Georgien Gewalt-Exzesse in Tiflis

Michael Maier

In Georgien sind bei der Niederschlagung nächtlicher pro-europäischer Proteste mindestens 43 Menschen festgenommen worden. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein – Oppositionspolitikerinnen schwer verletzt.

 
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Polizei gegen Opposition in Georgien. Foto: dpa/Zurab Tsertsvadze

In Georgien sind bei der Niederschlagung pro-europäischer Proteste nach Regierungsangaben 43 Menschen festgenommen worden. Die Polizei ging bei den Demonstrationen am Donnerstagabend und Freitagmorgen in Tiflis mit Gummigeschossen, Wasserwerfern und Tränengas gegen friedliche Demonstranten vor, wie ein AFP-Reporter berichtete.

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Die Demonstranten errichteten ihrerseits Barrikaden und setzten diese in Brand. Nach Angaben des Innenministeriums wurden 32 Sicherheitskräfte verletzt und 43 Personen „wegen Missachtung polizeilicher Anordnungen“ und Vandalismus festgenommen.


Georgien spricht bis 2028 nicht mit EU

Tausende Menschen gingen am Donnerstagabend in Tiflis und anderen Städten des Landes auf die Straße, nachdem Regierungschef Irakli Kobachidse eine Verschiebung des geplanten EU-Beitritts des Landes angekündigt hatte. „Wir haben beschlossen, die Frage der Mitgliedschaft in der Europäischen Union nicht vor Ende 2028 auf die Tagesordnung zu setzen“, sagte Kobachidse am Donnerstag.

Er versprach jedoch, die Umsetzung der notwendigen Reformen fortzusetzen und sicherzustellen, dass „Georgien bis 2028 besser als jedes andere Kandidatenland darauf vorbereitet sein wird, Beitrittsverhandlungen mit Brüssel aufzunehmen und 2030 Mitglied der EU zu werden“. Kobachidze wurde am Donnerstag vom Parlament in seinem Amt bestätigt. Die Opposition wirft der Regierung vor, Georgien von der EU entfernen und die ehemalige Sowjetrepublik wieder an Russland annähern zu wollen.

Politiker in Georgien verletzt

Bei den Unruhen wurden zwei Oppositionspolitikerinnen der Allianz für den Wandel, Elene Choschtaria und Nana Malaschia, verletzt. Choschtaria erlitt einen Armbruch, Malaschchia wurde nach Angaben des Oppositionsbündnisses die Nase gebrochen. Nach Angaben des georgischen PEN-Zentrums befand sich unter den Festgenommenen auch der bekannte georgische Dichter Swiad Ratiani.

In Georgien hat es seit den Parlamentswahlen vom 26. Oktober zahlreiche Proteste von Gegnerinnen und Gegnern der Regierungspartei Georgischer Traum gegeben. Die Partei hatte laut offiziellem Wahlergebnis eine deutliche Mehrheit errungen. Die Opposition wirft ihr jedoch Wahlbetrug vor und boykottiert das neue Parlament. Trotzdem bestätigten die Abgeordneten der Regierungspartei am Donnerstag Kobachidse im Amt. Dieser kündigte daraufhin an, den angestrebten EU-Beitritt Georgiens auf 2028 zu verschieben.

Liste von „Farbrevolutionen“

  • 2003: Rosenrevolution in Georgien
  • 2004: Orange Revolution in der Ukraine
  • 2005: Zedernrevolution im Libanon
  • 2005: Tulpenrevolution in Kirgisien
  • 2014: Euro-Maidan in der Ukraine

Neue Farbrevolution in Georgien?

Weitere Proteste in Georgien sind für Freitagabend angekündigt. Im Land herrscht Angst vor einer Farbrevolution, wie sie 2014 die Ukraine ins Chaos gestürzt hatte. Damals war ein Freihandelsabkommen mit der EU Anlass für die Proteste auf dem „Euro-Maidan“. Seitdem ist das Land innerlich nicht mehr zur Ruhe gekommen, wurde dazu noch von Russland angegriffen und ist nach fast drei Jahren Krieg existenziell bedroht. Viele Georgier wollen sich im Gegensatz dazu nicht zwischen Russland und dem Westen entscheiden müssen, sondern suchen eine eigene Linie zwischen den Machtblöcken.

Mit Agenturmaterial