Christine Lieberknecht wiederum hat Sorge, dass Mehrheitsmeinungen alleine den Diskurs bestimmen, und jeder, der etwas anderes sagt, nicht gehört, schlimmstenfalls niedergebrüllt wird: „Also haben Bürger das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.“ Auch auf die Frage hin, ob im öffentlichen Diskurs, wenn es unbequem wird, zu schnell die Reißleine gezogen, die Debatte abgebrochen wird, hat Lieberknecht eine klare Meinung: „Ich bin für einen eher weiteren Diskussionsraum.“ Einig sind sich am Ende alle darüber, wann Schluss mit Lustig ist: „Die Grenze des Protests sehe ich, wenn es darum geht, die Demokratie zu delegitimieren, anstatt die Politik zu ändern“, sagt Jörg Ganzenmüller.
Messe ausgebucht
Erstmals seit über zwei Jahren lädt die Bundesstiftung Aufarbeitung wieder zur nunmehr 14. Geschichtsmesse nach Suhl. Mit Vorträgen, Diskussionen, Präsentationen und Workshops beschäftigen sich die über 250 Teilnehmer aus ganz Deutschland seit Donnerstag unter der Überschrift „Demokratie unter Druck“ noch bis Samstag mit Freiheit, Protest und Extremismus in Europa nach 1989/90. Im vergangenen Jahr musste das Suhler Traditionstreffen, das immer im Januar stattfindet, pandemiebedingt ausfallen. In diesem Jahr wurde es in den April verschoben. „Das Interesse ist dennoch ungebrochen“, sagt Anna Kaminsky, die Direktorin der Bundesstiftung. Die Tagung sei sofort ausgebucht gewesen. Beschäftigte sich die Messe in den zurückliegenden Jahren vor allem mit DDR-Diktatur und Folgen, rückt nun deutsche und europäische Geschichte nach der Zeitenwende 1989 in den Fokus. Die 15. Messe wird im Januar 2023 im Suhler Ringberghotel stattfinden.