Geschichte der Stadt Sonneberg Schwimmhallenbau mit Hindernissen

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Im Februar 1972 stand die Halle im Rohbau, am 7. Oktober 1972 wurde sie eingeweiht. Foto: Horst Scheler

Am 7. Oktober 1972 weihte die Stadt Sonneberg ihre erste Schwimmhalle ein. Schon 1969 war die Baugrube ausgehoben worden. Die Suhler SED-Oberen hatten den Bau aber für einige Jahre auf Eis gelegt.

 
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Es war ein großer Tag für die Sonneberger. Endlich konnten sie ihre Schwimmhalle einweihen: rund 1000 Quadratmeter Hallenfläche mit einem 25 mal 12,5 Meter Schwimmbecken. Auf 850 Besucher pro Tag war die Kapazität berechnet. Der Eintritt kostete für Erwachsene pro Stunde eine Mark, Kinder 50 Pfennig.

Die Feier wurde auf den 23. Geburtstag der DDR gelegt, dem 7. Oktober 1972. Der damalige Bürgermeister Gerhard Stier erinnerte in seiner Eröffnungsrede daran, dass die Stadt Sonneberg bereits in den 1920er Jahren ein Hallenschwimmbad bauen wollte. 1920 war schon eine Projektierung ausgearbeitet, ein Bauplatz festgelegt. Doch das kapitalistische System sei nicht in der Lage gewesen, ein solides Projekt durchzuführen, denn die Städte und Gemeinden seien überschuldet gewesen.

Baustopp

Was Stier geflissentlich in seiner Rede verschwieg (er wollte ja noch länger Bürgermeister bleiben), war die Tatsache, dass auch im Sozialismus das Projekt auf der Kippe gestanden hatte.

Der Bürgermeister, der viel Herzblut in seine Heimatstadt investierte, war mit seinem Hallenbad-Plan 1969 nämlich jäh gestoppt worden: weil er seiner Zeit voraus gewesen war. Er wähnte damals Walter Ulbrichts Sportfaible für ein solches Vorhaben förderlich und hatte schon die Sonneberger Betriebe für kostenlose Leistungen für den Bau ins Boot geholt. Im Januar 1969 machte Stier via Tageszeitung die Sonneberger mit den Plänen bekannt. Dann wurde es still. Die Baugrube war bereits ausgehoben, just an dem Platz, den die Vorgänger im Rathaus schon in den 1920er Jahren vorgesehen hatten. Doch die Lage von Sonneberg im Grenzsperrgebiet der DDR, die Fokussierung auf die Bezirksstadt Suhl und wirtschaftliche Gegebenheiten im Staat waren Sand im Getriebe. Die SED Oberen des Bezirkes Suhl stoppten das Projekt 1969 und drohten Stier samt seiner Mannschaft drakonische Strafen an. Der fügte sich, arbeitete aber im Untergrund weiter.

Politikwechsel

Als mit dem Machtwechsel von Ulbricht zu Honecker an der Spitze der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und der propagierten Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik ein neuer Wind wehte, da kamen die Sonneberger endlich zum Zug. 2,2 Millionen Mark der DDR konnten investiert werden und zahlreiche freiwillige, ehrenamtliche Leistungen. In der Presseberichterstattung des Jahres 1972 fällt aber auf, dass um den Bau nicht viel Aufhebens gemacht wurde. Lediglich ein kleines Bild mit 15 Zeilen Text kündete im Februar vom Beginn der Innenausbauarbeiten unter Leitung des Architekten Marsiske. Auch der Bericht über die Einweihung mit anschließendem Schwimmwettkampf fällt eher kurz und kompakt aus, fast so, als wolle man anderswo keinen Neid erwecken. Man kann ihn im Stadtarchiv Sonneberg nachlesen. Knapp 30 Jahre war die Halle in Betrieb, als Bürgermeisterin Sibylle Abel um 2000 eine grundlegende Sanierung, eigentliche einen Neubau, in Angriff nahm.

Neues Bad mit Eishalle

Wie ihr Amtsvorgänger im Rathaus Gerhard Stier zog sie alle Register, um das zu ermöglichen, schöpfte Förderprogramme in jeglicher Form aus, holte Partner ins Boot und zerstritt sich über den Bau sogar mit der Partnerstadt Neustadt. Die alte Halle wurde ab 2001 fast vollständig abgerissen. Das neue Bad orientierte sich an den stark veränderten Freizeitbedürfnissen der Besucher, ermöglichte aber mit der Beckengröße nach wie vor sportliches Schwimmen. Zusätzlich wurde eine Eishalle angebaut, die auch für Veranstaltungen nutzbar ist. Ein größerer Saunabereich und ein Fitnessstudio ergänzen das Angebot. 2003 wurde das neue Sonnebad eingeweiht.

Daten und Fakten: Sonneberg in den 1970er Jahren

Einwohner
 Sonneberg hatte am 1.1.1971 29.741 Einwohner. Unterlind gehörte damals noch nicht zur Stadt (ebenso wenig wie die Orte der ehemaligen Oberlandgemeinde). Hönbach war eingemeindet, wurde aber 1984 wieder ausgemeindet. 1980 hatte Sonneberg 28.750 Einwohner. Im Landkreis Sonneberg (ohne die Gebiete aus dem Landkreis Neuhaus, die erst 1994 eingegliedert wurden) lebten im Jahr 1970 65.205 Einwohner

Sperrgebiet
 Bis 1972 gehörte Sonneberg zum Sperrgebiet an der DDR-Staatsgrenze, in das man nur mit Passierschein aus besonderem Grund oder mit Verwandten ersten Grades einreisen konnte.

Bürgermeister
 von 1961 bis 1974 war Gerhard Stier (SED) Bürgermeister. Ihm folgte 1974 Armin Brand (SED), der das Amt 1984 an Klaus Oberender (SED) abgab.

Lebensstandard
 Im Kreis Sonneberg hatten 1970 von 100 Haushalten 42 einen Kühlschrank, 48 eine Waschmaschine, 71 einen Fernseher. Der Durchschnittslohn brutto in der DDR lag 1970 bei 755, 1975 bei 889 und 1980 bei 1021 Mark der DDR. Die Miete betrug je nach Ausstattung der Wohnung 40 Pfennig bis 1,20 Mark je Quadratmeter.

Wohnen
 Sonneberg zählte 1971 10.799 Wohnungen. Bis 1974 wurden fertig gestellt: 60 Wohneinheiten im sozialen Wohnungsbau, 60 im genossenschaftlichen, 14 Wohneinheiten durch den Betrieb Elektrokeramische Werke, sechs durch das Landbaukombinat sowie von Bürgern 32 Eigenheime auf der Wehd, in Oberlind, Mürschnitz und Steinbach.

Wirtschaft
1970 entstand Großbäckerei. 1972 wurden in der letzten Verstaatlichungswelle in Sonneberg 23 Privatbetriebe und elf Produktionsgenossenschaften des Handwerks verstaatlicht bzw. enteignet.  

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