[Journalismus kann nicht neutral sein], denn dahinter stehen immer Menschen mit Haltungen. Entscheidend ist, ob möglichst objektiv recherchiert und berichtet wird.“

Gegen „Dunkeldeutschland“

Friedrich Herrmann, geboren 1991 in Jena, ist ein bekannter deutscher Poetry-Slammer. Seit 2008 begeistert er mit humorvollen, gesellschaftskritischen Texten und charismatischer Bühnenpräsenz die Poetry-Slam-Szene. 2019 gewann er die deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften. Neben seinen Auftritten ist Herrmann auch als Veranstalter und Moderator tätig und prägt die deutschsprachige Slam-Landschaft maßgeblich. Er bringt eine kreative und künstlerische Perspektive in die Diskussion ein. Er hat ein besonders großes Interesse an Sonneberg. „Dass Sonneberg mehrheitlich Sesselmann gewählt hat, der ohne erkennbare lokalpolitische Themensetzung angetreten ist, lässt aufhorchen. Als Thüringer möchte ich wissen: Was ist da los? Was versprechen sich die Menschen von ihm? Konnte er bisher liefern oder erweist er sich als Luftnummer?“. Die Wahl von Sesselmann habe seiner Meinung nach auch nichts verändert, vielmehr einen Trend verstärkt. Thüringer Städte seien häufiger durch negative Meldungen in den Schlagzeilen, sagt er. „Als meine Heimatstadt Jena in den Bundesnachrichten war, dann eigentlich immer wegen dem NSU“. Mit dieser Nachrichtenlage ist er nicht zufrieden. „Dunkeldeutschland denken die Menschen, die noch nie hier waren. Diese Seite von Thüringen schmerzt mich, zum Glück ist sie bei Weitem nicht die Einzige“.

„Wir wollen nicht appellieren“

Martin Jankowski ist Schriftsteller und wird die Veranstaltung moderieren. Auch er ist in Thüringen aufgewachsen und freut sich auf die Diskussion in Sonneberg. Jankowski legt Wert darauf, dass es bei der Veranstaltung um einen echten Dialog geht und nicht um eine Belehrung. „Wir wollen an die Sonneberger nicht appellieren – die wissen schon selbst Bescheid“, sagt er. „Wir wollen mit ihnen diskutieren und hören, was sie zu unserem Thema denken. Unser Thema ist ja: Meinungsfreiheit! “ Er betont die Wichtigkeit, verschiedene Meinungen auszuhalten und respektvoll miteinander umzugehen. „Mir persönlich ist es wichtig, dass wir alle miteinander lernen, andere Meinungen auszuhalten und damit klarzukommen, ja sie auch zu respektieren – das gilt für alle beteiligten Seiten. Das heißt nicht, dass Widerspruch und Disput schlecht wären – im Gegenteil, wir wollen konstruktiv streiten lernen.“ Jankowski wird dafür sorgen, dass möglichst viele Teilnehmer zu Wort kommen und eine ausgewogene Debatte entsteht. „Die leisen Töne sollen auch gehört werden“.